Bruder Ignatius

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Father, help me, do you understand?
All my life, I've been a wicked man.
Show me mercy and comfort me,
I need to find redemption.

(Hurts - Redemption)

Der Mann fiel Hannah sofort auf. Gut, um diese Uhrzeit war auch nicht viel los im Tropfenden Kessel, es war gerade mal kurz nach neun am Morgen. Die wöchentliche Lieferung Butterbier und Spirituosen war gerade angekommen und während Sue alles an seinen Platz räumte, hatte Hannah angefangen, die Gläser abzuwaschen, die letzte Nacht stehen geblieben waren. Heute Morgen um halb vier hatte sie wirklich keine Muße mehr dafür gehabt (um die Uhrzeit war kein Verlass mehr auf ihre Magie) und war lieber zu Neville ins Bett gekrochen, hatte ihn mit ihren kalten Füßen geweckt und mit den Schultern gezuckt, als er sie verschlafen gefragt hatte, woher sie die mitten im Hochsommer hatte.

Aber vermutlich wäre der Mann ihr auch zur Stoßzeit aufgefallen. Die Art, wie er aus dem Kamin stieg ... er stolperte mehr heraus, als wäre er noch nie so gereist. Und dann wiederum ... Er sah sich nicht mit großen Augen nach den verlöschenden Flammen um, also war das Flohnetzwerk wohl doch nichts Neues für ihn, nur vielleicht schon lange nicht mehr benutzt.

Er klopfte sich den Ruß von seiner Kleidung. Sie war locker eine Nummer zu groß, aber abgesehen von den Überbleibseln seiner Reise sauber. Mit einer kleinen Tasche in der Hand kam er zu ihr an den Tresen. „Haben Sie noch ein Zimmer frei?", fragte er.

Hannah nickte. „Klar. Für wie lange?"

Er holte tief Luft und zog die dunklen Augenbrauen in die Stirn. „Das weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Kann ich ein Zimmer auf unbestimmte Zeit anmieten?"

Sie lächelte und wandte sich zum Schlüsselbrett um. „Natürlich. Sagen Sie mir einfach einen Tag vor Ihrer Abreise Bescheid." Sie legte den Schlüssel für das Zimmer 4 vor ihm ab und zog das Notizbuch hervor, in dem sie die Namen ihrer Gäste und die Daten von Ankunft und Abreise notierte. „Wie ist Ihr Name?"

Der junge Mann hatte schon die Hand nach dem Schlüssel ausgestreckt und hielt jetzt kurz inne. „Oh, ähm ... Hayes. Seth Hayes."

- - -

„Ich geh schon", sagte Roger, als es an der Tür klingelte, und erhob sich ein bisschen schwerfällig von seinem Stuhl. Mary-Anne beobachtete es besorgt; seit über einer Woche machte sein Ischias ihm jetzt schon Probleme, aber er wollte ja nicht zu einem Heiler.

Sie seufzte und spießte eine Kartoffel auf, während ihr Mann hinter ihr vorbeiging und sich dabei so sehr auf die Lehne ihres Stuhls stützte, dass er unter ihr zitterte. Er musste unbedingt zu einem Heiler, so konnte das doch nicht weitergehen. Vielleicht konnte sie Trudie mal darauf ansprechen. Ihr Enkel war doch Heiler. Angehend, aber immerhin. Vielleicht konnte sie Roger dazu überreden, sich wenigstens mal von ihm untersuchen zu lassen. Vielleicht ...

„Du wagst es, hierher zu kommen?", unterbrach seine laute Stimme Mary-Annes Gedanken. „Wie kannst du nur?"

Sie zog die Augenbrauen hoch und drehte sich auf ihrem Stuhl herum, aber die Haustür konnte sie von hier aus nicht sehen. „Roger, wer ist denn da?", rief sie.

„Seth! Seth ist da!", donnerte er.

Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus, sie griff sich an die Brust. Und dann hämmerte es plötzlich so heftig los, dass ihr ganz schwindelig wurde. „Seth?", fragte sie schwach; sicherlich hatte Roger es nicht gehört.

„Bitte, ich war bei Evie, aber ...", hörte sie dann eine Stimme, die ... Mary-Anne schloss die Augen, als es ihr eiskalt den Rücken hinunterlief und die Luft um sie herum so dünn wurde, dass sie kaum noch atmen konnte.

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