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Sein Gesicht hatte tiefe Zornesfalten. Die Augen des Monsters fixierten mich. Eigentlich konnte man nicht mehr von Augen reden.
Es waren Schlitze. Schlitze aus denen so viel Hass schoss, dass ich mich für einen Augenblick wie erschlagen fühlte.

Vielleicht lag dieses Gefühl aber auch an den Büchern, die mir bei dem Zusammenknall mit dem Schrank auf den Kopf gefallen waren.

„Au", es war kaum mehr eine Mundbewegung, dennoch war furchtbar viel Schmerz damit verbunden.

Ich wollte an meinem Kopf fassen, schauen, ob ich blutete oder ich mir sonst etwas getan hatte.

Doch der Mann, der sich vor mir aufgebaut hatte, griff nach meiner Hand und versuchte mich hochzuziehen.
Leider wollte mein Körper nicht so wie er, weshalb er so stark an meinen Gelenken zerrte, bis ich das Gefühl hatte, dass sämtliche Adern und Fasern meiner Arme auseinandergezogen wurden.

„Steh' auf!", fuhr er mich an. Ich war nicht in der Lage zu antworten.

Er trat auf mich ein. Immer und immer wieder.
Er traf meine Hüfte, meinen Bauch und meine Taille.
Ich schrie nicht, ich weinte nicht. Das einzige, was ich tat, war bei jedem Tritt zusammenzuzucken und manchmal zu wimmern.

Vielleicht würde er aufhören, wenn ich nur still genug wäre. Ich weiß, dass diese Annahme lächerlich war, doch sie war das Einzige, was mir blieb.

Er trat mir wieder in den Magen. Diesmal war es besonders schlimm. Es fühlte sich an, als würde mir jemand die Lunge abschnüren und dann mit aller Kraft sämtliche Luft aus meinem Körper pressen wollen.

„Ich werde dir noch zeigen, was falsch ist.", zischte er.

„Rose? Ist alles ok?", ich hörte die Stimme meiner Mutter.
Jedenfalls glaubte ich, dass es meine Mutter war. Meine Ohren nahmen, genau wie meine Augen so gut wie nichts mehr wahr.
Es war, als würden sämtliche meiner Körperfunktionen nur noch darauf aus sein, mein Gehirn und mein Herz am Laufen zu lassen.

Wie ich meinen Körper hasste, dass er nicht einfach aufgab und ich ohnmächtig werden konnte.

„Antworte!"

„Alles gut", flüsterte ich.

„Lauter, verdammt!"

„Alles gut", schrie ich hysterisch.

„Ist ja gut", hörte ich meine Mutter auf dem Flur murmeln. Sie war ganz in meiner Nähe, „ich habe doch nur gefragt, meine Güte."

Wenn sie jetzt meine Tür öffnen würde...
Sofort würde sie die Situation richtig deuten.

Doch ich hörte sie die Treppe runtergehen und somit war meine Chance vertan.

Im Nachhinein fragte ich mich, weshalb ich nicht geschrien hatte. Warum habe ich nicht um Hilfe gerufen?

Ich lag in Embryo-Stellung auf dem Boden und umklammerte meine Beine.
Mein Magen schmerzte und mein Kopf tat so weh.

„Na komm schon, Rose.", ich spürte seine Hand auf meinem Rücken.
Er fuhr mit ihr über meinen Oberkörper und erreichte meine Hand.

Er zog mich nach oben und diesmal gelang es ihm. Ich leistete keinen Widerstand, doch stehen konnte ich nicht von alleine. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding und mir blieb nichts anderes übrig, als mich an ihn zu lehnen.

„Das wird schon.", sagte er.

So fühlte ich mich gerade aber nicht.

„Entschuldigung. Ich habe die Fassung verloren."

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt