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Mir schien es, je dichter wir der Pforte kamen, desto grauer und unheimlicher wurde die Umgebung.
Nebelschwaden untermalten das Ganze und ließen die Gegend noch viel unnahbarer wirken.
Von ganz alleine zog ich mir meinen Umhang dichter um den Körper, aber nicht, um mich zu wärmen, sondern, weil es mir ein Gefühl der Sicherheit gab.
Wie zuvor auf dem Berg war ich dicht bei Aragorn, der stets auf der Hut war.
Als der Weg wieder schmaler wurde und wir neben einem Gewässer entlang gingen, schickte Aragorn mich vor sich.
Des Öfteren rutschte ich mit einem meiner Füße in das dreckige, dunkle Wasser, nur um ihn hektisch wieder herauszuziehen.
Ich wollte gar nicht wissen, was darin lebte und wollte auf gar keinen Fall mit irgendeinem Wesen davon Bekanntschaft machen.

Als Gandalf dann stoppte und über eine Steinwand wischte, beobachtete ich ihn dabei aufmerksam.
Ich fragte mich, was er damit bezwecken wollte, als ich dann die kleinen Symbole sah.
Also zählte ich eins und eins zusammen und wusste, dass wir die Pforte erreicht hatten, die uns in die Mienen bringen würde.
Erschöpft ließ ich mich auf einen Stein fallen und sah hinaus auf das schwarze Wasser.
Plötzlich erleuchtete uns der Mond und die Pforte begann in einem schönen weiß zu strahlen.
Bei dem Anblick klappte mir ein wenig der Mund auf und ich konnte meine Augen nicht abwenden.
Es sah wunderschön aus.
Auch die anderen waren erstaunt, was ich an ihren Gesichtern erkennen konnte.
„Hier steht", begann Gandalf zu sagen und zeigte mit seinem Zauberstab auf die Schrift, die sich über der Tür befand: „Die Türen von Durin, des Herren von Moria. Sprich Freund und tritt ein."
„Und was soll das bitte bedeuten?" Fragte Merry plump.
„Ganz einfach", kam es sicher von Gandalf zurück: „Wenn du ein Freund bist, sage das Losungswort und die Tür wird sich öffnen."
Gespannt beobachtete ich Gandalf, wie er seinen Worten nachkam und die Tür öffnen wollte.
Doch blieb es nur bei wollte, denn es passierte nichts.
Verwirrt zogen sich meine Augenbrauen zusammen und auch Gandalf schien mit dem Ergebnis nicht zufrieden.
Er probierte es weiter und drückte und stemmte sich gegen das Stein, doch passierte wieder nichts.
Auch seine anderen Versuche schlugen alle fehl.

Wir mussten uns hier mittlerweile mehrere Stunden aufhalten.
Der Mond war gewandert und stand nicht mehr allzu hoch am Himmel, was mich vermuten ließ, dass die Sonne bald aufgehen würde.
Währenddessen hatte ich mich an die Steinwand gelehnt und mehr oder minder vor mich hingeträumt.
An diesem Ort zu schlafen traute ich mich gar nicht, weswegen ich einfach ein wenig wegtrat mit meinen Gedanken.

Auch die anderen saßen und warteten, dass sich etwas tun würde, doch passierte nichts.
Allein Legolas stand auf den Wurzeln eines Baumes und sah aufmerksam in die Umgebung.
Aragorn war gerade dabei zusammen mit Sam das Pferd von den Lasten zu befreien, bevor sie es laufen ließen.
Sie hatten recht, so war es besser, Mienen waren nichts für ein Pferd.
Merry und Pippin warfen Steine in den See, was mich aufmerksamer werden ließ.
„Nicht!" Sagte ich laut und sprang schnell auf.
Auch Aragorn hielt das Ganze für eine schlechte Idee, da er Pippin am Arm festhielt und diesen somit stoppte einen weiteren Stein hineinzuwerfen.
„Schrecke nicht das Wasser auf", hörte ich den Streicher sagen und war ihm sehr dankbar dafür.
Ich wollte nichts, was darin lebte auf uns aufmerksam machen.

Als ein dumpfer Ton ertönte, zuckte ich vor Schreck zusammen und drehte mich um.
Es war Gandalf, der seinen Stab fallen gelassen hatte und resigniert sagte: „Es ist sinnlos."
Er setzte sich neben Frodo und nahm seinen Hut von seinem Kopf.

Die plötzliche Spannung, die von Aragorn und Boromir ausging, ließ mich wieder aufmerksam werden.
Ich blickte ebenfalls auf das Wasser und sah die leichten Wellen.
Bei dem Anblick trat ich automatisch ein Stück nach hinten und redete mir ein, dass es nur der Wind war, auch wenn es windstill war.
Ich hörte Frodo etwas sagen, doch war ich komplett von dem Wasser abgelenkt.
Es sah aus, als würde etwas direkt auf uns zu schwimmen, was mich panisch werden ließ.
Auch die anderen schienen es zusehen, doch blieben sie einfach an Ort und Stelle stehen.
Als etwas knatschendes ertönte, zuckte ich zusammen und drehte mich ruckartig um.
Die Pforte war dabei sich zu öffnen, was mich wieder ein wenig Ruhig stimmte.
Nach einander traten wir durch die große Tür, hinein in die dunkle Höhle.
„Und nun Elbenherr werdet ihr die berühmte Gastfreundschaft der Zwerge kennenlernen", stichelte Gimli gegen Legolas: „Prasselnde Kaminfeuer, Malzbier, gutes Fleisch! Denn dies ist die Heimstätte meines Vetters Balin. Eine Miene!"
Bei dem Namen wurde ich hellhörig: „Balin?"
Verwirrt sah mich Gimli an: „Ja."
„Ich kenne ihn", erklärte ich dem Zwerg: „Er ist ein guter Freund von mir."
„Woher kennst du meinen Vetter?" Fragte Gimli überrascht.
„Wir haben zusammen den Erebor aus den Klauen Smaugs befreit", sagte ich lächelnd.
Nun sah er mich noch viel überraschter an als zuvor, doch beließen wir es beide dabei, besonders, als wir die Toten auf der Treppe entdeckte, waren unsere Gedanken mit einem Mal ganz woanders.
„Das ist keine Miene", ging Boromir auf die vorherigen Worte des Zwergen ein: „Das ist ein Grab."
Die Vorfreude, die ich eben noch verspürt hatte, einen alten Freund wiederzusehen, verließ abrupt meinen Körper und Trauer kam in mir auf.
Die ganzen Skelette, die auf dem Boden lagen schockierten mich und ließen mich automatisch zurückweichen.
Mit jedem Schritt kam ich der Pforte, die uns in den Berg gelassen hatte, näher.
Die schmerzerfüllten Rufe von Gimli durchzogen meinen Körper und hinterließen viele kleine Wunden.
Ich verstand seinen Schmerz, denn ich hatte sofort wieder die Bilder von Kili, Fili und Thorin vor meinem Auge und das zu ihnen jetzt auch noch Balin kommen sollte, sah ich einfach nicht ein.
Um diesen Gedanken loszuwerden, begann ich hektisch meinen Kopf zu schütteln.
Ich sah, wie die anderen ihre Waffen zogen und sie schützend vor sich hielten.
„Wir sollten zur Pforte von Rohan... wir hätten niemals herkommen dürfen", hörte ich Boromir sagen.
„Los verschwinden wir!" Befahl er.
Ich war bereits draußen, da ich diese Bilder nicht mehr ertrug.
Ich stand mit dem Rücken zum Ausgang und wollte mich gerade umdrehen, als sich etwas um meinen Fuß schlang und mich zu Boden zog.
Ein überraschter Laut entkam mir, was die Hobbits aufmerksam werden ließ.
„Freya", kam es geschockt von Frodo, der mich sofort an meinen Armen packte und somit verhinderte, dass ich weiter zum See gezogen wurde.
Panisch probierte ich mich gegen den eindeutigen Tentakel an meinem Fuß zu wehren, doch es klappte nicht.
„Streicher!" Schrie Sam und brachte nun auch die anderen dazu uns ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
Viele Arme hatten mich gepackt und Sam war dabei auf die lebendige Fessel an meinem Fuß mit seinem Schwert einzuschlagen.
Genau das schien zu helfen, denn der Druck löste sich an meinem Fuß und der Tentakel verschwand zurück im Wasser.
Trotzdem stemmte ich weiterhin meine Füße in den Kies und probierte mehr Abstand zwischen mir und den See zu bringen.
Gerade wollte ich mich erheben, als ruckartig weitere dieser Tentakeln aus dem Wasser kamen.
Das alles ging so schnell, sodass ich gar keine Chance hatte zu reagieren und auch die anderen schienen sehr überrascht.
Die Tentakeln schlugen die Hobbits zu Boden und packten mich erneut am Fuß.
Viel zu schnell, als das ich hätte reagieren können, hoben sie mich vom Boden hoch und zogen mich über den See in die Luft.
Panisch begann ich zu zappeln und probierte irgendwie an mein Schwert zu gelangen, doch schaffte ich es nicht.
Die starken hin und her Bewegungen der Tentakeln ließen meine Sicht verschwimmen.
Das ich auf dem Kopf hing machte das Ganze nicht besser, denn so hatte ich das Gefühl, dass mir das Ganze Blut in den Kopf lief.
Immer wieder schrie ich laut auf und rief die Namen der anderen.
Ich hörte, wie Pfeile an meinem Kopf vorbei surrten und wie das Wasser aufgewühlt wurde.
Plötzlich zeigte sich mir der riesige Kopf des Ungeheuers und ein schriller hoher Ton verließ meine Kehle.
Ich probierte mit meinen Fäusten gegen den Tentakel zuschlagen, doch schaffte ich es nicht.
Als dieses Tier dann auch noch plötzlich sein Maul aufriss, gefror mir das Blut in den Adern und mein Gesicht verzog sich vor Angst.
Mein Mund stand weit offen, doch verließ ihn kein einziger Ton mehr, ich war in einer Art Schockstarre und rührte mich nicht.
Jeder einzelner Muskel war angespannt und krampfte.
Ich wusste gar nicht wie mir geschah, als ich plötzlich fiel.
Der Druck an meinem Bein war verschwunden, doch flog ich geradewegs auf den Boden zu.
Ich schloss meine Augen, in der Erwartung jeden Moment den harten Aufprall zu spüren, doch blieb dieser aus.
Vorsichtig öffnete ich meine Augen wieder und sah überglücklich in Aragons Gesicht, welcher mich aufgefangen hatte und nun mit mir in die Miene lief.
Langsam drehte ich meinen Kopf nach hinten und sah den Kracken, der uns mit seinen Tentakeln folgte.
Ängstlich griff ich fester in den Stoff von Aragorns Kleidung.
Als dann plötzlich über uns die Decke zusammenbrach wusste ich nicht, ob ich erleichtert oder geschockt sein sollte.
Das Monster war zwar jetzt ausgesperrt, doch wir waren in dieser Miene und kamen nicht mehr so leicht zurück.
Plötzlich war es ganz dunkel, da die einzige Lichtquelle, der Mond, von den Trümmern ausgesperrt wurde.
Vorsichtig ließ mich Aragorn von seinem Arm.
Etwas unbeholfen stellte ich mich anfangs noch an, doch schon bald kam das Gefühl in meinen Beinen zurück und der Schock ebbte ab.
„Ist alles gut bei dir?" Fragte mich der Streicher.
„Ja", antwortete ich einsilbig und dabei wurde es belassen.
„Jetzt bleibt uns nur noch eine Möglichkeit", ertönte Gandalfs Stimme, der seinen Zauberstab zum leuchten brachte und uns somit Licht spendete: „Wir müssen es mit der langen Dunkelheit Morias aufnehmen."
Meine Augen brauchten einen Moment, um sich an das Licht zu gewöhnen, bevor ich dem Zauberer folgte.
„Seid wachsam", sagte Gandalf warnend: „Es gibt in den Tiefen der Welt noch ältere und gemeinere Geschöpfe als Orks."
Wenn ich jetzt sagen würde, dass mich seine Worte nicht ängstigen würde ich lügen, denn das taten sie.
Ich erinnerte mich an die Besorgnis, die Gandalf ins Gesicht geschrieben war, als wir uns noch auf dem Berg befunden hatten.
Er selbst schien sehr großen Respekt zu haben und das ließ meine Angst um einiges steigen.
Er war ein Zauberer, er konnte sich wehren, doch ich war nur ein Mensch, der keinerlei Ahnung von dem Umgang mit Waffen hatte.
„Bis zur anderen Seite ist es ein Fußmarsch von vier Tagen", erklärte Gandalf uns.
Mit aller Kraft probierte ich nicht zu den Skeletten zu schauen, sondern nur auf den blonden Schopf vor mir.
Immer wenn meine Augen, doch zu den Toten gingen, zog ich ungewollt scharf die Luft ein, was jedes Mal Legolas dazu brachte, sich umzudrehen.

Meleth Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt