Nadine legte nun beide Arme um mich und hielt mich fest. Ich weinte haltlos. Sie flüstere mir beruhigend zu und strich mir durchs Haar. Ich atmete mehrfach zitternd ein und aus und versuchte mich zu beruhige. Andy schob Taschentücher in mein Sichtfeld, die ich mit einem Kopfnicken nahm. Nach weiteren Minuten die sich anfühlten sie Stunden, brachte ich mit kratzender Stimme hervor. „Also bleibe ich für immer hier?" Nadine räusperte sich. „Für immer vielleicht nicht. Aber auf längere Sicht schon, ja."
Ich nickte ohne das alles wirklich zu begreifen. „Magst du dir mal eben das Gesicht waschen?" Fragte Andy zaghaft. Ich nickte wieder und stand auf und ging in das Bad am Ende des Flures. Mehrfach wusch ich mir kalt das Gesicht ab, spürte es jedoch kaum. Nadine betrat leise das Bad und bleib hinter mir stehen. Ich krallte mich ans Waschbecken und sah sie durch den Spiegel an. Sie nahm ein Handtuch und reichte es mir. Dann strich sie mir durchs Haar und brachte sie ein wenig in Ordnung. „Geht's wieder?" Ich atmete tief durch und nickte. Gemeinsam gingen wir wieder ins Esszimmer und setzten uns zu Andy.
Er sah mich betrübt an und legte kurz seine Hand auf meine Schulter. Ich nickte leicht.
„Was hat sie noch gesagt?" Andy stutzte kurz. „Fr. Schwarz?" Ich nickte wieder. „Ähm... das sie bei Gericht einen Antrag für einen Vormund für dich gestellt hat. Also das heißt, eine neutrale Person außerhalb von uns, wird dich rechtlich vertreten, bis du volljährig bist. Das kann ein bisschen dauern, aber dann kommt der oder diejenige her und stellt sich dir vor und wird dir alles erklären."„Also haben meine Eltern nichts mehr zu sagen?" Nadine und Andy nickten gleichzeitig. „Das heißt es." Sagte Nadine. Ich nickte schwach. „Okay." Nadine griff nach dem Stift auf ihrem Block und spielte damit. „Ich weiß es überfordert dich grade alles, aber besser du erfährst es jetzt von uns, weil wir auch nicht wissen wie deine Mutter reagieren wird." Ich sah zu ihr hoch. „Weiß sie es schon?" Nadine nickte. „Davon ist auszugehen. Wir möchten den Kontakt zwischen euch so gering halten wie möglich. Sprich ich werde mich mit deiner Mutter zusammen setzten und du gehst mit Andy in dein Zimmer. Keiner von uns meint es böse, aber wir werden ein eventuelles Gespräch was sie an dich richtet unterbinden." Ich nickte wieder und ließ ihre Worte in meinem Kopf nachklingen. Nadine strich mir erneute über den Rücken. Andy räusperte sich. „Ich bring dann schon mal die Kartons in den Bulli." Nadine nickte ihm zu und er verschwand aus dem Raum.
Sie stütze ihren Kopf mit der Hand ab und sah zu mir rüber. Ihre rechte Hand ruhe weiterhin auf meinem Rücken. „Wir sind bei dir, du bist nicht allein." Flüsterte sie mir zu. Ich sah sie an und lächelte schwach. „Danke." Sie setzte sich etwas auf. „Dann bringen wir es hinter uns." Sie stand auf und sah mich abwartend an. Ich schlich praktisch an ihr vorbei zum Bulli und ließ mich auf die Rückbank fallen.
Andy saß bereits am Steuer und Nadine stieg vorn zu ihm ein. „Musik?" Fragte Nadine und blickte zu mir nach hinten. „Gerne." Sie schaltete das Radio an und drehte es etwas lauter. Bon Jovi sang It'sMy life. Und 'Better stand tall when they're calling you out....Don't bend, don't break, baby, don't back down' halte durch meinen Kopf. Wie passend.
>Es ist mein Leben...Ich werde nicht zerbrechen<
Ich sah aus dem Fenster ohne wirklich etwas wahrzunehmen, war tief in meinen Gedanken versunken die von der Musik untermalt wurde. Bis Andy den Wagen stoppte und ich mehrfach blinzelte, nur um festzustellen das er in unserer Hauseinfahrt geparkt hatte und ich freie Sicht auf mein Elternhaus hatte. Es stand dort als stummer Zeuge der Zeit, ohne je ein Wort darüber zu verlieren was in ihm passiert war. Alle atmeten wir tief durch und Nadine drehte sich zu mir um. „Wir schaffen das!" Andy nickte zustimmend.
Sie stiegen aus und ich brauchte eine paar Sekunden länger um mich aufzuraffen. Wir standen gemeinsam vor dem rot geklinkertem Haus mit weißer Eingangstür und weiß gerahmten Fenstern. Das Herzlich Willkommen Schild an der Tür verhöhnte mich gerade zu. Ich sah mich um. Alles war wie immer, so normal. Nadine ging vorweg und Andy legte mir leicht seine Hand in den Rücken und führte mich hinter ihr her. Sie drückte auf die Klingel. Und ich konnte mich an ihren klang erinnern.
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Chance
Romancegirlxgirl Story Dunkel, voller Gewalt und Angst war ihre Kindheit und frühe Jugend. In den Händen des Systems fand sie einen Weg hinaus aus der Dunkelheit, zu sich selbst und mehr noch, sie fand Menschen die an ihrer Seite standen, zu ihr standen...