Kapitel 19

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Am nächsten Abend war ich dann endlich Zuhause. Die Heimreise war anstrengend gewesen und meine Gedanken hatten mir keine Ruhe gelassen. Immer und immer wieder zwangen sie mich, meine Erlebnisse mit Bernd zu erörtern. Zu einem Ergebnis war ich bis jetzt noch nicht gekommen und inzwischen saß ich zuhause in Barcelona auf dem Sofa. Einem Impuls folgend griff ich nach meinem Handy und wählte eine Nummer.
"Na Keeper, wieder im Lande?", meldete sich Ivan Rakitic, mein engster Vertrauter hier in Spanien.
"Ja", murmelte ich wenig begeistert.
"Oh lala, das klingt aber nicht sehr glücklich. Was ist los?", hackte er sofort nach.
"Zu viel. Ivan ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich brauche deine Hilfe", gab ich zu.
"Alles klar. Ich bin in fünf Minuten bei dir", reagierte Ivan sofort, legte auf und ich wusste mal wieder, warum ich diesen Mann so mochte. Warum hatte ich mich nicht einfach in ihn verlieben können? Aber das wäre ja zu einfach gewesen. Fünf Minuten später stand Ivan dann wirklich schon vor meiner Haustür. Ich ließ ihn rein und sofort klebte sein Blick auf meinem Hals. Mist, ich hatte vergessen, dass ich den Schal nicht mehr trug und Ivan somit uneingeschränkten Blick auf die Knutschflecken an meinem Hals hatte.
"Du bist mir mehr als nur eine Erklärung schuldig", sagte er und ließ sich dann auf mein Sofa fallen. Ich setzte mich dazu. "Wer ist's, der dir so den Kopf verdreht hat?" Ja, Ivan wusste, dass ich schwul war und er hatte zum Glück auch nichts dagegen.
"Bernd...", murmelte ich und senkte beschämt den Blick.
"Der Bernd?", hackte er nach und ich nickte bestätigend.
"Na da hast du dir ja wen feines rausgesucht." Seine Stimme triefte vor Sarkasmus und ich konnte ihn verstehen. Er kannte Bernd's und meine Vorgeschichte und ehe ich mich versah, hatte ich ihm auch von den neuesten Ereignissen erzählt. "Wow. Na du machst Sachen. Da lässt man dich ein paar Tage mal aus den Augen und du machst so einen Mist", meinte er kopfschüttelnd.
"Ich hab es ja nicht mit Absicht getan", versuchte ich mich schwach zu verteidigen.
"Mhm", brummte er, "bist du eigentlich auf die Idee gekommen, dass Bernd das alles nur getan hat, um naja, um dich als Gegner aus dem Weg zu räumen?"
"Was?! Nein. Auf keinen Fall. Am Anfang vielleicht schon, aber dann, dann hat er sich ja um mich gekümmert, hat mich vor dem Trainer verteidigt und war letzte Nacht so liebevoll. Warum hätte er mich vorbereiten sollen und mir ein Zeichen von sich aufdrücken sollen, wenn er nicht auch etwas empfindet?!", fragte ich empört und Ivan seufzte.
"Um dich noch mehr zu verletzen. Mensch Marc. Sei doch nicht so naiv. Der Typ kann doch nur was im Schilde führen", redete Ivan auf mich ein, doch ich schaltete auf stur.
"Du hast doch keine Ahnung", warf ich ihm vor und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich wollte nicht, dass er recht hatte. Wollte mich nicht in ein Arschloch verliebt haben. Wollte an das Gute in Bernd glauben.
"Ich wünschte es wäre so Marc. Ich wünschte es wäre so", meinte er traurig und legte mir beschwichtigend eine Hand auf den Arm, "aber für das Training morgen solltest du dir etwas einfallen lassen. Wenn die anderen Jungs die Knutschflecken sehen, wird die Hölle los sein. Da wirst du einiges an dummen Sprüchen zu hören bekommen." Ich wusste, dass er recht hatte. Die Jungs würden sich über mich lustig machen und wissen wollen, von wem die Knutschflecken waren.
"Ich werde mir was einfallen lassen", murmelte ich und wechselte dann schnell das Thema: "Noch Bock auf ne Runde FIFA?"
"Jederzeit", grinste Ivan mich an und schon kurz darauf lieferten wir uns ein hitziges Duell.

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