Der Ring und der Penny

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It's gonna get better for you.
You'll look back, you'll forget the pain.
It's gonna get better for you.
Watch it all just wash away.

(Sam Martin – It's gonna get better)

Er hatte früher Feierabend gemacht, um herzukommen. Wollte nicht, dass Julie es mitbekam. Nicht dass es sie stören würde. Jedenfalls glaubte er das nicht. Aber ... er wollte nicht, dass sie es wusste. Sein Kopf hatte diese fixe Idee gehabt, dass sie sich dafür bei Hermine entschuldigen könnte, wenn sie einander das nächste Mal sahen. Er hatte so oft mitbekommen, wie seine Mutter sich für seinen Vater entschuldigt hatte, er wollte Julie nicht in die gleiche Lage bringen.

Aber er musste mit Hermine reden. Unter vier Augen.

„Oh", sagte sie leise, als sie ihm die Tür öffnete. Dann rang sie sich ein Lächeln ab. „Hi, Domhnall."

„Hi", entgegnete er lahm. Sie sah müde aus und irgendwie als ob sie geweint hätte. „Hast du kurz Zeit?"

„Klar. Willst du reinkommen?"

„Können wir ... auch ein Stück gehen?" Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter und obwohl die Wolken mal wieder tief über der Küste hingen, zögerte Hermine nicht, nahm eine dünne Jacke vom Kleiderhaken und folgte ihm. „Willst du keinen Schlüssel mitnehmen?", fragte er irritiert, als sie einfach die Tür hinter sich ins Schloss ziehen wollte.

„Oh, ähm ... doch, natürlich. Warte kurz." Sie ging zurück ins Haus und schloss hinter sich ab, bevor sie ihm mit einer leichten Röte um die Nase folgte. „Also, was treibt dich her?", fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Domhnall rieb sich den Nacken. „Ich möchte mit dir reden", murmelte er.

„Okay."

„Über die ... Patenschaft."

„Das dachte ich mir." Sie schenkte ihm ein schmales Lächeln.

Domhnall seufzte, während sie langsam den Weg zu den Klippen einschlugen. „Hat Julie dir erzählt, warum ..." Er brach ab und verschränkte ebenfalls die Arme.

„Ein bisschen. Sie sagte, du hättest schlechte Erfahrungen mit Alkoholikern gemacht."

„Ja", sagte er und wandte den Blick zum Boden, während ihm Hitze ins Gesicht stieg. „Mein Vater war Alkoholiker."

„Das tut mir leid", sagte sie leise.

Er nickte. „Hat meine Mutter und mich verprügelt, wenn er betrunken war. Vor den Pubs randaliert, wenn sie ihn rausgeschmissen haben. Ich ... kann mich nicht erinnern, dass er mich jemals angelächelte hätte." Er schluckte schwer, glaubte das Brüllen seines Vaters hören zu können. Als würde er ihm wieder hinterherlaufen und Pantoffeln nach ihm werfen, nachdem er aus dem Haus geflüchtet war, um zu Moira und Muriel zu gehen.

„Das ist schrecklich, Domhnall", sagte Hermine entsetzt.

Wieder nickte er. „Ich hab mir geschworen, dass meine Kinder niemals ... niemals solche Erfahrungen machen werden."

Sie schwieg und als er sie ansah, presste sie die Lippen aufeinander und blinzelte, als hätte er sie aus ihren Gedanken gerissen. „Verstehe ...", murmelte sie und sah hinab auf den Boden.

„Wirklich?", fragte er und lachte freudlos.

„Ja." Sie zog die Nase hoch und lächelte schwach. „Ich würde jemanden wie mich wohl auch nicht als Paten für mein Kind haben wollen ... Deswegen wollte ich, dass ihr das wisst, bevor ... es zu spät ist."

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