Saviors of Tomorrow 5 (Pokémon-FF)

Skull-Infiltration-Kapitel: Taji Nakamura

"Wollt ihr mal auf das Brett steigen?" unterbrach Keiko ihre stumme Konversation. Mari sah auf. "Oh, äh... klar. Es heißt ja schließlich learning by doing, stimmt's?" Sie zog sich auf das Surfbrett und suchte nach Halt, rutschte fast wieder herunter und schaffte es gerade noch so, sich an einem der Henkel festzuhalten. Angestrengt hievte sie sich auf das Sportgerät und stemmte sich auf die Knie. "Huah..." Jacky schaffte es überraschender Weise ohne Mühe, auf das Brett zu klettern. "Das sah schwerer aus, als es ist." Die Wellen trugen die Mantax auf und ab. "Versucht doch mal, ein bisschen rum zu schwimmen", meinte Keiko. "Seid ihr schon mal ein Flug-Pokémon geflogen?", "Nur manchmal", antwortete Jacky. "Aber ihr habt es schon mal gemacht.", "Ja.", "Gut. Es funktioniert hier genauso. Verlagert euer Gewicht, um dem Pokémon verstehen zu geben, in welche Richtung es schwimmen soll.", "So schwer kann es nicht sein..." Jacky überwand ihr anfängliches Zögern und lehnte sich langsam nach vorne. Ihr Mantax glitt in die von ihr angegebene Richtung. Mari lehnte sich etwas zur Seite und ihr Mantax schwamm nach rechts.

Während sich die Mädchen am Surfing probierten, wartete Laslow vor der Trainer-Schule an der Wand gelehnt. Das typische Läuten der Schulklingel leitete das Ende des Schultages ein und kurz darauf strömten die Schülermassen an Laslow vorbei. "Es ist nur kurz, jetzt komm endlich!" Leilanis Stimme war laut genug, um bis zu ihm hervorzudringen. "Ja, ich kenne ihn lange genug!" Es folgte keine Antwort. "Ich weiß, aber wenige Tage reichen!" Laslow sah auf die Uhr seines Viso-Casters. Die Braunhaarige drängte sich zusammen mit einer zweiten, eher schmal gebauten Person zu Laslow vor. Hellblaue Haare waren so zu einem Zopf zusammengebunden, dass die erste Hälfte zurück gebunden war. Die andere Hälfte fiel ihm teilweise ins Gesicht oder hing lose herab. Sein weißes Shirt reichte ihm über den ganzen Hals und erschuf mit seiner schwarzen Stoffhose und der Brille auf seiner Nase den Eindruck eines Musterschülers. "Alola." Laslow nickte ihnen zu. Der Junge antwortete mit dem traditionellen Handzeichen, gab aber kein Wort von sich. Laslow musterte ihn. "Du bist also... Taji Nakamura, richtig?" Er nickte, doch er sprach wieder nicht. Leicht senkte er den Kopf und warf Leilani einen Blick zu. "...", "Oh!! Tut mir leid!" Überstürzt reichte Leilani dem Schüler ein Klemmbrett, das ihm anscheinend von Anfang an gehört hatte. Das Klicken eines Kugelschreibers und das Kratzen des Stifts auf Papier folgte. Wenige Sekunden später drehte er das Klemmbrett herum, auf dem etwas in elegant geschriebener Schrift stand: "Das ist richtig. Es freut mich sehr, dich kennen zu lernen, Laslow-kun.", "Laslow-kun? So hat mich noch niemand angesprochen..." Er blinzelte kurz. "Leilani hat mir gesagt, du kommst aus Johto. Ähm... ich würde mich gern unter vier Augen mit dir unterhalten, hättest du was dagegen?" Er schüttelte den Kopf und deutete zu dem hinteren Bereich der Schule. Laslow nickte ihm zu und ging vor, dann drehte er sich zu Taji um. Auf dem Weg klemmte sich Taji das Brett unter den Arm und blieb abwartend vor Laslow stehen. Seine Augen musterten ihn von oben bis unten und hielten dann wieder abwartend bei Laslows Augen. "... Leilani hat erzählt, dass du dich mit Computern und derlei medialen Kram bestens auskennst. Stimmt das?" Das Zucken seiner Augenbrauen verriet Tajis Überraschung. Er nickte. "Und du kannst dich in gewisse Dinge reinhacken." Nun verengten sich seine hellblauen Augen. Verdutzt hob er die Hand und deutete fragend auf Laslows Viso-Caster. Das Fragezeichen stand dem Austauschschüler ins Gesicht geschrieben. Laslow schüttelte den Kopf. "Das mit dem Viso-Caster war gelogen, tut mir Leid. Mein ursprüngliches Anliegen ist ein anderes. Leilani sollte nichts davon wissen." Taji öffnete den Mund, doch schloss ihn schlagartig wieder. Erneut nahm er das Klemmbrett in die Hand. "Ich wohne in einer Unterkunft an Hauholis Hafen. Wir reden dort, bis dahin kein Wort.", "Okay, aber eine Frage noch... Bist du stumm? Falls dir das nicht unangenehm ist?" Taji stieß ein kaum hörbares Schnauben aus. Sein Zeigefinger verharrte vehement auf dem letzten Teil des Geschriebenen. "Okay, okay..." Laslow nickte. "Geh vor." Taji steckte das Klemmbrett mit einem Nicken weg und verließ zusammen mit Laslow das Schulgelände. An einer Ecke wenige Schritte vor dem Meer betrat Taji das Gebäude einer abgelegenen Touristenunterkunft. Nur wenige Menschen bewegten sich im Foyer, weswegen es nicht lange dauerte, bis sie den Raum des Schülers erreichten. Sofort stachen gleich fünf Laptops verschiedenster Größe im gesamten, überraschend sauber gehaltenen Zimmer verteilt ins Auge. Seufzend streifte Taji seinen Rucksack ab und platzierte ihn an dem einzigen, kleinen Schrank im Zimmer. Dann drehte er sich zu Laslow, rückte sich seine Brille zurecht und räusperte sich dann. "...Also?" Seine Stimme klang etwas... kratzig. Laslow starrte ihn perplex an. "Warte mal... warum...?" Er sah erst auf das Klemmbrett und dann zu Taji und wieder hin und her. "Ich spreche nicht gerne. Außerhalb meines Zimmers", antwortete er etwas abgehackt und rau, als hätte er lange kein Wort mehr von sich gegeben. "Du brauchst keine Hilfe. Nicht damit." Wieder deutete er auf den Viso-Caster. "Womit dann?" Laslow atmete tief ein und deutete dann auf einen Stuhl. "Darf ich?" Taji nickte. Bis sich Laslow niedergelassen hatte, war der Schüler still und blieb an dem Schrank stehen. "Also." Laslow legte die Hände in den Schoß. "....Hast du von Eclipse und seinen Leaks gehört?" Taji riss die Augen auf und hielt die Luft an. "Ich bin nicht...", "Warte, warte." Laslow hob beschwichtigend die Hand an. "Darauf wollte ich nicht hinaus." Der Blauhaarige schluckte schwer und öffnete und schloss wieder seine Hand, um sich zu beruhigen. "...Was dann?", "Eclipse verfügt möglicherweise über ein paar Infos von Æther, die uns helfen könnten, die Situation etwas transparenter zu machen.", "Uns." Zwar klang das Wort wie eine Tatsache, doch seine fragenden, misstrauischen blauen Augen sprachen eine andere Sprache. "Ich und ein paar Freunde von mir. Ist nicht so wichtig. Auf jeden Fall... Æther ist nicht so sauber, wie die sich aufführen und Eclipse weiß das. Ich will raus bekommen, was er oder sie weiß und wer er oder sie ist. Und an der Stelle... kommst du uns Spiel." Laslow musterte Taji. "Wärst du dazu bereit, zu versuchen, an Eclipses Daten ranzukommen und sie mir zu geben?" Taji antwortete nicht und setzte sich auf den Stuhl seines Schreibtischs. Seine Augen waren starr auf den Boden gerichtet und sein Atem war kaum hörbar. "...", "Du musst nicht mitmachen", meinte Laslow. "Ich erwarte das nicht von dir. Aber es würde mir sehr helfen.", "Eclipse", wiederholte der Blauhaarige und räusperte sich wieder. Das Sprechen schien ihm wirklich schwer zu fallen. "Überlasst es mir.", "Du machst mit?", "Mm. Ich habe alles verfolgt. Ich weiß nichts über dich. Außer deinen Namen, Laslow-kun." Er schlug das eine Bein über das andere und rückte erneut seine rechteckige Brille zurecht. "Aber ich kann helfen. Du sagst mir nicht, warum du Eclipse ausspionieren möchtest. Ich sage nicht, weswegen ich dir helfe.", "Okay... Schön." Laslow nickte. "....Wenn du irgendwas hast, schick es mir per Email. Meine Mail-Adresse lautet laslow.steward@rks.un." Bevor Laslow noch etwas sagen konnte, hob Taji den Zeigefinger an, als würde er ihn stoppen wollen. "Warte. Du brauchst deine Informationen so schnell wie möglich, oder?" Der Schüler rieb sich am Hals. "Wär nicht schlecht, ja.", "Gut. Warte zwei Monate. Dann habe ich erste Ergebnisse.", "Sekunde mal. Zwei Monate?", "Ich bin in einem Probejahr. Jede Woche erscheinen Leute bei mir. Um nachzuschauen, dass ich mich so verhalte, wie es von mir erwartet wird. Ein falscher Schritt und...", "Oh." Laslow legte den Kopf schief. "...wegen diesem Vorfall.", "Vorfall", wiederholte Taji. Wieder verkrampften sich seine Hände und öffneten sich. Seine Brillengläser fingen das kalte Licht des Zimmers auf und reflektierten es, sodass seine Augen dahinter nicht mehr zu sehen waren. "... Zwei Monate, wenn alles so weitergeht wie bisher. Besuche, Abgabe der täglichen Berichte, Lernen, Schularbeiten. Ein Monat, wenn das Gericht in Johto zufrieden mit meiner Entwicklung ist. Und die Besuche und Berichte einstellt werden. Zwei Wochen, wenn ich das Lernen einstelle. Ein Tag, wenn ich nicht mehr die Schule besuche." Laslow legte den Kopf schief. "...Was genau hast du angestellt?" Taji hustete krampfhaft, als er antworten wollte und fasste sich wieder an den Hals. Er griff nach seinem Klemmbrett. "Das ist nicht Teil unserer Abmachung.", "Geht's dir gut?", "Ich spreche sonst nicht so lange, das ist alles. Nur über Papier kann ich so kommunizieren, wie ich es tun könnte, wenn ich normal reden würde, Laslow-kun.", "Oh, okay..." Laslow nickte. "Also... es hängt von den Besuchen der Typen ab, wann du mir Daten schickst?", "Sie kontrollieren meine Festplatten, sprechen mit den Lehrern und überprüfen meine Chatverläufe.", "Na genial..." Laslow stöhnte. "Zwei Monate habe ich aber nicht Zeit... Kannst du keinen USB-Stick oder so benutzen?", "Die Metadaten alleine reichen aus, um uns beiden das Genick zu brechen.", "Na klasse..." Laslow stöhnte. "Ich brauche Zeit." Taji blickte zu Laslow auf und schrieb dann weiter. "Alles, was du im Internet unternimmst, hinterlässt Spuren.", "Das Internet vergisst nie..." Laslow knabberte nachdenklich an seinem Daumennagel. "Was sind das für Leute, die dich kontrollieren?" Der Austauschschüler atmete tief durch. "...Das Jugendamt, Psychologen, Ärzte und Polizisten.", "Hört sich ja richtig eklig an... Jeez... Na gut... also du kannst frühstens in zwei Monaten was unternehmen.", "Jemand muss sie daran hindern, mich zu besuchen. Das wäre ein Anfang.", "Daran hindern?" Laslow verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "...Und wie?" Taji schüttelte ratlos den Kopf. "Bevor sie mich besuchen, sprechen sie mit dem Polizeihauptquartier. Auf Ula-Ula. Danach reisen sie mit dem Schiff zu mir.", "Hmm... das heißt, man müsste das verhindern. Ich nehme mal an, dass sie mit dem Boot fahren?" Taji nickte. "Im Moment fährt nur ein Schiff in ganz Alola nach Ula-Ula. Eine Fähre. Im Stundentakt.", "Hmm..." Laslow lächelte leicht. "Dann könnte ich ja den Motor ein bisschen lädieren... Wenn Kapilz' Ranken den Motor schädigen oder Gewaldros Laubklinge dem Motor etwas stark zusetzt... dürfte das ein leichtes Spiel sein. Einen Motor zu reparieren, wird wohl eine Weile dauern. Vielleicht kann Hundemon nebenbei auch das ganze Benzin in Brand stecken.", "Noch eine Bedingung... Du bleibst hier. Für eine Weile.", "Auf Mele-Mele?" Taji nickte. "Das hatte ich ohnehin vor. Mich von hier aus auf irgendwelche Schiffe zu mogeln, ist gar kein Problem. Ich kümmere mich heute Nacht drum, alles klar? Ich meine... könnte ja auch Team Skull gemacht haben, richtig?" Er lächelte nur. "Oder der Junge mit dem schwarzen Haar.", "Bitte?" Laslow blinzelte. "Wen meinst du?", "Die Kamera war teuer.", "Die Kamera...?" Laslow brauchte einige Momente. "Warte mal. Du warst das mit der Kamera in dem Zimmer der Mädchen?", "Sie gehörte nicht mir, aber ich habe hin und wieder mal einen Blick durch sie geworfen." Sein Blick verfinsterte sich. "Warum  hast du das gemacht?", "Wir haben unsere Vereinbarung. Ich werde dir helfen, so gut ich kann. Sobald die Besuche aufhören." Laslow wirkte misstrauisch, nickte aber. "Alles klar... gut. Von mir aus. Dann steht der Pakt." Taji nickte und stand auf. "Du hast noch Vorbehalte." Er klang kein bisschen vorwurfsvoll. Mit einem der Laptops unter dem Arm setzte er sich wieder an den Tisch und öffnete ihn. "Ich meine es ernst. Und ich werde es dir zeigen.", "Wovon redest du?" Wieder glänzten seine Brillengläser hell von dem Licht vor ihm. Zum ersten Mal seit der Begegnung mit Laslow zuckte sein Mundwinkel nach oben. Plötzlich blinkte der Display auf und verschiedene Orte wurden dort angezeigt. Jeder einzelne aus der Vogelperspektive. "Sicherheitskameras. Sie sind in den größeren Städten in Alola. Die Polizei hat sie dort installiert, um ein Auge auf Team Skull zu haben.", "Und du hast dich reingehackt?", "Ich habe gerne den Überblick.", "Was du nicht sagst..." Laslow betrachtete die Bilder. "...das ist schon ziemlich genial.", "Das war nur um zu zeigen. Dass ich zu alldem, was verlangt wird, fähig bin.", "...ich hab zwar nicht dran gezweifelt, aber... ich denke, das hat mir einen guten Eindruck gegeben.", "Als die ersten Informationen von Eclipse auf Æthers Website veröffentlicht wurden, konnte ich nur auf eine der E-Mails zugreifen. Inzwischen sind alle wieder gelöscht.", "Da versucht wohl jemand sehr sorgfältig, etwas zu verstecken.", "Die Æther Foundation hat Drähte zu Organisationen und Firmen. Fast auf der ganzen Welt." Taji wirkte nicht überrascht. Er wechselte das Blatt Papier auf seinem Klemmbrett aus. "Wir beide können uns nicht vorstellen, was diese Leaks wirklich für Auswirkungen haben.", "Sie zerstören ihren Ruf", murmelte Laslow. "Und das kann sich die Foundation nicht leisten.", "...Laslow-kun. Ich glaube, es geht um mehr als den eigenen Ruf.  Allein Eclipses aggressive Leaks machen es deutlich. Er oder sie wusste genau, wo es Æther am meisten wehtut. Das heißt...", das Licht erlosch, als der Schüler den Laptop zuklappte, "...wir können fast zu 100 Prozent davon ausgehen, dass Eclipse irgendwann mal etwas mit Æther zu tun hatte.", "Unter Garantie... woher sollte er oder sie es sonst wissen. Vielleicht wusste er oder sie auch von den geheimen Projekten, die Æther durchgeführt hat... vielleicht besteht ja eine Verbindung mit dem 'Testobjekt'... Vielleicht weiß Eclipse davon... Wenn ja, ist es umso wichtiger, dass wir an die Infos kommen.", "Die E-Mail hat nicht viel hergegeben." In seinen eigenen Gedanken vertieft zupfte Taji an dem Ärmel seines Shirts. "Ein Gespräch zwischen zwei Forschern. Die Namen waren einfach zu entschlüsseln. Aber keiner von ihnen arbeitet mehr dort.", "Du weißt die Namen?" Laslow zog die Augenbrauen hoch und seine Aufmerksamkeit war geweckt. "...Wer waren die?", "Forschungsleiter Nathaniel Kurusu. Stellvertreter Shin Adachi.", "Shin Adachi?" Laslow klappte der Mund auf. "Was zum...?!" Interesse huschte über Tajis Gesicht. "Du kennst diesen Namen.", "Und ob ich ihn kenne." Laslow nickte.