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"Sophie!", begrüßt mich Jo mit panischer Stimme am Telefon und verwundert halte ich inne. Das hört sich ja gar nicht gut an.

"Alles gut bei dir?", Hake ich nach und schaue verwirrt aus dem Fenster.

"Ich wurde positiv getestet. Es tut mir so wahnsinnig leid falls ich irgendjemanden von euch angesteckt haben sollte. Sophie, das wollte ich nie. Das musst du mir glauben", meint Jo hektisch und hört sich ziemlich aufgelöst an.

Mein Herz bleibt für einen kleinen Moment stehen, bevor es aufgeregt weiter stolpert. Jo war vor zwei Tagen noch hier, was wenn er bereits dort positiv war? Ich dachte wir wären durch mit dem Thema. Um ehrlich zu sein habe ich mich relativ sicher gefühlt, vermutlich zu sicher.

"Jo, ganz ruhig. Wir werden uns alle testen lassen und dann sehen wir weiter. Wie geht es dir?", versuche ich meinen besten Freund etwas zu beruhigen, was mir aber eher so semi gut gelingt. Dafür bin ich selbst zu nervös gerade.

"Mir geht's gut, ich hab keine Symptome", beantwortet Jo meine Frage.

"Das hört sich gut an. Ich werde jetzt Mal Felix anrufen und ich melde mich später nochmal bei dir", Murmel ich und nach einer kurzen Verabschiedung legen wir auf.

Besorgt schaue ich zu Nael herüber, der ein paar Meter weiter in seiner Liege liegt und schläft. Wenn der Kleine sich infiziert hat. Daran will ich überhaupt nicht denken.

Aber abwegig wäre es nicht. Schließlich hatte Jo ihn auf dem Arm.

"Felix, wurdest du heute schon getestet?", Frage ich direkt als mein Mann endlich an sein Handy geht. Das ist mittlerweile wahrscheinlich der zehnte Anruf oder so. Aber ich brauche einfach dringend Gewissheit,  außerdem ist es auch wichtig für die Mannschaft.

"Ja natürlich, negativ so wie immer. Wieso, was ist los?", fragt er verwundert zurück und es erleichtert mich schon einmal etwas, dass mein Mann negativ ist.

"Jo hat angerufen. Er ist positiv", erkläre ich ihm und mein Blick geht wieder zu unserem Sohn.

Einige Sekunden herrscht Stille am anderen Ende der Leitung und dann ist ein Schnaufen zu hören.

"Ich komme nach Hause und dann fahren wir zu einer Teststation", meint Felix entschlossen und ich höre ihn etwas rumkramen.

"Nein, lass es uns anders machen. Lass uns zu unserem Arzt fahren und dort treffen. Falls ich positiv bin, infizierst du dich nicht und so besteht die Möglichkeit, dass ich Nael an dich geben kann. Wir müssen alle Möglichkeiten abwägen", schlage ich stattdessen vor. Ich hoffe einfach, dass unser Arzt ein schnelles Testergebnis liefern kann.

Felix stimmt diesem Vorschlag zu. Ich telefoniere noch schnell mit unserem Arzt und Regel dort alles, bevor ich Sachen zusammen packe und mit Nael unsere Wohnung verlasse. Ich versuche meinen Sohn möglichst wenig zu berühren und trage auch eine Maske. Wenn ich Nael infizieren würde, könnte ich mir das nie verzeihen.

Bei unserem Arzt werde ich bereits erwartet und in einen abgelegenen Raum gebracht. Bis auf eine Krankenschwester und unseren Arzt sehe ich niemanden. Nael wurde mir abgenommen und die Krankenschwester kümmert sich um meinen kleinen Schatz, während sich der Arzt mir zuwendet.

"Wir werden jetzt einen Schnelltest machen um schon einmal eine mögliche Gewissheit zu erhalten. Und einen normalen Test werden wir auch durchführen, dieser dauert dann bis zu 48 Stunden, aber keine Sorge. Ich werde Druck machen, dass es schneller geht", erklärt mein Arzt und ich sehe wie sich seine Augen verengen, also gehe ich Mal davon aus das er lächelt.

Nach einiger Zeit liegen zwei Testergebnisse vor.

"Also der Schnelltest von ihrem Sohn ist negativ. Auch wenn eine Infektion vorliegen sollte, ist eher ein schwacher Verlauf zu erwarten. Ich würde ihn erst einmal an ihren Mann übergeben und den Kleinen im Auge behalten", erklärt der Arzt und wissend nicke ich, während mein besorgter Blick zu meinem Sohn herüber fährt.

"Nun zu Ihnen, Frau Götze. Ihr Schnelltest ist positiv ausgefallen. Aufgrund ihrer Vorerkrankung habe ich bereits telefoniert und ein Zimmer im Krankenhaus organisiert. Ich muss ehrlich sein, bei Ihnen ist ein schwerer Verlauf zu erwarten wenn sich die Infektion nun ausbreitet. Sie werden sofort ins Krankenhaus fahren und dort aufgenommen. Die Kollegen erwarten sie bereits und werden sich gut um sie kümmern", fährt der Arzt fort und fassungslos schaue ich ihn an.

Eine Infektion? Das ist ein Albtraum.

"Können sie ihren Mann anrufen? Er sollte sowohl ihnen einige Sachen ins Krankenhaus bringen, als auch ihren Sohn abholen und mit nach Hause nehmen", meint der Arzt einfühlsam und perplex nicke ich.

"Felix wollte sowieso herkommen", Murmel ich und versuche meine Aufmerksamkeit wieder auf das hier und jetzt zu lenken. Doch so leicht ist das nicht.

Monatelang habe ich mich vor Corona so sehr geschützt und hatte so eine Angst mich zu infizieren. Und jetzt habe ich es doch. Ich hätte weiterhin über vorsichtig sein sollen.

Ich kriege es kaum mit wie ich die Praxis verlasse und wie ich zum Krankenhaus gelange. Erst als ich auf dem Krankenhaus Bett sitze und an die weiße Wand gegenüber starre, bricht alles auf mich ein.

Schluchzend sacke ich weiter in mich zusammen und fühle mich plötzlich so verdammt alleine gelassen. Ich bin alleine im Zimmer. Bisher habe ich eine Schwester gesehen. In voller Montur, sodass sie sich bloß nicht ansteckt. Ich habe das Gefühl als wäre ich irgendein hoch giftiges Ding.

Der Raum erdrückt mich. Die Wände sind weiß und kahl. Ein kleiner Schrank steht gedrängt in der Ecke und ein kleiner Fernseher hängt etwas schief gegenüber von dem Bett. Meine Tasche steht bereits an der Seite.

Felix hat sie vorbei gebracht. Sehen konnte ich ihn trotzdem nicht. Hätte ich heute morgen gewusst, dass wir uns so schnell nicht mehr wieder sehen, hätte ich ihn deutlich länger geküsst und nicht nur flüchtig, weil Nael Hunger hatte.

Das werden einsame Tage hier drin. Nicht einmal der Ausblick ist sonderlich schön. Der kleine grüne Park des Krankenhauses ist zu sehen. Jedoch zu wissen, dass man sowieso nicht raus darf, vermiest diesen Ausblick ganz schön.

Es wird furchtbar schwer so lange ohne Felix und Nael zu sein. Ich hoffe einfach, dass mein Mann das alleine schafft und die beiden klar kommen werden. Ich habe ein paar Fläschen Milch noch Zuhause, aber ewig werden die nicht halten. Da müssen wir unbedingt eine Lösung finden.

Ich habe so eine Angst. Um die zwei und auch um mich, um ehrlich zu sein.

Meine Lunge ist sowieso schon so schwach. Ich flehe einfach, dass mein Körper diese Infektion übersteht und alles gut werden wird.

Ich kann es mir nicht erlauben, dass sich irgendjemand um mich sorgt. Vielleicht habe ich ja auch Glück und werde völlig symptomfrei davon kommen. Ich wünsche es mir so sehr.

So ich melde mich auch Mal wieder mit einem neuen Kapitel :)

Lasst gerne Feedback da <3

Die Tochter des Trainers // Felix Götze FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt