Nach der Aussprache mit Ivan und dem Wissen, dass ich seine Rückendeckung hatte, verliefen auch die nächsten Tage wieder besser. Ich konnte mich wieder richtig ins Training einfinden und das ein oder andere Mal wieder lachen. Jedoch blieb es zwischen Sergi und mir noch weiter angespannt, was mich nach einigen Tagen doch sehr mitnahm, wie ich bemerkte. Sergi war schließlich einer der ersten Spieler gewesen, der damals, als ich nach Barcelona kam, auf mich zugekommen war und mir alles gezeigt hatte. Ich vermisste diese Stütze ein wenig an meiner Seite.
Die zweite Trainingseinheit des Tages war gerade zu Ende als ich die Umkleide nach dem Duschen wieder betrat. Sergi war gerade damit beschäftigt sich sein T-Shirt anzuziehen als ich ihn entdeckte. Ich atmete einmal tief durch und gab mir dann einen Ruck.
So konnte die ganze Sache einfach nicht weiter gehen. Wir mussten diese ganze Geschichte einfach ein für alle mal klären. Wir wussten doch schließlich beide, dass wir nichts füreinander empfanden was so tief ging, dass unsere Freundschaft darunter leiden musste. Wieso also sollte diese Sache noch weiter zwischen uns stehen?
"Sergi? Hey, hast du noch ne Minute Zeit zum quatschen?", fragte ich ihn also und legte das Handtuch mit dem ich gerade meine Haare getrocknet hatte zur Seite.
Etwas verwirrt und überfordert sah Sergi mich an ehe er antwortete:
"Ähm... Sí, Ich denke schon."
"Gut. Gib mir fünf Minuten und dann fahren wir zum Hafen was essen. Ich geb aus", antwortete ich und griff schnell nach meinen Klamotten.
Sergi nickte nur stumm und ich machte mich daran mich in Turbogeschwindigkeit anzuziehen.
Als ich schließlich fertig war und alle Sachen in meiner Tasche verstaut hatte, schulterte ich diese und ging wieder auf Sergi zu, der noch immer schön brav auf seinem Platz saß und in sein Handy vertieft war.
"Vamos", sagte ich ermutigend und lächelte ihn an, worauf er auf meine Worte zu mir aufsah.
Er erwiderte mein Lächeln und folgte mir schließlich ohne ein weiteres Wort aus der Kabine und zum Parkplatz.
"Fährst du mit mir? Ich fahr dich später zurück damit du deinen Wagen holen kannst", schlug ich vor und sah zu meinem spanischen Teamkollegen.
"Uhm... Sí", antwortete dieser etwas unentschlossen und folgte mir zu meinem Wagen.
Die Fahrt befand sich zunächst in einer unangenehmen Stille. Ich überlegte wie ich diese durchbrechen konnte.
"Wie war deine Sommerpause?", fragte ich schließlich um irgendwie ein Gespräch anzufangen.
"Oh, bien", antwortete Sergi als ich ihn mit meiner Frage wohl aus seinen Gedanken gerissen zu scheinen habe, "ich hab die Tage mit mí familia verbracht. Das Essen von abuela war muy rico!"
"Das freut mich. Ich wette deine Oma macht das beste Essen", ging ich weiter auf das Thema ein um das Gespräch am laufen zu halten.
"Oh sí sí! Und ihre Paella! Un sueño!"
"Und sonst? Du kannst mir nicht verklickert, dass du die ganzen Tage allein zuhause saßt", hackte ich mit einem wissenden Grinsen weiter nach.
"Sí...", antwortete Sergi nur schüchtern, "ich habe ein paar Tage mit einem Amigo verbracht."
"Na sag ich doch! Wem?", fragte ich weiter doch genau in diesem Moment klingelte die Freisprechanlage.
Mein Blick huschte kurz auf den Display auf dem ich Bernds Namen laß. Sofort stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht.
"Oh, ist es okay wenn ich den Anruf annehme? Ich fass mich auch kurz", fragte ich und sah zu Sergi.
"Oh sí sí", antwortete dieser und ich drücke schließlich den Annahmeknopf.
"Hey Teufelchen."
"Hallo mein Engel. Ich wollte fragen ob du schon zuhause bist?", tönte Bernds Stimme durch das Auto.
"Nein. Ich bin grade mit Sergi auf dem Weg zum Hafen, was essen", erklärte ich während ich mich weiter auf den Verkehr konzentrierte.
"Ah okay, dann lasst es euch schmecken. Sergi? Das Steak im El Mundo ist echt große Klasse! Das solltest du probieren!", sagte Bernd und ich musste grinsen.
Es freute mich, dass er seit dem Vorfall mit Sergi nicht mehr so sauer auf diesen war und ihn wieder beinahe wie einen Freund behandelte. Sergi hingegen wirkte etwas überfordert weswegen er antwortete:
"Oh sí, Gracias Bernd."
"Ruf mich an wenn du wieder zuhause bist Engel, ja? Ich wollte noch wegen Donnerstag mit dir reden und dein schönes Gesicht nochmal sehen", sprach Bernd darauf wieder mich an.
"Ja, werd ich machen, keine Sorge", antwortete ich noch immer mit einem unwillkürlichem Lächeln im Gesicht.
"Gut. Dann bis später. Ich liebe dich."
"Ich dich auch Teufelchen", antwortete ich ehe ich den Anruf schließlich wieder beendete, "tut mir Leid, wo waren wir?"
"Wir sollten vielleicht überlegen wo wir essen gehen wollen. Das El Mundo ist muy bien aber das Las Patas hat die beste Paella", äußerte Sergi.
"Hmm. Las Patas. Da war ich noch nie", antwortete ich während ich inzwischen nach einem Parkplatz Ausschau hielt.
"Oh, dann wird es höchste Zeit! Las Patas wir kommen!", sagte Sergi enthusiastisch woraufhin ich lachen musste.
Nach guten fünf Minuten kamen wir dann auch letztendlich an besagtem Restaurant an und ließen uns an einer abgelegeneren Ecke nieder.
"Ah! Jetzt weiß ich wo wir vorhin stehen geblieben sind!", fiel es mir auf einmal wieder wie Schuppen von den Haaren, "ich wollte wissen wer der glückliche Amigo war mit dem du den Sommer verbracht hast!"
"Uhm...", brachte Sergi nur nervös hervor.
Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her und sah zu Boden.
"Marc..."
"Was ist? Ich hör dir zu", antwortete ich sanft.
"No. Ich meine... Es war Marc. Marcito. Marc Bartra", erklärte Sergi und sah nun verlegen zu mir auf.
Erst jetzt bemerkte ich den leichten roten Schleier auf seinen Wangen.
"Oh ja, Marc! Das ist cool! Wie geht es ihm den?", versuchte ich Sergi das Unwohlsein zu nehmen.
"Bien. Er liebt Dortmund", antwortete Sergi nur knapp und sah wieder zu Boden.
"Dortmund ist gut, aber Gladbach ist besser", argumentierte ich darauf.
"Sí... Vielleicht...", murmelte Sergi nur und ich spürte, dass irgendwas nicht stimmte.
"Sergi? Was ist los? Du bist doch sonst nicht so still."
"Ich-", war jedoch alles was ich zur Antwort bekam.
"Ich dachte wir sind Freunde. Ich wollte das mit dir eigentlich wieder grade biegen, weil du mir fehlst aber das kann ich nicht wenn du mir nicht vertraust", kam ich ihm mit sanfter Stimme entgegen.
"Lo sé", antwortete er nur und sah zu mir auf, "lo siento. Ich wollte Bernd und dich damals nicht auseinander bringen."
"Hey, es war nicht deine Schuld. Schließlich hab ich dich geküsst", beruhigte ich ihn und legte meine Hand auf seine.
"Sí, aber ich hab es zugelassen. Hab es sogar noch genossen", antwortete Sergi nur, entzog sich meiner Hand und fuhr sich durch's Gesicht.
Einen Moment musterte ich ihn ehe mir der Groschen fiel.
"Da liegt das Problem, oder? Das du den Kuss genossen hast, stimmt's?", fragte ich vorsichtig.
Sergis Blick hob sich erstmals wieder und er sah mir fest in die Augen. Es dauerte einige Sekunden ehe er mir zögerlich zunickte.
"Pero es hat nichts mit dir zu tun. Ich mag dich wirklich Marc aber nicht so. Du bist mein Amigo und nicht mehr. Es hat mich verwirrt, dass ich das Ganze genossen habe", gestand er mir.
"Hmm...", überlegte ich nur, "kann es vielleicht sein, dass du dich zu Männern etwas mehr hingezogen fühlst?"
"Das hab ich auch überlegt...", brachte Sergi hervor doch an seinem Verhalten spürte ich, dass noch mehr dahinter steckte.
"Da ist doch noch mehr zu der Geschichte. Na los. Spuck's aus. Reden hilft", ermutigte ich ihn.
"Vale vale. Ich hab gemerkt, dass ich Männer wirklich anziehender finde als Frauen. Vor allem als ich mit Marc zusammen in Madrid war ist mir das klar geworden. Er ist jetzt schon so lange mein Amigo aber erst als er mich geküsst hat hab ich gemerkt wie tief meine Gefühle für ihn wirklich sind", erzählte Sergi und ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht.
"Wirklich? Das freut mich für dich Sergi. Schwul zu sein muss dir kein Stück peinlich sein. Vor allem nicht wenn du so einen guten Freund wie Marc an deiner Seite hast. Was ist dann passiert?", fragte ich neugierig weiter.
"Vale. Ich hab den Kuss erwidert und er hat mir darauf seine Amor gestanden."
"Und? Seid ihr jetzt zusammen?"
Sergi's Blick hob sich wieder und er hatte das breiteste Grinsen überhaupt im Gesicht.
"Sí. Un mes mañana", antwortete er.
"Sergi! Das freut mich unheimlich für dich!", entfuhr es mir und ich umarmte meinen Freund über den Tisch hinweg.
Sergi erwiderte diese stürmische Umarmung ebenfalls, ehe wir uns lösen mussten, da unsere Bestellungen da waren.
Wir aßen noch gemütlich zusammen und tauschten uns über unseren Sommer aus. Sergi erzählte mir viel von Marc und allein wie seine Augen dabei funkelten verdeutlichte mir wie sehr er diesen Mann wohl lieben musste.
Auch ich erzählte von Bernd, dem Turnier und wie wir wieder zusammengekommen waren. Ehe ich mich versah war es schon wieder dämmrich draußen und Sergi und ich beschlossen uns auf den Weg zu machen. Ich fuhr ihn wieder zum Trainingsgelände, verabschiedete mich dort mit einer langen Umarmung von ihm und fuhr anschließend wieder mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht nach hause.
Ich war froh, dass die Wogen zwischen uns nun geglättet waren und wir wieder wie Freunde miteinander umgehen konnten.
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Collide
FanficWenn zwei verschiedene Meteoriten aufeinander treffen, kommt es zu einer Explosion. Doch was ist wenn zwei verschiedene Menschen aufeinander treffen? Marc-André Ter Stegen und Bernd Leno könnten verschiedener nicht sein. Das Einzige was die beiden v...