16.1 Neue Zeit

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Ich fühlte mich wie kurz vor einem Zusammenbruch, meine Gefühle und Gedanken fuhren Achterbahn und ich konnte nur angestrengt Atmen. „Was kannst du uns zu den Malen an deinem Hals sagen?" Schreckte mich der Polizist aus meinen Gedanken.

>Mal wieder verriet mein Körper mich<

Ich ließ den Kopf sinken und erzählte auch das letzte bisschen seines Überfalls. Als alle Fragen geklärt waren, wurde beschlossen das ich im Anschluss ins Krankenhaus muss um mich dort noch mal genauer Untersuchen zu lassen. Dort angekommen, war das einzig positive das ich Nadine dazu bringen konnte, nach Birte zufragen, da sie meines Wissens nach Dienst hatte.

>Ich brauchte sie an meiner Seite<

Als mich grade eine Ärztin untersuchte klopfte es und Birte trat ins Zimmer. Sofort legte sich ein lächeln auf mein Gesicht. Sie jedoch sah mich besorgt an, als sie zu uns kam. Die Ärztin unterbrach kurz ihre Untersuchung und sie schloss mich in ihre Arme. Mir war in diesem Moment nichts peinlich, auch nicht die Tatsache, das ich nur noch ein Top trug.

>Hauptsache sie war da<

„Becky, Schätzchen. Nadine hat es mir schon erzählt." Nuschelte sie in meine Haare. Ich nickte nur. Wir lösten uns von einander und Birte nahm neben mir platz und hielt meine Hand. Die Ärztin betastete meinen Hals und meine Arme ein weiteres Mal und schob sich mit ihrem Hocker dann vor einen Computer und schrieb einiges auf. Sie berichtete, dass es bis auf die Blutergüsse keine weiteren Verletzungen gäbe. „Gott sei dank." Entfuhr es Birte. Ich zog mir schnell mein Shirt wieder über den Kopf und Birte streichelt mir aufmunternd über den Rücken. Wir verließen den Raum, vor dem Nadine und Hr. Malik warteten. Alle zeigten sich erleichtert, dass es nichts schlimmeres war. Birte verabschiedete sich von uns und versprach mir am Abend anzurufen. Nadine hatte Andy verständigt, dass Hr. Malik uns zurückfahren würde, da es noch einiges zu klären gäbe. Als wir am Haus ankamen, war es bereits Nachmittag und alle waren zuhause. Ich sah Lotta im Flur die mich fragend ansah und auch Jason kam aus dem Esszimmer und schaute skeptisch um die Ecke. Nadine lotste Hr. Malik und mich sofort durch ins Büro. Moritz stellte Kaffee hin und ich bekam auf Wunsch ein Glas Saft.

Hr.Malik zeigte sich sehr unzufrieden mit der derzeitigen Situation. Erst der Zwischenfall mit meiner Oma und nun der Übergriff meines Onkels. Der Versuch des Jugendamtes mich Heimat nah unterzubringen um mich in meinem gewohnten Umfeld zu belassen, sei nicht mehr tragbar. Ich verstand nur Bahnhof, sah aber an Nadines Gesicht das es sich um nichts gutes handeln konnte. Sie versuchte ein paar Einwände und sprach darüber wie ich mich eingelebt hatte und ich nickte passend dazu. Hr. Malik schüttelte nur den Kopf und wand sich dann mir zu. „Rebecca, ich werde eine andere Unterbringung für dich suchen." Ich hielt die Luft an und atmete dann schnell ein. „Was?" Er sah mich beruhigend an und erklärte mir einiges. Ich hörte ihm nicht zu und unterbrach ihn. „Ich muss umziehen?" Brach es hysterisch aus mir raus. Er nickte. „Ich war schon im Gespräch mit einer anderen Einrichtung und werde da nun druck machen." „Was? Nein!" Schrie ich ihn an und sah hilfesuchend zu Nadine. Sie verzog unglücklich das Gesicht und senkte den Blick. Hr. Malik versuchte mich zuberuhigen, aber ich wollte mich nicht beruhigen.

>Fassungslosigkeit...Ohnmacht<

Ich hatte ihn heute das erste Mal gesehen und schon stellte er mein Leben auf den Kopf. Wieder ein Mal brach alles zusammen, ich hatte grade eine Art der Normalität gefunden und er wollte sie mir weg nehmen. „Nein!" Sagte ich wieder und mir schossen die Tränen in die Augen. Doch er schüttelte den Kopf, bekundete sein mitgefühlt, aber er müsste im besten Sinne für mich entscheiden. Ich sprang auf und lief zur Tür. Nadine wollte etwas sagen, aber Hr. Malik ließ mich gehen. Tränen überströmt lief ich in mein Zimmer und warf mich weinend auf mein Bett. Ich ignorierte alles und jeden. Wollte nichts hören oder sehen. Außer den Anruf von Birte. Den ich entgegen nahm und brachte unter vielen Tränen heraus was passiert war und was passieren soll. Auch ihr war das Entsetzten deutlich anzuhören, aber sie versprach mir immer wieder das wir Kontakt halten würden, egal wohin ich umziehen müsste. Beruhigen konnte mich das nur wenig. Nach dem Gespräch lag ich starr auf meinem Bett und fühlte mich taub.

>Erst Oma und dann mein Onkel<

Es fühlte sich an, als würde ich erneut bestraft, nur wofür wenn ich doch an nichts schuld sein sollte. Zweifel machten sich in mir breit und dann kam der Hass, auf alles und jeden. Vor allem auf meinen Vater der schuld daran war und sich dann auch noch einfach so umgebracht hatte. Ich lachte hysterisch und schlug auf mein Kissen ein, immer wieder bis ich nicht mehr konnte. Dann warf ich es auf den Boden. War blind vor Wut und Hass, so stand ich auf und riss alles aus dem Regal, fegte mit meinem Arm den Schreibtisch ab und brach weinend auf dem Boden zusammen.

Lotta stand ängstlich in meiner Zimmertür und rief um Hilfe. Katja und Moritz kamen zu mir geeilt und versuchten die Situation in den Griff zu bekommen. Irgendwann saß ich zitternd und weinend in den Armen von Katja am Boden und Moritz räumte mein verursachtes Chaos so gut es ging auf.

Ich bekam gar nicht mit was geschah bis ein Notarzt vor mir auf dem Boden hockte und mir etwas zur Beruhigung spritzte. Sie legte mich aufs Bett und Katja blieb bei mir am Bett sitzen und streichelte mich beruhigend, bis alles um mich dunkel wurde.

Erst am nächsten Tag wurde ich wach und fühlte mich völlig gerädert, der Blick auf meinen Wecker verriet mir das es bereits nach 10.00 Uhr war. Als ich mich auf die Bettkante setzte und versuchte meine Gedanken zu sortieren, klopfte es und meine Tür wurde von Nadine geöffnet. Sie setzte sich zu mir und erklärte mir die Situation von gestern, das ich kurz vor einer Klinikeinweisung gestanden habe, wenn der Notarzt es für nötig befunden hätte. Wir sprachen über den gestrigen Tag und so langsam kamen die Erinnerungen zurück.

>Es war kein Alptraum<

Schockiert sah ich mich in meinem Zimmer um und dann wieder zu Nadine. „Scheiße." Brachte ich hervor. Sie streichelte mir über den Rücken. „Also muss ich wirklich weg von hier?" Nadine nickte betreten und atmete tief durch. „Hr. Malik hat sich wirklich viel mühe gegeben und mich vorhin bereits angerufen." Ich heftete meinen Blick auf sie. „Was soll das heißen?" Sie nahm meine Hand und hielt sie fest. „Am Montag Becca. Montag wirst du bereits umziehen." Ich ließ mich gegen sie sinken und sie schloss mich in ihre Arme. „Wohin?" Brachte ich flüsternd hervor. Nadine drückte mich fester an sich. „ In die nähe von Hannover." „Was! Das ist ein ganz anderes Bundesland!?" Schockiert starrte ich sie an. Nadine fuhrt mir nachdenklich durchs Haar. „Richtig. Es soll ein kompletter Neuanfang für dich werden."

>Wieder alles Neu und Anders<

ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt