Ich wiege den Kopf ein wenig hin und her. „Weiß du wer die Schule informiert hat? Sonst fehle ich schon eine Wochen unentschuldigt." Birte schüttelt mit dem Kopf. „Auch danach solltest du Frau Schwarz fragen, aber ich denke das es da keine Probleme geben wird. Freust du dich auf die Schule? Deine Freunde dort?" Ich nicke leicht und wir gehen schweigend weiter. „Die Schule macht mir Spaß und na ja Freunde hab ich da nicht wirklich, aber ich komm gut klar." Sie nickt zustimmend. „Möchtest du noch eine Runde gehen oder gehen wir wieder rein?" Fragt Birte als wir an unserem Ausgangspunkt angekommen sind. „Ich würde gern noch eine Runde gehen." Sie nickt mir zu und gemeinsam folgen wir wieder dem gepflasterten Weg. Langsam atme ich ein paar mal tief ein und aus und lasse den Blick auf meine Füße gerichtet. „Ich weiß gar nicht wie ich dir für alles danken soll." Ich spüre Birtes Blick auf mir und sie bleibt stehen. Auch ich bleibe stehen und wende mich ihr zu, hebe langsam meinen Blick zu ihren Augen und versuche ein kleines lächeln. „Du warst die ganze Zeit für mich da und kanntest mich doch kaum, ich weiß das das nicht selbstverständlich ist. Selbst Mama..." Ich räuspere mich schnell. „Selbst sie hat sich zuhause, wenn ich Krank war nie so intensiv um mich gekümmert." Birte lächel bedrückt. „Becky...du musst mir dafür nicht danken. Ich hab es gern gemacht und werde dir auch weiterhin so gut es geht helfen. Ich weiß was du meinst, du bist Marias Tochter, wir haben uns mal gesehen, wenn ich da war, da hatten wir wenig Kontakt, aber was ich damit sagen will. Egal wie mein Verhältnis zu deiner Mutter grade aussieht, sie war und ist mir wichtig, also auch ihre Familie, darum bist du genau so wichtig und ich möchte das es dir gut geht. Zu dem weiß ich wie es bei euch in der Familie so aussieht und das da keiner ist, der sich hätte kümmern können." Ich nickte bedächtig und wende mich zum gehen, sie folgt mir und wir gehen langsam weiter. „Oma und Opa sind nicht so mobil und ich hätte es ihnen nicht zumuten wollen." Ich machte eine ausladende Geste mit der Hand. „Den ganzen Scheiß miterleben, wo sie es gewohnt sind das wir an allen Feiertagen als heile Familie da aufkreuzen. Mein Onkel war immer mehr an seinem Bruder interessiert als an uns als Familie und mehr gibt es gar nicht." Birte streichelt mir kurz über den Rücken und lächelt mir aufrichtig zu. „Siehst du und ich war da und mache es gern. Alles kein Problem." „Du warst die ganze Woche nicht arbeiten, wie ging das eigentlich?" Sie lacht kurz auf.
>Ich mag es, wenn sie lacht, sie lacht so aufrichtig und ansteckend<
„Wir sind zwar ein Wirtschaftsunternehmen, aber zum Glück ein soziales und sie haben ihr Herz noch nicht verloren. Deine Mutter, hatte hier immer einen guten Ruf und so wollten alle helfen, als deine Situation ans Licht kam. Ich als ihre engst Freundin hier, hab ein Gespräch geführt und es war okay, dass ich erst Mal an ihre Stelle rücke und mich kümmere. Die Anderen haben meine Dienste übernommen." Verstehend nicke ich. Wir haben den Teich bereits umrundet und befinden uns auf dem Weg ins Gebäude. Birte sieht auf ihre Armbanduhr. „Wir waren fast zwei Stunden hier." Ich lächel sie dankbar an und gehe mit ihr in Richtung der Aufzüge. „Gleich gibt es schon wieder Abendessen. Hier dreht sich der ganze Tag um das Essen." Ich kichere leicht und Birte stimmt mit ein. „Ja das ist wohl wahr und wehe es kommt mal nicht pünktlich."
Zurück in meinem Zimmer lasse ich mich aufs Bett fallen und verziehe kurz das Gesicht. Birte ist sofort an meiner Seite. „Hast du Schmerzen?" „Na ja das war wohl etwas zu schwungvoll und da hat es gezogen, aber sonst nicht." Sie lächelt zufrieden, hilft mir beim hinsetzten und schüttelt mein Kissen auf, so jetzt mit weniger Schwung. Ich lege mich langsam zurück und strecke ihr die Zungenspitze raus. „Na na na, nicht frech werden, junge Dame." Wir lachen beide. Es ist so schön, sie lachen zu hören, es vertreibt mir ein ums andere Mal die dunklen Gedanken die immer in meinem Hinterkopf schwelen.
Pünktlich um 18.00 Uhr klopft es und das Abendessen kommt. Birte geht kurz darauf und holt sich ebenfalls etwas. Als sie wieder kommt grinst sie breit und stellt mir einen weiteren Joghurt aus Tablett. „Es lohnt sich Freunde in der Kantine zu haben." Ich nicke grinsend und wir essen gemeinsam und unterhalten uns dabei über ihre Arbeit. Besser gesagt ich löchere sie mit Fragen, da meine Mutter zuhause nie viel erzählt hat. Mich interessiert alles was zu ihren Aufgaben gehört, auch die ekligen Sachen. Birte amüsiert sich darüber. „Das hast du von deiner Mutter. Die hat auch beim Essen über alles reden können ohne das Gesicht zu verziehen." Es klingt fast, als würde sie über eine andere Person reden, aber ich muss mich wohl damit abfinden, dass meine Mutter zwei Gesichter hat.
>Ach Mama...<
Ich wische die Gedanken an meine Mutter weg und frage Birte nach ihrem Mann und seinem Job. Der als KFZler damit so gar nicht anfangen kann. Er hört sich ihre Geschichten wohl bereitwillig an, aber zu viele Details will er nie. Sie grinst bei dem Gedanken, wenn sie im Redefluss ein ums andere Mal zu viel erzählt hat und Ihr Mann leicht Grün im Gesicht, das Thema gewechselt hat. Ich kann es mir bildlichen vorstellen, auch wenn ich ihn nie gesehen habe. Es freut mich das sie eine glückliche Ehe führt. „So was kenne ich garnicht. Mama hat nie viel erzählt und mein Vater hat sich nicht dafür interessiert. Da er selbst seinen Job verloren hatte, war es auch eher ein Streitthema, als etwas wo gern drüber gesprochen wurde." Ohne das es mir bewusst war, hab ich den Gedanken an meine Eltern laut ausgesprochen. Birte senkt ihren Blick und nickt. „Ich weiß. Entschuldige bitte, ich hab nicht drüber nachgedacht. Ich weiß wie schwierig die Situation mit deinem arbeitslosen Vater ist." Ich schüttelte den Kopf und sehe sie beruhigend an. „Ich hab nach deinem Mann gefragt und der Gedanke kam einfach so. Kein Problem." Sie streckt sich kurz und schaut auf mein Tischchen und fixiert das Kartenspiel. Ich folge ihrem Blick und lächle. „Willst du wieder verlieren?" „Ha...Fang an zu mischen, heute hab ich ein sehr gutes Gefühl." Ich grinse schief und schnappe mir die Karten. Nachdem Birte mal wieder drei Runde verloren hat, aber okay auch zwei Gewonnen, lässt sie mir den Sieg. Als wir die Karten zusammen sammeln, kommt die Schwester rein und verabreicht mir meine Abendmedikation. Wobei ich heute das Schlafmittel ablehne, da ich mich schon müde fühle und es erst Mal ohne probieren möchte. Was Birte anerkennend abnickt. Kurz darauf verabschieden wir uns voneinander und Birte schlüpft mit einem grinsen „Bis Morgen" durch die Tür. Ich liege in meinem Bett und lächle leicht. Ich fühle mich okay, wie lang ist das her.
>Entspannung<

DU LIEST GERADE
Chance
Romancegirlxgirl Story Dunkel, voller Gewalt und Angst war ihre Kindheit und frühe Jugend. In den Händen des Systems fand sie einen Weg hinaus aus der Dunkelheit, zu sich selbst und mehr noch, sie fand Menschen die an ihrer Seite standen, zu ihr standen...