Die Wahrheit zu gestehen

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But I'm only human
and I bleed when I fall down.
I'm only human
and I crash and I break down.

(Christina Perri - Human)

„Ginny!" Hermine sah ihre ehemals beste Freundin mit großen Augen an. Sie war die Letzte, die sie erwartet hatte, als es um halb elf am Abend an ihrer Tür geklopft hatte. Immerhin war Ginny noch nie hier gewesen. „Was machst du hier?"

Sie schürzte die Lippen. „Du musst mit Ron reden", sagte sie.

„Warum?", fragte Hermine alarmiert. „Ist etwas mit Rose?" Er hatte sich nicht gemeldet, das ganze Wochenende nicht. Sie hätte das mitbekommen, auch wenn sie die letzten Stunden wie ein Stein geschlafen hatte und vorher nur sporadisch ansprechbar gewesen war. Den Kamin oder einen Patronus hätte sie doch gehört! Und selbst wenn nicht, hätte Snape ihr doch was gesagt!

„Nein, Rose geht es gut."

Hermine atmete langsam aus. „Merlin sei Dank", murmelte sie und rieb sich die Stirn. Und als der Anflug von Panik sich langsam legte, stellte sich Verwirrung ein: „Warum soll ich dann mit Ron reden?"

Ginny verschränkte die Arme vor der Brust. „Darf ich reinkommen?"

Mit gerunzelter Stirn musterte sie Ginnys Gesicht; die kleine Falte zwischen ihren Augenbrauen und die dunkle Stelle auf ihrer Lippe, an der sie sich die feine Haut abgepult hatte. Und nickte. Nachdem Ginny in den schmalen Flur getreten war, schloss Hermine die Haustür und bedeutete ihr, ins Wohnzimmer durchzugehen.

„Hast du Besuch?"

Hermine folgte Ginnys Blick und sah das Bettzeug, das immer noch auf der Couch lag. Sie war direkt ins Bett gegangen, nachdem Snape vorhin verschwunden war; nach den Tagen, die hinter ihr lagen, hätte nichts sie mehr länger wach halten können. „Nein. Ich hab nur ... aufgeräumt." Ginny erfuhr besser nicht, dass jemand hier gewesen war. Von Snape konnte sie ihr nicht erzählen und jeden anderen zu nennen, würde nur noch mehr Lügen und Fragen nach sich ziehen. „Was ist los?"

Ginny setzte sich an den Tisch und seufzte. „Ich glaube, Ron hat jemanden kennengelernt."

Die Worte fühlten sich an wie ein Schlag direkt gegen ihr Brustbein. Hermine schluckte und senkte den Blick. „Oh", murmelte sie. Dann holte sie Luft und begegnete Ginnys Blick. „Okay. Und warum sollte ich mit ihm reden?"

„Ihr müsst das wieder hinkriegen, Hermine! Du musst dich bei ihm entschuldigen und dann ... müsst ihr das irgendwie wieder hinkriegen."

Hermine lachte freudlos und presste die Lippen aufeinander, als Ginny sie vorwurfsvoll ansah. „Das kriegen wir nicht wieder hin, Ginny", sagte sie ruhig. „Ron und ich sind seit neun Monaten getrennt. Wenn es irgendeine Möglichkeit gegeben hätte, das wieder hinzukriegen, hätten wir das längst getan." Sie schluckte gegen den Kloß an, der quer in ihrem Hals steckte.

Ginny sackte in sich zusammen. Sie fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und Hermine glaubte, Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen.

Sie seufzte. Ihr tat der Kopf weh und ihr war immer noch ein bisschen übel. Der Entzug steckte ihr noch gehörig in den Knochen und gerade hätte sie auch genau hier und jetzt einschlafen können. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für dieses Gespräch. Und trotzdem fragte sie: „Warum bist du hier, Ginny?"

Als die sie ansah, war Hermine sich sicher: Sie hatte Tränen in den Augen. Und ihre Stimme klang ein bisschen schwach, als sie sagte: „Ich will nicht, dass ihr euch scheiden lasst."

„Warum nicht?", fragte Hermine aufrichtig verwirrt. Ginny hatte ihr den angeblichen Seitensprung noch mehr übel genommen als Molly. Ihre Freundschaft war daran zerbrochen, sie hatten kein Wort miteinander gesprochen, seitdem Ron seiner Familie die Geschichte erzählt hatte. Hermine war überzeugt gewesen, Ginny würde Ron zum Scheidungstermin begleiten, nur um sicher zu gehen, dass sie es auch wirklich durchzogen.

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