Am nächsten Morgen war die Bettseite neben mir leer. Einzig und alleine lautes Gelächter drang durch die Zimmertür in den Raum. Bernd und die anderen mussten also schon auf sein.
Noch immer müde und ein wenig verschlafen schlurfte ich in das angrenzende Bad und sprang zunächst unter die Dusche. Das angenehm kühle Wasser weckte meine müden Glieder und langsam fühlte ich mich etwas wacher. Vorsichtig stieg ich aus der Dusche und betrachtete mein Ebenbild im Spiegel. Meine Haare hingen mir nass ins Gesicht und ich musste feststellen, dass sie inzwischen wirklich sehr lang geworden waren. Wenn ich wieder in Barcelona war, musste ich meinem Friseur mal wieder einen Besuch abstatten.
Schnell trocknete ich mich anschließend ab, warf mir Boxer, Shorts und T-Shirt über und verließ das Bad wieder. Erneut war von unten Gelächter zu hören und ich machte mich auf den Weg die Ursache zu erkunden.
"Und dann ist er einfach mit dem Rasierer abgerutscht! Ich hatte also gar keine andere Wahl als mir die Haare ganz abzurasieren", erzählte Mario gerade als ich das große, offene Esszimmer betrat.
Er stand hinter einem der vier Stühle. Marco saß auf dem vor ihm und hatte den Kopf nach vorne gebeugt. Das nächste was ich bemerkte war das Handtuch um Marco's Schultern. Ich musste zweimal hinschauen ehe ich erkannte, was Mario und Marco da genau machten. Einzig und allein das Rauschen eines Rasierers klärte mich auf. Mario schnitt, beziehungsweise rasierte, Marco doch tatsächlich die Haare!
"Woah! Seit wann schneidet ihr den einander die Haare?", unterbrach ich Mario perplex in seiner Erzählung. Er stoppte was er tat und sowohl seiner als auch Marco's Blick lagen kurz darauf auf mir.
"Mario macht mir schon fast immer die Haare. Er hat sie mir damals immer wieder blondiert als ich sie noch getönt hab. Ich vertrau ihm einfach", erklärte Marco und zuckte beinahe gleichgültig mit den Schultern.
"Wow...", entfloh es mir nur geistreich, "ich könnte das nicht."
"Du vertraust mir also nicht?", brachte Bernd sich jetzt in das Gespräch ein.
"Natürlich vertrau ich dir!", entgegnete ich sofort, "ich weiß nur nicht ob ich die Haare so gut hinbekommen würde wie Mario."
"Ach, alles faule Ausreden!", entgegnete Bernd mir nur unüberzeugt, "du hast einfach Schiss, dass ich dir deine blonde Mähne ruiniere."
"Hab ich nicht!"
"Gut. Dann komm her", herausfordernd zog Bernd mir einen Stuhl zurück und forderte mich auf mich zu setzen, "ich bändige dir jetzt die Pracht auf deinem Kopf. Hier ist ein Kaffee und Frühstück für dich."
Einladend stellte Bernd eine Tasse mit duftenden Kaffee auf den Tisch vor den Stuhl, den er zurückgezogen hatte und platzierte daneben einen Teller mit zwei Nutella-Brötchen.
Mein Magen meldete sich nun zu Wort und so konnte ich schließlich nicht anders als mich zu setzen. Begeistert betrachtete ich das Mahl vor mir und nahm den ersten Bissen meines Brötchens. Jedoch blieb es nicht lange entspannt, da Bernd mich an den Schultern zurück gegen die Lehne drückte.
"Halt still sonst schneide ich dich noch", ertönte seine Stimme hinter mir und ich erstarrte beinahe in meiner Haltung.
Bernd legte mir genau wie Marco ein Handtuch um die Schultern und wenig später hörte ich eine Schere hinter mir zuschnappen.
"Bernd...", murmelte ich etwas unsicher, "weißt du überhaupt was du da tust? Hast du überhaupt eine Schere für die Haare? Bist du dir sicher, dass du dir das zutraust und es nicht damit endet, dass ich wieder im Urlaub in Ohnmacht falle?"
"Du hast ja echt kein Vertrauen in mich", entgegnete Bernd nur auf meine Fragen und klang dabei etwas enttäuscht.
"Marc, bleib ganz ruhig. Du kennst Bernd doch und weißt, dass er dir nie etwas antun würde, dass dich verletzen könnte", versuchte Marco mich zu beruhigen, der seelenruhig auf seinem Platz saß und sich ohne mit der Wimper zu zucken von Mario frisieren ließ.
"Ja, nicht mehr...", murmelte ich und hörte kurz darauf die Schere auf den Tisch klirren.
"Marc? Du vertraust mir nicht", versuchte Bernd mir mit enttäuschtem Blick klar zu machen und rutschte wieder in mein Sichtfeld.
"Das stimmt gar nicht! Ich vertrau dir!", beteuerte ich.
"Wenn du mir vertrauen würdest, hättest du mir all diese Fragen nicht gestellt und wärst auch nicht so angespannt gewesen", erläuterte Bernd weiter und ließ sich etwas niedergeschlagen auf den Stuhl neben mir fallen, "das verletzt mich echt etwas Marc. Eigentlich sollte ich derjenige sein, der dir nach der ganzen Sache mit Sergi nicht mehr vertraut aber ich würde sogar glauben, dass du mir nichts tun wirst wenn ich am Ende einer Klippe, die ins Nichts führt, stehen würde und du mir direkt gegenüber stehst."
"Bernd, ich...", begann ich und wurde an der Stelle schon von Mario unterbrochen:
"Vertrauen ist etwas, dass sich bei jedem Menschen anders entwickelt Bernd", versuchte er meinen Freund zu beruhigen, "manche Menschen schaffen es schnell Vertrauen in andere zu fassen, andere brauchen dafür länger, weil bei ihnen diese Unsicherheit einfach größer ist."
"Aber was für eine Unsicherheit denn?", wollte Bernd nun wissen und wandte sich nun fast verzweifelt an den Kleinsten aus der Runde.
"Naja, eure Beziehung hat nicht unter den optimalen Bedingungen begonnen Bernd. Das weißt selbst du. Ihr habt einige Phasen miteinander durchlebt in denen man durchaus skeptisch sein kann was das Vertrauen angeht", erklärte Marco.
Bernd schwieg daraufhin und sah nachdenklich und geknickt zu Boden. Ich wusste genau was jetzt in diesem Moment in seinem Kopf vorging.
"Es ist nicht deine Schuld Schatz", sprach ich mit ruhiger Stimme und legte eine Hand auf seine, "du wusstest nicht was du damit beeinflusst. Und um ehrlich zu sein wusste ich ja selbst nicht was es für Auswirkungen haben könnte. Außerdem vertraue ich dir. Wirklich. Also... kannst du mir jetzt endlich bitte diese doofen Haare schneiden? Die fallen mir schon ständig in die Augen!"
Zur Demonstration pustete ich die Haare, die über meiner Stirn hingen zurück, doch sie fielen erneut in meine Augen. Als ich darauf zu Bernd sah lächelte dieser leicht und griff wieder zur Schere.
"Okay, gut. Aber nur wenn du dir sicher bist", holte er sich noch einmal die Bestätigung bei mir ab, während ich erneut von meinem Nutella-Brötchen abbiss.
"Ganpf sicher", brummte ich mit vollem Mund und lehnte mich wieder zurück.
Ich versuchte mich zu entspannen und Bernd einfach zu vertrauen. Er hatte nie versucht mich absichtlich körperlich und ohne Hintergedanken zu verletzen. Seit wir wieder zusammen waren hatte er nur das Beste für mich gewollt, hatte mich behandelt wie Gold. Er war immer gut zu mir und vertraute mir nach der Sache mit Sergi wieder voll und ganz. Das Mindeste, was ich also jetzt tun konnte, war ihm ebenfalls zu vertrauen.
Nach einer guten Viertelstunde, aufgegessenen Brötchen und einer leeren Kaffeetasse schaltete Bernd schließlich den Rasierer aus, den er bis eben benutzt hatte.
"So. Ich bin fertig", sagte er zufrieden und nahm mir das Handtuch von den Schultern.
"Danke", sagte ich mit einem liebevollen Lächeln, stand auf und küsste Bernd kurz.
Gespannt lief ich daraufhin zum nächsten Spiegel und betrachtete meine neue Frisur. Die Haare hatten die perfekte Länge und lagen ganz locker und natürlich zur Seite. Die Seiten, die ich immer abrasiert hatte, sahen wieder ordentlich aus und waren nicht mehr von kleinen, langen Härchen übersät. Alles in einem sah ich einfach gut aus.
"Wow...", bekam ich somit nur heraus und konnte die Augen kaum von meinem Kopf abwenden, "die Frisur ist richtig gut geworden! Ich seh wieder viel frischer aus!"
Auf meine Worte folgten schließlich zwei Arme, die sich liebevoll um mich legten und mich an den Körper der Person hinter mir drückten. Bernd legte sein Kinn auf meine Schulter und lächelte mich glücklich an.
"Das freut mich. Ich hab dir ja gesagt du kannst mir vertrauen", sagte er und lächelte mich über den Spiegel an. Ich drehte mich in seinen Armen, sodass ich ihm gegenüber stand und lächelte ihn an ehe ich antwortete:
"Das kann ich wirklich. Blind sogar."
Das Lächeln in seinem Gesicht breitete sich in ein Grinsen aus und schon bald lagen seine Lippen wieder auf meinen. Ich erwiderte den Kuss und krallte meine Hand in seine Haare, die ebenfalls inzwischen sehr voll geworden waren. Wir lösten uns schließlich wieder voneinander als ich ihm am Haar wieder von meinen Lippen zog.
"Und jetzt bist du dran mein Lieber", sagte ich und kitzelte leicht Bernd's Seiten.
Dieser lachte kurz auf ehe er antwortete:
"Na, ob ich dir wirklich vertrauen kann?"
Ich kitzelte ihn erneut, dieses Mal allerdings heftiger und lachend stolperten wir wieder ins Esszimmer, ehe ich Bernd nun auf den Stuhl drückte und seine Haare nun ebenfalls wieder in Form brachte.
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Collide
FanfictionWenn zwei verschiedene Meteoriten aufeinander treffen, kommt es zu einer Explosion. Doch was ist wenn zwei verschiedene Menschen aufeinander treffen? Marc-André Ter Stegen und Bernd Leno könnten verschiedener nicht sein. Das Einzige was die beiden v...