Nachdem auch Bernd fertig war und seine neue Frisur begutachtete hatte, saßen wir alle recht planlos auf dem Sofa.
"Und was machen wir jetzt?", durchbrach ich irgendwann genervt die Stille.
"Keine Ahnung. FIFA?", antwortete Marco, aber ich verzog nur wenig begeistert das Gesicht. Um FIFA zu zocken brauchte ich nicht extra nach Thailand zu fliegen.
"Was hälst du von einem Tempelbesuch?", schlug da Mario vor und ich war sofort begeistert. Ich wollte schon immer mal in so einen traditionellen Tempel gehen.
"Au ja, das wäre fantastisch!", antwortete ich und war schon im Begriff aufzuspringen.
"Ach, ich weiß nicht", murrte in dem Moment Bernd und ich wandte mich ihm zu.
"Komm schon, wer weiß, wann wir nochmal herkommen und FIFA kannst du auch zuhause wieder genug zocken", versuchte ich es und setzte dazu meinen besten Hundeblick auf. Normalerweise konnte Bernd dem nicht widerstehen.
"Ich steh halt nicht so auf Tempel", redete er weiter und ich atmete tief durch.
"Na schön, dann bleib halt mit Marco hier. Kommst wenigstens du mit Mario?", fragte ich und versuchte mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
"Auf jeden Fall", bestätigte mir Mario und wir beide standen auf um uns für den Tempelbesuch fertig zu machen.
"Du Mario? Was zieh ich am besten an?", fragte ich unsicher, als wir vor dem Kleiderschrank mit meiner Kleidung standen.
"Also erst einmal solltest du was mit Ärmeln anziehen. Hast du ein T-Shirt mit längeren Ärmeln?", meinte Mario und ich nickte zustimmend.
Ich hatte tatsächlich eines dabei.
"Gut, ansonsten zieh eine lange Hose an. Damit bist du immer auf der sicheren Seite", riet mir Mario und ich kam dem nach.
"Okay, also los", meinte ich und Mario lachte.
"Darf ich mich auch noch umziehen?", fragte er mich schmunzelnd und ich errötete.
"Ups, daran hab ich nicht gedacht, sorry", stammelte ich.
"Kein Thema. Bin gleich wieder da", meinte er nur.
"Klar, ich warte bei Marco und Bernd", entgegnete ich und war froh dieser etwas eigenartigen Situation zu entkommen.
Während Mario also in sein und Marcos Zimmer ging um sich umzuziehen, ging ich ins Wohnzimmer. Dort blieb ich jedoch schon im Türrahmen stehen und lehnte mich gegen diesen. Von hier aus hatte ich einen perfekten Blick auf Bernd, der bereits mit Marco FIFA zockte. Ich liebte diesen verbissenen und hoch konzentrierten Blick von ihm und diese unglaubliche Freude, wenn er ein Tor schoss, beziehungsweise gegen Marco gewann. Ich liebte einfach jede dieser emotionalen Äußerungen. Ich liebte einfach diesen Mann. Irgendwann in meinen träumerischen Beobachtungen von Bernd war Mario neben mich getreten.
"Bereit?", fragte er leise und ich erwiderte ein "Ja", da ich bezweifelte, dass er ein Nicken von mir sehen würde, denn auch Marios Blick war zu unseren Freunden geglitten.
"Wir sind dann mal weg", sprach er laut und eigentlich hatte ich eine Verabschiedung von den beiden, ja von Bernd vielleicht sogar einen Kuss erwartet aber die beiden blickten nicht mal von ihrem Spiel auf und außer einem "Jaja" kam keine Antwort von ihrer Seite.
"Toller Freund", brummte ich etwas beleidigt und drehte mich um, um das Ferienhaus zu verlassen.
Mario folgte mir etwas zögerlich aber darauf nahm ich keine Rücksicht. Ich stapfte einfach davon.
"Hey, jetzt warte doch mal", beschwerte sich Mario irgendwann, der bei zwei von meinen Schritten drei von seinen nehmen musste.
"Sorry, wollte einfach nur schnell weg", seufzte ich.
"Ich weiß. Aber mach dir deswegen keinen Kopf. Wir wissen, wie die beiden sind und gerade auch deswegen lieben wir sie doch, oder?", meinte Mario.
Er hatte ja recht. Ich liebt Bernd für seine Art, auch wenn es mich jetzt gerade etwas ankotzte. Bevor ich Mario allerdings antworten konnte, wurde nach uns gerufen:
"Marc, Mario, wartet!"
Ich drehte mich in die Richtung, aus der die Stimme kam und erblickte Bernd, der schnell auf uns zukam.
"Wartet. Ich... Ich komm doch mit", erklärte er bei uns angekommen.
"Aber was ist mit Marco?", fragte ich nach.
"Der kann auch allein zocken. Außerdem hab ich dafür zuhause auch noch genug Zeit. Ich will lieber mit dir einen Tempel anschauen. Das kann ich nicht jeden Tag und dich hab ich leider auch nicht jeden Tag. Also muss ich das ja ausnutzen, oder?", erklärte mir Bernd und ich nickte.
"Dann lass ich euch zwei mal den Tempel in Ruhe anschauen und bleibe bei Marco. Der schmollt bestimmt schon", lächelte Mario.
"Aber du wolltest doch auch-", setzte ich an, aber Mario winkte ab:
"Ich hab Marco hier schon so oft in einen Tempel geschliffen und werde es bestimmt auch noch tun. Da kommt es auf dieses eine Mal auch nicht an. Genießt ihr lieber die Zeit zu zweit, denn wir werden es tun."
Bei seinen letzten Worten grinste er und ich musste lachen. Ich konnte mir schon gut vorstellen, was die beiden in unserer Abwesenheit machen würden.
"Okay, dann los?", fragte Bernd in die Runde.
"Dann los", bestätigte ich und griff nach seiner Hand, um ihn mitzuziehen.
"Meinst du das war für Mario wirklich okay?", fragte Bernd nach einer Weile des Schweigens.
"Ich denke schon. Sonst hätte er es uns nicht angeboten. Außerdem ist er uns glaube auch nicht böse seinen Marco mal ganz alleine für sich zu haben", nahm ich Bernd die Zweifel.
"Stimmt und wir beide machen uns einen schönen Tag", meinte mein Freund und drückte meine Hand einmal feste.
Glücklich stimmte ich dem zu und wir setzten unseren Weg in den Tempel fort. Ich war so unglaublich stolz auf Bernd, dass er sich doch für einen Tag mit mir entschieden hatte und ich liebte ihn einfach noch mehr dafür.
Der Tempelbesuch an sich war einfach faszinierend gewesen. So tief in eine andere Religion eintauchen zu können. So einfach ein Teil der Gemeinschaft zu sein war einfach unglaublich gewesen. Unglaublich und wunderschön.
Es war allerdings auch eigenartig gewesen barfuß durch die Gebäude zu gehen. Eigenartig und doch gleich wieder unglaublich schön den Boden, auf dem wir gelaufen waren wirklich so zu spüren und nicht nur durch Schuhe hindurch.
In der großen Parkanlage vor dem Tempel hatten Bernd und ich es uns noch auf einer Bank bequem gemacht und ließen das im Tempel erlebte auf uns wirken.
"Ich bin so froh", meinte Bernd in die Stille hinein.
"Worüber?", fragte ich ihn und wandte mich ihm ganz zu.
"Darüber mitgegangen zu sein. Darüber mit dir den Tempel besucht und den Tag verbracht zu haben. Darüber dich zu haben", antwortete er und blickte mir in die Augen.
Dieser Moment gehörte ganz allein uns und keiner ließ die Augen des anderen gehen bis-
Bis Bernd einen Ball an den Kopf bekam und ich einfach loslachen musste, weil er so eine süße Schmollmiene aufgesetzt hatte während er sich den Kopf rieb und "Aua" grummelte.
Suchend blickten wir uns nach dem Übeltäter um und sahen einen Jungen mit Ball bei einer Frau stehen, die augenscheinlich gerade mit ihm schimpfte.
"Da", sagte ich und machte Bernd auf die beiden aufmerksam.
"Ich glaube ich klär da mal was", meinte Bernd als wir beobachtet hatte, wie die Frau den Ball an sich genommen hatte und der Junge am Weinen war.
Stolz beobachtete ich wie Bernd auf die beiden zuging und etwas mit der Frau besprach. Dann kniete er sich zu dem Jungen hinunter und redete auch etwas mit ihm. Dabei fiel mir auf wie unglaublich sanft Bernds Züge waren und wie gut er doch mit einem Kind aussah. Er war der perfekte Familienvater. Gleichzeitig wurde mir damit aber eines auch bewusst. Mit mir konnte er keine Kinder haben. Ich nahm ihm die Chance auf eine Familie. Als ich sah wie Bernd zu mir zurück kam, verdrängte ich diese Gedanken jedoch schnell wieder. Er liebte mich und ich ihn und nur das zählte im Augenblick.
"So, alles geklärt", erklärte mir Bernd, als er vor mir stehen blieb und hielt mir auffordernd die Hand hin, "lass uns zurück gehen."
Lächelnd ergriff ich die Hand und ließ mich von ihm hochziehen.
"Und wenn ich nicht nach Hause möchte?", fragte ich herausfordernd.
"Dann muss ich dich wohl leider tragen", erwiderte Bernd ebenso leise wie ich zuvor gesprochen hatte und ehe ich recht wusste, was geschah, hatte er mich über die Schulter geworfen.
"Bernd, lass mich runter. Die ganzen Menschen", zischte ich.
"Sollen sie doch schauen. Ich liebe dich und wenn du nicht mitkommst, tja, dann muss ich dich halt tragen", meinte Bernd locker und ich spürte und hörte sein Lachen.
"Sehr lustig. Ich komm ja schon mit aber lass mich runter", brummte ich und Bernd setzte mich tatsächlich wieder ab. Bockig verschränkte ich die Arme vor der Brust und schob die Unterlippe vor.
"Du bist so süß wenn du schmollst mein Engel", hauchte er, "und jetzt komm."
Dann löste Bernd meine Hände aus der Verschränkung und zog mich mit sich. Nur einmal blieb er noch kurz stehen, wandte sich zu mir und sagte:
"Ich liebe dich Marc."
Jetzt konnte ich einfach nicht mehr schmollen und so lächelte ich ihn sanft an und erwiderte:
"Ich liebe dich auch Bernd."
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Collide
Fiksi PenggemarWenn zwei verschiedene Meteoriten aufeinander treffen, kommt es zu einer Explosion. Doch was ist wenn zwei verschiedene Menschen aufeinander treffen? Marc-André Ter Stegen und Bernd Leno könnten verschiedener nicht sein. Das Einzige was die beiden v...