"Kannst du Mom anrufen und es ihr sagen?", frage ich meinen Vater mit schwacher Stimme als wir vor unserem Haus halten. Seit der Diagnose habe ich nichts mehr gesagt und ich bin froh wieder hier zu sein. In meinen eigenen vier Wänden, aufgehoben und geborgen. Wo mich niemand sieht und wo ich einfach alleine sein kann.
"Natürlich Schätzchen", meint Dad sanft und zieht den Schlüssel ab. Wie von selbst steigt mein Körper aus dem Auto aus und folgt meinem Vater in das Haus. Ich will mich einfach nur noch in mein Bett legen.
"Ich brauch etwas Zeit für mich", murmel ich und gehe nach oben in mein Zimmer. Die Tür schließe ich zur Sicherheit ab, ich muss jetzt einfach alleine sein und über alles nachdenken. Ich lasse mich auf mein Bett fallen und starre an die Decke. Die Worte des Arztes gehen mir immer wieder durch den Kopf. Ich werde zehn bis fünfzehn Jahre verlieren.
Diese Feststellung wird irgendwie immer realer, je mehr ich darüber nachdenke und nun beginnen sich wieder Tränen in meine Augen zu brennen. Die Emotionen Mauer scheint eingestürzt zu sein und schluchzend rolle ich mich in meinem Bett zusammen.
Ich werde so viele Jahre verlieren und das alles nur um keine Probleme mehr mit Asthma zu haben. Wieso habe ich das nur getan? Wie soll ich so etwas meiner Familie und meinen Freunden sagen? Wie soll ich es den Jungs sagen? Und vor allem Felix?
Vor Stunden saß ich hier noch und hab mir aufgrund seiner Rippenprellung Sorgen um ihn gemacht und jetzt soll ich zehn bis fünfzehn Jahre früher sterben. Zwar bleiben mir bis dahin auch noch einige Jahre aber ich hatte mir die Zukunft so schön vorgestellt. Wie ich alt werde und irgendwann an Altersschwäche sterbe, vielleicht so mit 80 oder etwas älter. Aber das meine Lungen bereits vorher versargen werden ist mir nie in den Sinn gekommen?
Wie auch? Mit so etwas rechnet doch keiner. Die Chance von diesen blöden Risiken und Nebenwirkungen ist so verdammt gering und ich bekomme es trotzdem.
Nach einiger Zeit verstummen meine Schluchzer und ich liege einfach nur noch im Bett. Tränen laufen stumm über meine Wangen und tropfen auf die graue Bettdecke, wo sie einen Fleck hinterlassen. Mein Blick ist gegen die Wand gerichtet und meine Hände habe ich in dem Kopfkissen unter mir fest gekrallt. Ich versuche irgendetwas zu spüren, doch jetzt gerade bin ich einfach nur taub.
Es ist keine Trauer mehr da, keine Enttäuschung, kein Schmerz. Es ist einfach nichts. Ein großes, leeres nichts, was mich von innen heraus zerfrisst. Meine Gedanken sind frei. Es geht nichts mehr in meinem Kopf vor. Ich liege stumm und regungslos auf meinem Bett und habe das Gefühl zu sterben.
Irgendwann später, keine Ahnung wann aber es ist auf jeden Fall schon dunkle, klopft es zaghaft an meiner Zimmertür.
"Schätzchen? Lässt du mich rein?", dringt die Stimme von Dad zu mir durch und trotzdem habe ich das Gefühl, er stünde Kilometer weit entfernt. Ich zeige keine Reaktion, ich kann nicht. Auch wenn ich es wollen würde, es geht einfach nicht.
"Wenn du nicht reden willst ist das auch in Ordnung. Aber komm doch nochmal runter und iss eine Kleinigkeit. Und meld dich bei den Jungs, Jo hat mich angerufen weil du auf keine einzige Nachricht reagierst. Ich habe ihm nichts gesagt, aber sie machen sich auch Sorgen", redet mein Vater weiter und danach wird es wieder ruhig. Er ist wieder gegangen, ich bin wieder alleine.
Nach einer weitern Stunde ungefähr setze ich mich in meinem Bett langsam auf. Es ist dunkel, ich werde von völliger Dunkelheit umgeben. Nur der Mond scheint schwach durch mein Fenster aber spendet auch nicht viel Licht.
Mein Handy Display strahlt mir hell entgegen und zeigt mir eine ganze Menge Nachrichten an. Ich öffne die Gruppe mit den Jungs und mache mir nicht einmal die Mühe mir die Nachrichten durchzulesen, ich würde es vermutlich sowieso nicht schaffen so viele wie es sind.
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Die Tochter des Trainers // Felix Götze FF
FanfictionDie Tochter des Trainers, das bin ich. Sophie Löw. Mein Dad, Joachim den aber alle nur Jogi nennen, trainiert die deutsche Nationalmannschaft, aber das wisst ihr bestimmt. Jedenfalls habe ich bisher immer bei meiner Mum gelebt aber nun ziehe ich zu...