Der Mantel, den es trägt

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Demon, demon, demon alcohol,
your kiss is so sweet,
think I'm ready for the fall.
Demon, demon, demon alcohol,
if I can't walk I can always crawl to you.

(Mick Harvey – Demon Alcohol)

Hermine fühlte sich ... irgendwie fremd in ihrem eigenen Körper. Ihre Haut prickelte, als Kälte direkt darunter explodierte, und sie registrierte am Rande ihres Bewusstseins, dass sie viel zu schnell atmete. Ihr Kopf pulsierte unter ihrem hämmernden Herzschlag, sie schwitzte und sie war sich nicht sicher, ob ihre Hände ihren Befehlen folgen würden. Je länger sie Snape anstarrte und mehr oder weniger unfreiwillig seinem stechenden Blick standhielt, desto weiter schien sich alles von ihr zu entfernen. Als würde sie unter eine Wasseroberfläche sinken. Bald gab es nur noch das Rauschen des Blutes in ihren Ohren und das erbärmliche Summen der Lebensenergie, das ihre Finger kribbeln ließ als würden sie in einem Ameisennest stecken.

„Mrs Weasley."

Sie schloss die Augen. Wünschte, er würde aufhören, sie so zu nennen. Und versuchte verzweifelt, die Kontrolle über den Sturm zu gewinnen, der gerade in ihr tobte. Ihr Herz pochte so wild gegen ihre Rippen, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie fühlte sich schwindelig, ihr war übel. Und eine leise, lange ignorierte Stimme in ihrem Kopf wisperte ihr zu, dass er recht hatte. Dass sie längst die Kontrolle über ihren Alkoholkonsum verloren hatte. Scheiße, sie hatte doch sogar Whisky in eine Eisteeflasche gefüllt und trug sie immer bei sich!

Hinter ihren geschlossenen Lidern brannte es. Sie biss sich hart auf die Innenseite ihrer Wange, um jetzt ja nicht zu weinen. Konzentrierte sich auf die Wut, die direkt neben den Tränen stand. Nicht weinen. Nicht vor Snape. Nicht so. Und es funktionierte, auch wenn sie schwer vermutete, dass sie dafür mal wieder ihre Lebensenergie missbrauchte; sie bekam es längst nicht mehr sofort mit, wenn das passierte. Egal. Jetzt kam es auch nicht mehr drauf an, oder? Sie hatte es verpatzt. Gründlich.

„Mrs ..."

„Ja!", sagte sie laut, bevor er schon wieder diesen Namen aussprach, der sie nur noch an das erinnerte, was sie verloren hatte. Hielt die Luft an, während die Stille sich in der Küche ausbreitete. „Ja ...", murmelte sie nochmal und fuhr sich mit flachen Händen über das Gesicht. Sie zitterten und Hermine hätte gern behauptet, dass das an dem Aufruhr in ihrem Inneren lag, aber sie wusste es besser. Sie hatte das in letzter Zeit öfter bemerkt, wenn sie versucht hatte, ohne den Alkohol klarzukommen.

„Sie haben recht", sagte sie leise und ließ ihre Hände sinken.

Snape zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Er sah auch nicht unbedingt gesund aus, seitdem er wieder wie er selbst aussah. Aber wann hatte er das schon mal? Hermine hatte wenig darüber nachgedacht, als er sie unterrichtet hatte. Er hatte nun mal in den Kerkern gelebt und war einer Profession nachgegangen, die nicht viel mit der Sonne zu tun hatte. Und später hatte sie angenommen, dass auch der Stress der Spionage nicht unbedingt hilfreich gewesen war. Inzwischen erkannte sie seine Blässe, die Schatten unter seinen Augen und sein niedriges Gewicht als das, was es war: Zeugen des Kampfes gegen die ungezähmte Lebensenergie.

„Was jetzt?", fragte sie schließlich.

Snape holte tief Luft. „Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder machen Sie es auf die magische oder die Muggelart."

„Das heißt?"

„Auf die magische Art dauert es zwei Tage, auf die Muggelart etwa eine Woche, bis der akute Entzug vorbei ist. Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, ist die magische Art belastender als die Muggelart."

Sie schloss kurz die Augen. Die Muggelart, dessen war sie sich sicher, bedeutete, einfach den Alkohol wegzulassen und den Entzug auszusitzen. Sicherlich würde es nicht eine Woche dauern, bis das Schlimmste vorbei war, oder? Aber ... gerade traute sie sich kaum einen Tag zu. „Die magische", sagte sie leise.

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