Schwester Anja weckte mich am Dienstag morgen, überprüfte meine Werte, reinige meine Narben und verband sie neu. Sie lächelte zufrieden und verschwand wieder. Erneut schlief ich ein, ich war einfach zu erschöpft. Gegen 9.00 Uhr kam Birte mit zwei Tasse auf einem Tablett herein. Sie lächelte ihr typisches warmes lächeln. „Heute darfst du Tee trinken." Sie stellte die Tassen auf das Tischchen und drückte mich kurz an sich. „Na konntest du ein wenig schlafen?"„Ja, bin sogar heute früh noch mal eingeschlafen." „Das ist gut, dann trink mal deinen den Tee. Wenn es dir damit gut geht, bekommst du heute Mittag Zwieback."
Ich griff zu der Tasse und ließ die warme Flüssigkeit meine Kehle runter rinnen und mich ein wenig von innen wärmen. Birte griff zu ihrer Kaffeetasse die sie sich mitgebracht hatte und trank ebenfalls ein paar Schlucke. „Hast du schon was gehört?" Sie schüttelte den Kopf. „Gleich kommt die Visite und dann wissen wir sicher mehr."
Keine fünf Minuten später klopfte es und zwei Ärzte und eine Ärztin betraten das Zimmer. „Guten Morgen, Fr. Arndt. Oh Schwester Birte, Guten Morgen." Sagte ein kleiner untersetzter Mann mit Glatze. „Ich bin Dr. Brunner. Schwester Birte bleiben sie zur Visite?" Wir nickten beide. Zu seiner linken stand ein drahtig aussehender Mann, mit Glatze, der sich als Dr. Heer vorstellte und zu seiner rechten eine kleine asiatisch aussehende Frau mit einem freundlichen lächeln die Dr. May hieß. Dr. Brunner begann wieder zu sprechen. „Gut. Beim Verbandswechsel heute Morgen gab es keine Auffälligkeiten, lasse sie uns bitte noch mal schauen." Ich schob das Shirt hoch. Der Arzt tastete kurz rings herum. „Haben sie Schmerzen?" „Ja, aber auszuhalten." Er nickte und sah auf seine Akte. „Sie bekommen weiterhin Schmerzmittel." „Dr.May." Nickte er ihr zu. Diese nickte zurück. „Fr. Arndt, ich bin Gynäkologin hier im Krankenhaus."
>Gynäkologin<
Ich verkrampfte mich und spürte nur beiläufig wie Birte meine Hand griff und festhielt. In Absprache mit der Polizei und ihrer Mutter werde ich sie morgen untersuchen und falls vorhanden, Beweise sicher. „Meine Mutter?" Mehr brachte ich nicht heraus. Dr. May nickte. „Ja ihre Mutter hat dieser Untersuchung zugestimmt." Ich konnte nichts sagen, mein Hals war wie zugeschnürt. „Eine Schwester wird sie morgen Vormittag abholen und zur Untersuchung bringen." Birte nickte an meiner Stelle und legte ihre Hand auf meine Schulter. „Haben sie noch Fragen, Fr. Arndt?" wand sich Dr. Brunner an mich. Ich schluckte mehrfach leer und schüttelte den Kopf. „Dann wünsche ich ihnen einen guten Tag." Birte und ich nickten. Die anderen beiden Ärzte nuschelten ebenfalls eine Verabschiedung und verschwanden wieder.
>Gynäkologische Untersuchung, meine Mutter hat zugestimmt<
Die Gedanken kreisten unaufhörlich in meinem Kopf. Birte rückte etwas näher an mich ran und legte den Arm um mich ohne darüber nachzudenken presste ich mich an sie und ließ meinen Tränen freienlauf.
>Angst, Überforderung, Fassungslosigkeit<
So viele Gefühle brachen grade aus mir hervor das ich sie nicht artikulieren konnte. Birte verstand zum Glück und war einfach nur für mich da, bis ich langsam zur ruhe kam. Wir sprachen nicht mehr viel, ich konnte nicht. Mir reichte das Gefühl das sie da war. Nach gefühlt nur ein paar Minuten in denen ich eingedöst war, weckte Birte mich sacht. Ich schreckte hoch und sie beruhigte mich sogleich wieder, deutete auf das Tablett mit dem Mittagessen.
Diesmal verspürte ich sogar etwas hunger und begann vorsichtig den Zwieback mit dem Tee zu essen. Birte sah mir zufrieden beim essen zu und verschwand dann um sich selbst eine Kleinigkeit zu Besorgen. Nachdem wir gemeinsam gegessen hatten, wollte Birte nach Hause und ich hätte etwas Zeit meine Gedanken zu sortieren. Sie würde am Abend wiederkommen. Ich schaltete den Fernseher ein und meine Gedanken ab. Fixierte mich voll und ganz auf einige Serien. Das war das einzige wofür ich sehr dankbar war. Meine Gabe alles auszublenden und sich fokussieren zu können. So verbrachte ich den Nachmittag.
Pünktlich zum Abendbrot klopfte es und eine lächelnde Birte kam mit einemTablett herein. Sie positioniert es auf den dafür vorgesehen Platz. „Es gibt Suppe zum Zwieback." Verkündete sie fröhlich und zog sich wieder einen Stuhl heran „Na?" Ich probierte ein schiefes lächeln. „Hab lange nicht mehr so viel Fernsehen geschaut." Sie lächelte. „Und was kam gutes?" Wir unterhielten uns über verschiedene Serien die wir mochten und so entstand beim essen eine sehr angenehme Atmosphäre. Ich war entspannt, fast schon ein ungewohntes Gefühl nach den letzten Tag, obwohl die antrainierte Grundanspannung immer da war, ich wusste von klein auf nie wann die nächste Attacke über mich hereinbricht, also war Achtsamkeit und eine Grundanspannung ein normales Gefühl geworden. Birte nahm erfreut zur Kenntnis das ich die Suppe und zwei Scheiben Zwieback mitTee verdrückt hatte. Nach dem Essen zog Birte ein Kartenspiel aus der Tasche und wir spielten ein paar runden Mau Mau, dabei kamen mir, aber immer wieder Gedanken an den morgigen Tag und ich kaute auf meiner Lippe und wusste nicht ob ich sie fragen konnte und wollte. Birte mischte grade die Karten und sah mich bedächtig an. „Was überlegst du?" „Mhh...Ich denke an morgen." Sagte ich so ausdruckslos wie möglich. Birte mischte abwartend die Karten. „Du kannst mich alles fragen, dass weißt du?" Ich nickte und wog dann den Kopf von der einen zur anderen Seite. „Ich war noch nie...ich hatte noch nie so eine Untersuchung." Schulterzuckend sah ich sie an.
>Oh, wie peinlich<
Birte guckte kurz fragend, legte die Karten zu Seite und nickte dann. „Du meinst du warst noch nie beim Gynäkologen?" Ich nickte, sah auf meine Hände und knibbelte an meinen Nägeln. Birte lächelte mich an. „Also vor weg, ich kenne Dr. May und sie ist wirklich vorsichtig und wird dir genau erklären was sie tut. Du hast schon von dem berühmten Stuhl gehört?" Ich sah zu ihr auf und verzogdas Gesicht. Birte erzählte mir etwas darüber, über den Ablauf einer Untersuchung und ihren Erfahrungen. Nachdem sie geendet hatte sah ich sie dankend an, so viel wie sie mir erzählt hat, hätte ich nicht zu fragen gewagt und sie hatte den Schleier über dem großen angsteinflößenden Wort ~Gynäkologische Untersuchung~ etwas gelüftet. Die Worte kamen einfach so aus meinem Mund ohne das ich darüber nachgedacht hatte. „Mama hat darüber nie mit mir gesprochen." Ich sah erschrocken auf, konnte die Worte, aber nicht zurück nehmen.
>Mama....<
Sie rückte näher an mein Bett heran und nahm meine Hände in ihre. Während sie sprach ließ sie den Blick auf unseren Händen ruhen. „Das tut mir leid." Sie streichelte monoton mit den Daumen über meine Hände. „Ich hätte mehr von ihr erwartet. Generell weiß ich grade gar nicht mehr wer Maria eigentlich ist." Sie schüttelte traurig den Kopf. „Mama hat mir nie was getan, sie hat mich versorgt, wenn es mal wieder schlimm war. Ihr ist die Familie wichtig und das tut mir so weh, ich hab das kaputt gemacht." Flüsterte ich. Birte sah zu mir auf und schüttelte den Kopf. „Du hast nichts kaputt gemacht. Daran ist in erste Linie dein Vater schuld und deine Mutter hätte dich vor ihm beschützen müssen!"
Verzweifelt kämpfte ich mal wieder mit den Tränen. Birte rutschte zu mir aufs Bett und legte den Arm um mich, so das ich mich an ihre Schulter kuscheln konnte. „Was Mama wohl macht und wie es ihr geht." Murmelte ich vor mich hin.
Birte drückte mich an sich. „Wenn du das wirklich wissen möchtest, kann ich sie morgen mal anrufen." „Das würdest du wirklich tun?" „Becky, ich werde mit ihr sprechen,aber ich halte mich daran das ihr erst Mal keinen Kontakt habt." Ich schüttelte den Kopf. „Ich trau mich das grade eh nicht, aber es wäre sehr lieb von dir." „Okay." Sie nickte.
>Ob sie wohl sauer auf mich ist...<
Es klopfte und Schwester Anke stellte sich vor. Sie grinste Birte an und ließ dann ihren Blick auf mir ruhen. „Ich gebe dir noch was gegen die Schmerzen. Möchtest du auch etwas zum schlafen?" Ich nickte und bedankte mich. Sie verabreichte mir die Medikamente und verabschiedete sich. Ich sah zu Birte auf. „Würde es dir etwas ausmachen morgen bei der Untersuchung dabei zu sein?" „Becky, wenn du das möchtest. Natürlich." „Danke." Nuschelte ich an ihrer Schulter. Sie zog langsam den Arm von mir und stand auf. „Dann probier mal etwas zu schlafen und schau nicht die ganze Nacht TV." Sie lächelte mich liebevoll an und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
Ich hatte es tatsächlich geschafft ein paar Stunden zu schlafen. Bis mich die Nachtschwester weckte, weil ich wohl einen Albtraum hatte und geschrien habe. Ich konnte mich nicht an den Traum erinnern, was wohl nicht das schlechtest war.
>Jede Erinnerung tat weh<
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Chance
Любовные романыgirlxgirl Story Dunkel, voller Gewalt und Angst war ihre Kindheit und frühe Jugend. In den Händen des Systems fand sie einen Weg hinaus aus der Dunkelheit, zu sich selbst und mehr noch, sie fand Menschen die an ihrer Seite standen, zu ihr standen...