Abschiede - Teil I

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Open up wide, swallow down deep,
no spoonful of sugar could make it sweet.
The cancer inside stealing my sleep,
night after night it keeps haunting me.

(FFH - Undone)

Seine Mum benahm sich komisch.

Ethan beobachtete das schon seit ein paar Tagen. Sie ließ ihn ständig fernsehen und setzte sich manchmal einfach zu ihm. Dabei hasste sie die Sendungen, die er guckte. Sie nahm ihn in den Arm, obwohl er das nicht mochte (schließlich war er doch schon groß und kein Baby mehr). Sie weinte oft und tat so, als würde er sich das einbilden, wenn er sie fragte, warum sie traurig war. Und wenn er nachts zu ihr ins Bett kroch, weil ihm der Kopf wehtat, dann zog sie ihn viel fester an sich als sonst und sagte: „Bald ist das vorbei." Aber sie sagte nie, was dann vorbei sein würde.

Auch Isaac war ständig da und spielte mit ihm. Ethan mochte Isaac, aber so oft war er sonst nie dagewesen. Er fragte sich, ob seine Mum wollte, dass Isaac sein neuer Dad wurde. Ethan hätte nichts dagegen, wenn Isaac hier wohnen würde, er war lustig. Und im Gegensatz zu seiner Mum fand Isaac Rennautos genauso spannend wie er selbst.

Aber manchmal sah auch Isaac ihn so komisch an und dann war Ethan sich nicht mehr sicher, ob er wirklich verstanden hatte, was gerade passierte.

Es lagen auch andauernd Pergamente auf dem Küchentisch. Und Briefe. Ethan konnte noch nicht lesen, aber er wusste, wie sein Name aussah, weil er mit Holzbuchstaben an seiner Zimmertür stand, und er glaubte, dass sein Name auf den Briefen stand. Er wusste nur nicht, warum seine Mum ihm Briefe schrieb, die er gar nicht lesen konnte.

Aber er wusste, dass sie es ihm sagen würde, als sie an diesem Morgen ihren Toast halb gegessen auf den Teller zurücklegte und ihn mit diesem komischen Lächeln ansah. „Du weiß, dass ich dich lieb hab, oder?"

Ethan kniff die Augen ein bisschen zusammen. „Jaah ...", sagte er argwöhnisch.

„Ich werde dich immer lieb haben, Ethan. Vergiss das niemals, ja?"

„Ich hab dich auch lieb", sagte er.

„Ich weiß." Sie wischte sich über die Augen.

„Warum weinst du immer, Mum?" Sein Herz schlug schneller, als sie sich eine Hand vor den Mund presste und kurz die Luft anhielt, um nicht noch mehr zu weinen. Ethan machte das auch manchmal, wenn er auf dem Spielplatz vom Klettergerüst fiel und sich wehtat. Oder wenn ihm nachts schlecht war und seine Mum ihn so besorgt ansah.

„Komm mal her, Großer", sagte sie schließlich und er rutschte von seinem Stuhl und ging zu ihr, ließ sich auf ihren Schoß ziehen und schmiegte sich in ihren Arm, obwohl er das sonst doof fand. „Magst du Isaac?"

„Ja."

„Das ist gut." Sie zog die Nase hoch.

„Du magst ihn auch, oder?"

Sie lachte leise. „Ja, ich mag ihn auch."

„Wird er bald bei uns wohnen?"

Es dauerte ein paar Sekunden, bevor seine Mum antwortete, und als Ethan seinen Kopf gegen ihre Brust lehnte, konnte er auch ihr Herz ganz schnell schlagen hören. „Nein", sagte sie schließlich, „Nein, er wird nicht bei uns wohnen. Aber ..." Sie brach ab und Ethan konnte spüren, dass ihre Brust zuckte und als sie weiterredete, klang ihre Stimme ganz anders. „Aber du wirst bei ihm wohnen."

Ethan runzelte die Stirn und sah zu ihr hoch. „Aber ich wohne doch bei dir."

„Ich weiß. Aber bald, da ..."

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