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Außer Atem kam ich auf der oberen Steinplatte an und konnte Thorin auf dem See sehen.
Das Eis war an mehreren Stellen gebrochen und Eisschollen schwammen nun an der Oberfläche.
Der Zwerg stand am Rand der noch heilen Eisfläche und starrte hinunter ins Wasser.
Seine Atmung war ruhig und von Azog war keine Spur zu sehen.
Ein tiefer Schnitt zog sich über das Gesicht von Thorin und auch sonst, sah er brutal zugerichtet aus.
Ich fragte mich, ob ich in dem selben Zustand war oder ob das ebenso verschwunden war, wie meine Schmerzen.

Ich war gerade dabei auf ihn zu zu laufen, da sah ich, wie er sich hinhockte und etwas mit seinen Augen verfolgte.
Ruckartig blieb ich stehen und kniff meine Augen zusammen, um erkennen zu können, was er sah.
Schnell stand er wieder auf und drehte sich dem hinterher, was unter dem Eis schwamm.
Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung und ging vorsichtig auf den König von Berg zu.
Er trat mehrere Schritte über das Eis, wendete seinen Blick aber nicht von der Sache ab.
Als ich näher dran war und erkennen konnte, was genau Thorin da verfolgte, zog ich geschockt die Luft ein.
Es war Azog, der da unter dem Eis schwamm.
„Thorin", sagte ich, doch meine Stimme, war nur ein leises Kratzen.
„THORIN", schrie ich laut, als ich sah, wie sich etwas in seinen Fuß bohrte.
Ich vermutete schwer, dass es dem Schänder gehörte.
Thorin schrie schmerzerfüllt auf und war für einen kurzen Moment unaufmerksam, was Azog sofort ausnutzte.
Das Eis brach und die riesige Gestallt des Schänders sprang aus dem kalten See.
Thorin ging zu Boden und sofort kreuzten sich die Schwerter der Zwei.
Ich wusste gar nicht wie mir geschah.
Alles ging viel zu schnell.
Thorins Schwert blieb in der zweiklingigen Waffe⬆️ von Azog stecken.
Beide klingen waren nun auf Thorins Brust gerichtete und nur seine Kraft hielt sie davon ab, ihn zu durchbohren.
Ich sah, wie er die Zähne zusammen biss und probierte dem Druck stand zu halten, doch langsam wich seine Kraft.
Beide schauten sich tief in die Augen und ein überlegender Blick zierte das Gesicht des Schänders.
Die Klingen bewegten sich langsam auf Thorins Brust zu und ich atmete geschockt ein.
Ich sprintete los, in der Hoffnung ihm noch rechtzeitig helfen zu können.
Das Eis ließ mich nicht schnell laufen.
Mehrmals rutschte ich mehr, als das ich lief und wie es kommen musste, fiel ich hin.
Schmerzvoll stöhnte ich, sprang aber sofort wieder nach oben, die Schmerzen ignorierend.
Als ich zu dem Teil kam, an dem das Eis zerbrochen war, musste ich stoppen.
Die Eisschollen waren unter die Eisfläche gerutscht und ein großes Loch zeichnete sich ab.
Ich tat mehrere Schritte in beide Richtungen.
Panisch sah ich mich um.
Ich wusste, dass mir die Zeit davon lief, genauso wie die von Thorin.
Die Klingen näherten sich immer weiter seiner Brust und bald würde er keine Kraft haben.
Ohne weiter darüber nach zu denken, rannte ich das Loch entlang.
Ich musste es so schnell es ging umranden, bevor es zu spät sein würde.
Ein tiefer, schmerzvoller Schrei ließ mich inne halten.
Ich sah zu Thorin, in dessen Brust die Klinge des Schänders steckte.
Geschockt schrie ich auf: „Nein!"
Ohne es zu wollen, blieb ich stehen und sah dabei zu, wie alles seinen Lauf nahm.

Als Thorin sein Schwert hob und es dem Schänder in sein Herz rammte schlug ich mir die Hände vor meinen Mund.
Ich sah dabei zu, wie sich der Zwerg mit letzter Kraft drehte und Azog nun unter ihm lag.
Thorin legte noch mehr Kraft in das Schwert und man hörte, wie die Klinge durch das Eis unter den beiden brach.
Azogs Augen wurden groß und sein Mund stand offen.
Seine Glieder erschlafften und das Leben trat aus seinen Augen.
Thorin ließ nicht von ihm ab und sah verbissen dabei zu, wie der Schänder seine letzten Atemzüge tätigte.

Trotz der Verletzung, die Thorin haben musste, rollte er sich von dem Körper des Orks und stand auf.
Ich sah dabei zu, wie er zu dem eingefrorenen Wasserfall ging und hinunter auf das Schlachtfeld blickte.
Thorins Brust hob und senkte sich schwer.
Ich löste mich aus meiner Starre und lief wieder los.

Als ich bei ihm ankam, sah ich, wie seine Beine nachgaben und er auf der Eisfläche zusammen brach.
Seine Atmung ging nur noch flach und ich sah ihm an, dass er schreckliche Schmerzen hatte.
Weinend schmiss ich mich zu ihm und strich ihm seine Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Alles wird gut", sprach ich hektisch zu ihm und probierte seinen Blutfluss zu verringern.
Dafür drückte ich ihm beide Handflächen auf die Wunde, was ihn zischen ließ.
„Ist schon gut... ist schon gut", kam es schwach von ihm.
Seine Worte ließen mich inne halten und mein Kopf fiel weinend auf seine Brust.
Vorsichtig schob er mir eine Hand auf den Rücken.
Jemand ließ sich neben mir fallen, weswegen ich meinen Kopf hob.
„Bilbo", hörte ich Thorin glücklich sagen.
„Nicht bewegen, bleib still", wies Bilbo den Zwerg an und sah sich die Wunde genauer an.
Ich rutschte ein Stück zur Seite und legte mir die Blut verschmierten Hände auf meine Oberschenkel.
Als Bilbo die Wunde sah, musste er würgen, weswegen er sich eine Hand vor den Mund hielt.
Ich kniff meine Augen zusammen und schaute zur Seite.
„Ich bin froh, dass du hier bist", kam es schwach von Thorin."
„Shhhh", erwiderte Bilbo nur.
Ich konnte sehen, wie schwer es ihm fiel zu sprechen und doch tat es Thorin: „Ich möchte in Freundschaft von dir scheiden."
Bilbo schaute ihn eindringlich an: „Nein... du gehst nirgendwo hin, Thorin. Du wirst leben."
„Ich möchte zurück nehmen, was ich im Turm gesagt habe. Du hast das getan, was ein wahrer Freund tun würde", fuhr Thorin unbeirrt fort: „Vergib mir."
Bilbo begann zu lächeln, was Thorin schwach erwiderte: „Ich war zu blind, um es zu sehen."
Der Zwerg zog scharf die Luft ein: „Es tut mir Leid, dass ich jeden hier in solche Gefahr gebracht habe."
Thorin schluckte hart und hustete.
Das Blut schien ihm in die Lunge zu laufen.
Ich krabbelte wieder auf ihn zu und nahm seine Hand.
"Nein... ich bin froh, dass ich mit dir durch die Gefahren gehen durfte, Thorin. Um jede bin ich froh", versicherte Bilbo ihm.
Thorins Kopf wanderte zur Seite und sein Blick galt wieder Bilbo.
"Das ist viel mehr, als irgendeinem Beutling zukommt", fuhr er fort.
„Leb wohl, Meister Dieb", sprach Thorin zu Bilbo, was ihn tief einatmen ließ: „Kehre zu deinen Büchern zurück und zu deinem Sessel. Pflanze deine Bäume... siehe zu, wie sie wachsen."
„Thorin", sprach Bilbo eindringlich, doch Thorin unterbrach ihn.
„Gebe es nur mehr, die ihr zu Hause mehr achten, als Gold, wäre die Welt ein glücklicherer Ort."
Bei seinen Worten zierte ein Lächeln seine Lippen, welches nicht schwand, als er wieder mich an schaute: „Ich danke dir, für deine Treue. So viele Fehler machte ich dir gegenüber und dennoch bist du hier."
"Thorin-."
„Freya? Weißt du. Ich habe von dir gehört, noch bevor wir einander trafen. Ich hörte Geschichten über dieses eine Mädchen. Dieses ganz besondere. Damals wusste ich nicht, dass du dieses Mädchen bist, doch nun, da bin ich mir sicher. Mögest du deinen Mut nie verlieren und dein Leben immer schätzen."
Er ließ seinen Blick zwischen mir und Bilbo hin und her wandern.
Ein kurzer Laut drang aus seiner Kehle, bevor seine Glieder erschlafften und seine Augen aufhörten zu strahlen.
„Nein. Nein. Nein. Nein. Thorin", kam es von Bilbo, der begann den Zwerg leicht zu schütteln.
Wieder legte ich mir meine Hände vor den Mund, um meine Schluchzer zu unterdrücken.
Unzählige heiße Tränen flossen mir über meine Hände.
„Wage es ja nicht", sagte Bilbo mit Trauer übersäter Stimme.
Bilbo kroch nach oben, zu Thorins Kopf und flüsterte leise in sein Ohr: „Thorin. Thorin, sieh doch die Adler. Die Adler sind da... Thorin."
Seine Stimme klang erstickt: „Die A-."
Der Hobbit ließ von Thorin ab und setzte sich resigniert neben ihn.
Er legte sich ebenfalls eine Hand auf den Mund und hörte auf die Tränen zu unterdrücken.
Gemeinsam saßen wir da und fielen in uns zusammen.
Erst Fili.
Dann Kili.
Zum Schluss Thorin.
Alle waren tot.
Meine Freunde.
Ich sah dabei zu, wie sie starben und hatte nichts dagegen gemacht.
Ich schlug mit den Fäusten auf den Boden und schrie vor Wut.
Mein Schrei ging wieder in Schluchzern über und ich griff nach Thorins Hand.
Bilbo weinte ebenfalls bitterlich neben mir.
Irgendwann krabbelte ich zu ihm hinüber und nahm ihn in den Arm.
Nicht, weil er es brauchte, sondern, weil ich Halt brauchte.
Ich brauchte jemanden, bei dem ich weinen konnte und mich festhalten konnte.

Meleth Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt