Ich wollte Herrn Harly nicht unnötig reizen, weshalb ich den Blick senkte und wieder auf mein Heft starrte.
Die rote Farbe des Umschlags brannte sich in meine Augen und es war so, als würde sie mir zu verstehen geben wollen, dass ich ein kompletter Versager war.
Danke Heft! Das weiß ich auch so!Ich lehnte mich etwas zurück, in der Angst mein Heft könnte sich vielleicht selbstständig machen und mich, wegen meiner Unfähigkeit angreifen.
Ich blätterte mich durch einige Dreien, Vieren und Fünfen durch und gelang endlich an unseren letzten Test. Das erste, was mir auffiel, war die Punktzahl einer Aufgabe. Zwei von zwei Punkten. Hmm, vielleicht doch nicht so schlecht wie erwartet.
Mit neuer Hoffnung schlug ich die Seite um und eine riesige Fünf starrte mich an. Kurze Zeit war ich wie erstarrt. Dann atmete ich rasselnd aus.
Julian hatte wohl an meiner Körpersprache bemerkt, dass mein Ergebnis ziemlich schlecht war, denn er stupste mich nicht, wie üblich an, um meine Note zu erfahren. Mit einem Stechen im Brustkorb schlug ich das Heft, ohne einen weiteren Blick auf die Arbeit zu, lehnte mich zurück und atmete noch einmal ganz tief ein und ganz tief aus. Mir war ein wenig schwindlig, wahrscheinlich habe ich wegen des Schocks vergessen zu atmen.
Mein Kopf fing an zu stechen und aus dem tiefen Ein-und Ausatmen wurde nun ein regelrechtes Keuchen. Plötzlich fühlte ich mich eingeengt und die Luft war irgendwie auch so stickig. Können die anderen nicht bitte mal das Fenster öffnen?
Meine Banknachbarin Lizzy sah mich schon besorgt an. Sie wusste, was ich mir für einen Stress mit Noten machte, aber diese Reaktion war viel extremer, als sonst. Ich grub meine Finger in den hölzernen Tisch, so dass meine Fingerspitzen weiß wurden, doch ich fühlte keinen Schmerz. Ich war zu sehr damit beschäftigt nach Luft zu schnappen.
Aus dem Augenwinkel sah ich eine ruckartige Bewegung. Es dauerte einige Sekunden, bis mein Gehirn verstand, dass Julian sich meldete.
„Ja?" forderte Herr Harly ihn auf.
„Herr Harly, ich glaube, dass es Rose nicht gut geht. Kann ich sie bitte nach draußen in die frische Luft bringen?" Keine Antwort.
„Herr Harly."
...
„Rose hat Schwierigkeiten mit dem Atmen." Durch das leicht benebelte Bild nahm ich wahr, dass Herr Harly erst Julian, dann mich und dann wieder Julian betrachtete. Schließlich entschied er sich doch seine volle Aufmerksamkeit auf mich zu fokussieren.„Herr Harly." Julians Ton hatte sich verändert. Er war nun steinern und kühl. Es klang weniger nach einer Bitte als vielmehr nach einer Aufforderung endlich grünes Licht zu geben.
Ich versuchte mich zu beruhigen, aber die 25 Augenpaare, die auf mich gerichtet waren und verwirrt, genervt oder besorgt blickten, machten es mir nicht leichter. Zu allem Überfluss verschluckte ich mich auch noch und begann furchtbar zu Husten.
Das weckte Herrn Harly aus seiner Starre auf und mit einer Handbewegung gab er Julian die Bestätigung mich raus zu begleiten.
Julian wollte mir beim Aufstehen helfen, doch das war für mich ein wenig zu dramatisch und ich winkte ab.
DU LIEST GERADE
The Guy who was my Teacher
Novela Juvenil„Seine Hände waren rau. Der typische Vanille-Zitronen-Geruch verfolgte ihn wie ein Schatten. Und wieder fragte ich mich: Was tat ich hier?" Rose ist eine durchschnittliche Schülerin, verliebt und überhaupt nicht an Mathe interessiert. Kein Wunder...