Mir stiegen wieder die Tränen in die Augen und ich konnte sie nicht zurückhalten. „Ich bin doch schuld." Brachte ich wimmernd hervor. Birte reichte mir ein Taschentuch und streichelte mir über die Schulter. Frau Schwarz schüttelte den Kopf. „Nein, du bist nicht schuld. Das hat man dir eingeredet und ich weiß das es schwer ist das zu glauben, aber du trägst wirklich keinerlei Schuld daran."
„Aber...Wo soll ich denn hin?" Wimmerte ich. Sie griff in ihre Tasche und legte mir einen Flyer auf den Schoß. „Das ist eine unserer Kinder-und Jugendhilfe Einrichtungen. Sie freuen sich dort auch schon auf dich und noch ein Vorteil, wie ich hörte gehst du gern zur Schule?" Ich nickte zögernd. „Das Haus ist ganz in der nähe und du kannst deine alte Schule weiter besuchen." Ich sah auf den Flyer in meinem Schoß und betrachtete ihn kurz. Birte nickte mir liebevoll zu.
>Fuck off, Karten auf den Tisch<
„Aber warum kann ich denn nicht einfach zu meiner Mutter, wenn mein Vater weg ist? Sie hat nichts getan, wirklich. Flehte ich." Birte und Frau Schwarz atmeten synchron tief ein. Frau Schwarz begann wieder zu sprechen. „Auch deine Mutter hat Dinge getan und vorallem unterlassen, die falsch waren und dein Wohl gefährden. Das ist vielleicht für dich im Moment noch schwer nachzuvollziehen, aber auch Dinge wissentlich nicht zu tun, ist strafbar." Ich schloss die Augen und hielt mir die Hände vors Gesicht.
>Ich kann und ich will nicht mehr<
Mein Kopf fuhr hoch und ich sah zu Birte. Mit zitternder Stimme fragte ich nach dem Telefonat mit meiner Mutter. Von mir unbemerkt schüttelte Frau Schwarz den Kopf. Birte atmete tief ein. „Sie ist nicht ans Telefon gegangen." Ich senkte den Kopf und ließ die Tränen stumm ihren Weg finden. Mein Vater war die eine Sache, aber meine Mutter. Ich verstand was Fr.Schwarz sagte, aber konnte es nicht glauben. Ich lehnte mich Schutzsuchen zu Birte. Diese setzte sich zu mir aufs Bett und legte mir sogleich ihren Arm um die Schultern. Ich legte meine Hände in meinen Schoß und knetet sie. „Wann?" Brachte ich mühsam hervor. Frau Schwarz sah mich kurz irritiert an. „Wann muss ich dahin?" Sie nickte leicht. „Dein Arzt geht davon aus das du Freitag entlassen werden kannst." „Ich darf dazwischen nicht nach Hause, nicht mal kurz?" Sie schüttelte ihren Kopf. „Zumindest nicht alleine, in Begleitung mit jemandem von uns oder der Wohngruppe, kannst du nach Hause um deine Persönliche Dinge zu holen. Ansonsten findet bis auf weiteres kein unbegleiteter Kontakt zu deinen Eltern statt."
>Bämm<
Ich werde meinen Eltern in nächster Zeit nicht alleine begegnen. Das musste erst mal sacken. Frau Schwarz reichte mir ihre Visitenkarte. „Hast du noch Fragen?" Ich ließ den Blick schweifen und zuckte hilflos mit den Schultern. Dann schüttelte ich den Kopf. „Wenn dir noch etwas einfällt oder du Probleme hast. Dann ruf mich bitten an." Sie deutet auf die Visitenkarte mit ihrer Telefonnummer. Ich nickte schwach. Frau Schwarz erhob sich und reichte mir wieder ihre Hand. „Alles gute. Rebecca." „Tschüss." Zu mehr war ich grade nicht in der Lage. Auch Birte schüttelte sie kurz die Hand. „Begleiten sie mich raus." Birte nickte mir zu und ging dann gemeinsam mit Fr. Schwarz aus dem Zimmer.
BirtePOV
Auf dem Flur hielt Fr. Schwarz inne und drehte sich zu mir. Ich nehme an das das Telefonat mit ihrer Mutter nicht positiv verlaufen ist? Ich schüttelte den Kopf und atmete schwer ein und aus. „Ich bin geschockt, fassungslos. Da denkt man, man kennt jemanden und dann sowas." Fr. Schwarz nickte mir zu. „Ich hatte ebenfalls schon eine Unterhaltung mit Fr. Arndt. Sie sind befreundet?" „Ja, zumindest dachte ich das." „Sie dürfen nicht vergessen das sie sich in einer Ausnahmesituation befindet, aber unsere Sorge gilt Rebecca." „Natürlich, ich bin für Rebecca da und befürworte den Umzug in eine Jugendhilfe Einrichtung." Fr. Schwarz nickte mir zu. „Also, wenn alles so bleibt. Sehen wir uns am Freitag nehme ich an?" Ich nickte und wir verabschiedeten uns. Als ich das Zimmer von Rebecca wieder betrat sah sie zu mir auf und streckte beide Arme nach mir aus. Ich setzte mich sofort zu ihr aufs Bett und hielt sie im Arm.
„Becky.." Setzte Birte an, aber ich schüttelte den Kopf. „Bitte, jetzt nicht." So hielt sie mich einfach im Arm und schwieg. Nach einigen Minuten räusperte ich mich. „Danke." „Ich bin für dich da." Birte nickte und ließ ihre Hand auf meiner Schulter liegen und sah mich aufmerksam an. „Du kannst mich alleine lassen, ich muss das alles erst mal verarbeiten." „Bist du dir sicher, dass du allein sein möchtest?" Ich nickte.
>Geh bitte, dann kann ich zusammenbrechen<
Birte drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich bin sehr stolz auf dich, du hast heute eine Menge ertragen müssen. Zum Abendbrot komm ich wieder." Ich versuchte ein lächeln. „Bis Später." Sie verschwand aus der Tür. Ich rollte mich so gut es eben ging im Bett zusammen und zog mir die Decke über den Kopf. Das leichte Ziehen der Narben, ließ mich zumindest spüren das es Wirklichkeit war, grade fühlte sich nichts mehr echt an.
Ich hatte eine Zeitlang geweint, gebetet und dann doch Gott verflucht das mir das alles passieren musste. Ich fühlte mich dreckig. So klingelte ich nach einer Schwester und bat darum duschen gehen zu dürfen. Sie gab mir ein paar Hinweise was ich zu beachten hatte und wollte dann später wieder nach mir sehen. Ich suchte mir frische Kleidung und ein Handtuch aus der Tasche die Birte mir gebracht hatte und schlich zu den Duschräumen auf dem Gang.
>Unwohlsein machte sich breit<
Aber der drang duschen zu wollen war stärker. Als ich mich entkleidet hatte und unter der Dusche stand atmete ich mehrfach tief durch und entspannte mich tatsächlich ein wenig.
Nach dem Duschen stand ich in ein Handtuch gehüllt vor dem Spiegel und betrachtete mich. Bürstete meine hellbraunen leicht gelockten Haare, die mir locker über die Schultern fielen. Meine blauen Augen waren immer noch leicht rötlich und wurden von Augenringe untermalt. Ich war blass und sah abgespannt aus. Wie meine Mutter, wenn sie nach einer langen Schicht heim kam. Ich wendete mich vom Spiegel ab und zog mich an. Gedanken an meine Mutter konnte ich grade nicht gebrauchen. Zurück in meinem Zimmer, saß Birte bereits an meinem Bett und lächelte mich erwartungsvoll an. „Hat das Duschen geholfen?" Ich setzte mich auf die Bettkante. „War ganz okay." Die Schwester kam kurz darauf zu uns, brachte mir das Abendbrot und wechselte meine Pflaster. Birte schob mir das Tischchen mit dem Tablett drauf hin. „Abendbrot?" Ich fuhr mir durchs feuchte Haar und sah Birte skeptisch an. „Ich mag nichts essen." Birte zog die Deckel von den Tellern und deutet auf die Brühe. „Ein paar Löffel zumindest und eine Scheibe Brot." Sie hob fragend die Augenbrauen und sah mich bittend an. Ich seufzte kurz und nahm den Löffel in die Hand. Sie schnappte sich das Messer, schmiere und belegte mir liebevoll das Brot und lächelte mich an. „Jetzt musst du nur noch essen."
>Das hatte seit Jahren niemand mehr für mich gemacht<
Ich lächelte schief. „Du bist so lieb zu mir." Auch wenn es ironisch klang, meinte ich es ernst. Sie war seit dem ich hier aufgewacht war nicht von meiner Seite gewichen. Birte lächelte warm zurück. „Möchtest du reden?" Mit vollem Mund schüttelte ich den Kopfund legte den Löffel zur Seite. „Mein Kopf ist voll genug für heute. Kannst du mir nicht lieber noch etwas von dir erzählen?" Birte legte den Kopf schief. „Was möchtest du denn wissen?" „Irgendwas, was machst du gern in deiner Freizeit?" Sie lächelte deutend auf meinem Löffel. „Dann isst du aber noch ein bisschen was von der Suppe." Ich lächelte ergeben und sie erzählte mir einiges aus ihrem Leben, von Urlauben, Reisen in die USA und das sie und ihr Mann Motorrad fuhren und welche Touren sie schon unternommen hatten und was sie dieses Jahr geplant hatten. Birte konnte wirklich gut erzählen und so bemerkte ich nicht das ich die gesamte Suppe gegessen hatte und grade in das Brot biss. Sie nahm dies mit Freude zur Kenntnis, was mir nicht entging. Wir verfielen wieder in einen lockeren Smalltalk und meine aufgewühlten Nerven entspannten sich etwas.
>Sie ist die beste<
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Chance
Roman d'amourgirlxgirl Story Dunkel, voller Gewalt und Angst war ihre Kindheit und frühe Jugend. In den Händen des Systems fand sie einen Weg hinaus aus der Dunkelheit, zu sich selbst und mehr noch, sie fand Menschen die an ihrer Seite standen, zu ihr standen...