Illegaler als Mord

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Deep in the ocean, dead and cast away,
where innocence is burned in flames,
a million miles from home, I'm walking ahead,
I'm frozen to the bones, I am.

(Woodkid - Iron)

Als es nachts um halb drei an seiner Tür klopfte, dachte Charlie, die Stachelbuckel-Jungen würden endlich schlüpfen. Sie waren schon eine Woche überfällig, das ganze Reservat wartete ungeduldig auf die ersten Risse in den Eiern. Er war enttäuscht, dass es nur sein Bruder war. Und die Enttäuschung nahm zu, als er bemerkte, dass Ron betrunken war. So richtig. „Wie hast du in diesem Zustand eine Langstreckenapparation geschafft?", fragte Charlie, ohne ihn überhaupt begrüßt zu haben.

„Wa...?", machte Ron und hickste, verzog das Gesicht.

Charlie verdrehte die Augen. „Komm rein", sagte er und weil Ron keinerlei Anstalten machte, sich selbst vom Türrahmen zu entfernen, zog Charlie ihn an seinem Umhang in die kleine Unterkunft und bugsierte ihn zur Couch hinüber. Ron fiel einfach nach hinten, als die Polster sich in seine Kniekehle drückten. Er stöhnte und schloss die Augen. „Was machst du hier?", fragte Charlie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Ron nuschelte etwas, das wie „Musmahas" klang und rülpste.

Charlie schüttelte den Kopf und ging hinüber ins Bad. Irgendwo musste er hier noch einen Ausnüchterungstrank haben. Er schob einen Tiegel mit Brandsalbe und einen Schmerztrank zur Seite, gab einen überraschten Laut von sich, als er einen längst abgelaufenen Verhütungstrank fand, und stieß schließlich auf das bekannte bauchige Fläschchen mit dem lindgrünen Inhalt. Es war das letzte, er musste sich unbedingt Nachschub besorgen, bevor Marian aus dem Urlaub kam.

Ron schnarchte, als Charlie ins Wohnzimmer zurückkehrte. „Nicht zu fassen", murmelte er und rüttelte ihn an der Schulter, bis er knurrte. „Du wirst nicht besoffen auf meiner Couch schlafen, ohne mir zu sagen, was überhaupt los ist, Brüderchen." Er entkorkte die Phiole und hielt den Flaschenhals an Rons Mund. „Trinken!", befahl er, „Damit hast du ja offensichtlich Erfahrung."

Tatsächlich öffnete Ron den Mund, als er die Flüssigkeit an seinen Lippen spürte. Mit jedem Schluck wurde er wacher und als Charlie die leere Phiole auf den Tisch hinter sich stellte, stöhne Ron laut und presste die Handballen an den Kopf. „Was war das für ein Zeug?"

„Ausnüchterungstrank", sagte Charlie und feixte. Die Kopfschmerzen waren höllisch, aber sie hielten nur zwanzig Minuten an und morgen würde es ihm gut gehen.

„Ich hasse dich", murmelte Ron.

„Tust du nicht. Und jetzt erzähl, was du nachts um halb drei betrunken in Rumänien machst."

Ron blinzelte, runzelte die Stirn. „Scheiße", sagte er dann kaum hörbar.

„So schlimm?"

Er hob den Blick. „Schlimmer." Schluckte. Und schluckte nochmal. „Rose stirbt, Charlie."

Der konnte quasi dabei zuschauen, wie Ron die Farbe aus dem Gesicht wich. Und er fühlte sich, als würde ihm gerade das Gleiche passieren.

„Mir wird schlecht", murmelte Ron und presste sich die Hand vor den Mund.

„Da vorn", sagte Charlie und deutete auf die Tür zum Bad.

Ron stolperte an ihm vorbei und schlug laut die Tür hinter sich ins Schloss.

Charlie fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Sein Herz pochte wild gegen seine Rippen. Er wusste natürlich, wie es um seine Nichte stand. Er wusste auch von Snapes Unterlagen, Bill hatte ihm neulich davon erzählt, direkt nachdem er von Louis' Geburt berichtet hatte (viel zu ausführlich, wenn es nach Charlie ging). Und von seinen vergeblichen Versuchen, den darauf liegenden Verschlüsselungszauber zu brechen. Trotzdem hatte er gehofft, dass Bill oder einer seiner Kollegen einen Weg finden würde, diese Pergamente zu decodieren. Offensichtlich war dem nicht so.

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