Jenseits

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Whatever you do,
don't pay the ferryman!
Don't even fix a price!
Don't pay the ferryman
until he gets you to the other side.

(Chris de Burgh – Don't Pay the Ferryman)

War es richtig gewesen, Hermine einfach so gehen zu lassen?

Ron starrte mit gerunzelter Stirn an die Decke. Es war weit nach Mitternacht, seine Augen juckten und er konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen, aber das hinderte seinen Kopf nicht daran, die immer gleichen Gedanken umherzuwälzen, bis sie keinen Sinn mehr ergaben.

Diese Anzeichen, die Fayette genannt hatte ... Er hatte sie alle an Hermine bemerkt. Jedes einzelne. Aber musste das wirklich heißen, dass sie diejenige war, die dieses Buch haben wollte? Würde sie so etwas wirklich tun? Würde sie ihn wirklich obliviieren?

Er konnte ... wollte ... sich das nicht vorstellen. Allein der Gedanke fühlte sich so falsch an, dass ihm ganz schlecht davon wurde. Er hatte Harry nicht sagen können, was für einen schrecklichen Verdacht er hatte, und Hermine hatte er damit auch nicht konfrontieren können. Wenn's richtig mies lief, würde er deswegen beide verlieren.

Harry hatte es ihm jedenfalls übel genommen, dass er ihm nichts erzählte. „Du hast es schon mal mit dir ausgemacht, bis jemand deine Erinnerungen gelöscht hat, Ron! Wie oft willst du den Fehler noch machen?", hatte er ihn gefragt, als sie nach dem Gespräch mit Fayette zurück in sein Büro gegangen waren. „Wer auch immer es ist, wir kriegen das hin!"

Aber das würden sie nicht hinkriegen. Wenn wirklich Hermine diejenige war, die dieses Buch besorgt hatte, dann würden sie das nicht hinkriegen. Daran würde ihre Freundschaft zerbrechen. Ron war mehr als einmal beinahe der Grund dafür gewesen, dass das passiert war, er würde es nicht nochmal riskieren, ohne sich sicher zu sein.

Ein leises Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Das Knistern einer Bettdecke. Ron schloss kurz die Augen. Es war nicht das erste Mal in dieser Nacht, dass er es hörte. Er hatte Roses Zimmertür und die vom Schlafzimmer weit offen stehen lassen; sein Gehör reagierte nicht so empfindlich auf sie wie Hermines. Sie schlief schon die ganze Zeit unruhig, bewegte sich viel. Er hielt die Luft an und lauschte. Dann begann sie zu weinen.

Seufzend stand er auf. Seine Beine taten weh, ohne dass er sagen konnte weswegen. Vielleicht hatte er zu viel mit Rose auf dem Boden gesessen, als sie am Nachmittag gespielt hatten. Er war das nicht mehr gewohnt.

Sie saß in ihrem Bett, als er ihr Zimmer betrat, wischte sich die Haare aus dem verschwitzten Gesicht. „Hey Muffin", sagte er leise und hob sie hoch.

„Mummy-y-y", weinte sie.

„Mummy ist nicht da. Meinst du, du könntest dich auch von mir trösten lassen?", fragte er und strich ihr über den Rücken.

„Nein! Ich – will – Mummy-y." Sie drehte den Kopf weg und weinte noch lauter.

Ron schloss die Augen. „Ja, ich auch", murmelte er leise. Rose wand sich so sehr in seinen Armen, dass er aufpassen musste, dass sie ihm nicht entglitt. „Tut dir was weh, Rose?", fragte er etwas lauter.

Mehr Weinen war die Antwort.

Er setzte sie zurück ins Bett und ging seinen Zauberstab holen. Wenn Rose ihm nicht antwortete, musste er anders herausfinden, ob sie nur einen Albtraum gehabt hatte und Hermine vermisste, oder ob es ihr nicht gut ging und er ihr einen der Tränke geben musste.

Aber sie beantwortete ihm die Frage, noch bevor er einen einzigen Diagnosezauber gesprochen hatte. Als er ins Kinderzimmer zurückkehrte, weinte sie so heftig, dass sie sich verschluckte, heftig zu husten begann und sich auf die Bettdecke erbrach. Es war also so eine Nacht. Für einen Moment war sie selbst davon so schockiert, dass sie ganz still wurde. Dann hob sie den Blick und schluchzte.

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