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„Als könntest du kleiner Zwerg etwas gegen mich ausrichten." Milan spricht wieder in einen verspottenden Ton und mustert uns. Langsam mache ich einen Rückzieher und verlasse schnell dieses Zimmer. Milan ist brutal und scheut anscheinend vor nichts zurück. Ich hätte nie gedacht das er so weit gehen würde. Hätte mich jemand anderes so zugerichtet, wäre derjenige schon unter der Erde vergraben.
Im Badezimmer stütze ich mich am Waschbecken ab und schaue mich durch den Spiegel an. Meine Lippe ist aufgeplatzt, meine Nase blutet und meine Wange und mein Auge sind stark gerötet. Ich lasse mir warmes Wasser in die Badewanne ein und ziehe mir langsam meine Klamotten aus. Ein Klopfen an der Tür lässt mich zusammenschrecken. „Mach bitte die Tür auf." Es ist Milan. Natürlich ist er es. Zuerst verprügelt er mich und dann kommt er angekrochen. Es tut mir im Herzen weh immer wieder mit zu streiten. Ich habe dafür keine Kraft mehr. Mir bleibt nichts anderes über, als einen Schlussstrich zu ziehen. Nach dem Bad werde ich von hier verschwinden. Milan hat den Bogen überspannt.

Es ist knapp nach Mitternacht und Milan und ich sind wieder bei uns zu Hause. Wir haben kein Wort miteinander gesprochen und ich bin ihm die meiste Zeit aus dem Weg gegangen.
Während er schläft, stehe ich in der Küche und trinke ein Glas Wein. Ich warte auf Tom. Er hat versprochen mich hier weg zu bringen. Er hat für mich einen Flug nach Thailand gebucht, dort habe ich eine Reservierung in einem Hotel am Strand. Ich brauche einen Neuanfang und der beginnt in einem anderen Land. Ich kann zwar die Sprache nicht aber bestimmt können die Einwohner Englisch. Meinen Ehering lege ich auf die Theke und verlasse mit einer Reisetasche das Haus.

Durch Milans illegalen Aktivitäten sitze ich jetzt in seinem privaten Jet. Hoffentlich verrät ihm keiner, dass ich nach Thailand fliege. Er soll wissen, dass er mich verloren hat, er soll sich schlecht fühlen und sich darüber bewusst werden wie man mit anderen Menschen umgehen soll. So ein Verhalten mir gegenüber toleriere ich nicht. Carla und Diego werden verstehen warum ich gehe und die anderen werden mich wohl kaum vermissen, da sie mich nicht wirklich kennen.
Es ist so weit. Ich kann einen Neuanfang starten. Ohne Ehering, ohne Ehemann und ohne ständig beobachtet zu werden. Mein Handy habe ich entsorgt, damit er mich nicht erreichen kann. Die einzige Handynummer, die ich mir notiert habe ist die von Carla. Ihr vertraue ich am meisten. Falls ich sie anrufen will, werde ich ein öffentliches Telefon benutzen.

Nachdem ich in Thailand angekommen bin, checke ich in das Hotel ein und gehe sofort schlafen. Der Flug hat mich müde gemacht und ich brauche eine Pause. Einen Moment für mich.
Als ich wieder aufwache zwitschern die Vögel schon laut und munter vor meinem Fenster. Verschlafen strecke ich mich und setze mich auf. Es ist ein ungewohntes Gefühl so frei zu sein, aber es fühlt sich gut an. Hier habe ich zwar keine Freunde aber dafür auch niemanden der mich hinunterzieht.
Frisch gewaschen und angezogen mache ich mich auf den Weg in die Innenstadt, um mir ein paar Klamotten zu kaufen. Ich konnte nicht so viel mitnehmen, sonst wäre es Milan aufgefallen. Es war schon schwer genug die Reisetasche zu verstecken, damit er sie nicht findet. In einem süßen Laden kaufe ich mir ein paar Sommerkleider und leichtere Outfits. Das Geld überweist mir Tom, falls ich eins brauche. Er hat mir viel Bargeld mitgegeben, das sollte für mehrere Wochen reichen. ,,Samira?" Erschrocken und verwirrt drehe ich mich zu der männlichen Stimme um. Mason steht mir gegenüber mit Rick, wenn ich mich nicht irre. Die zwei habe ich in Masons Hütte im Wald kennengelernt, kurz bevor ich von Alex entführt wurde. ,,Oh, hey." Verwirrt lächle ich die zwei an. Seit wann wohnen sie hier? Oder machen die Männer hier Urlaub? ,,Wieso bist du hier? Machst du mit Milan hier urlaub?" Ich beiße mir auf meine Unterlippe. Also mit dem Verheimlichen wird das schwieriger als gedacht. Ich hätte nie gedacht, dass hier jemand herum läuft den ich kennen könnte. ,,Äh, ich würde es toll finden, wenn wir nicht hier in der Öffentlichkeit darüber reden."
Zusammen verlassen wir das Geschäft und Mason zeigt mir, wo er wohnt. Er besitzt ein kleines, altes Häuschen außerhalb der Stadt. ,,Seit wann wohnst du hier?" Frage ich den jungen Mann und betrete sein Haus. ,,Das Haus ist schon fünf Jahre in meinem Besitz. Ich habe es mir gekauft um einen Rückzugsort zu haben. Hier kommen kaum Menschen vorbei und keiner weiß, dass ich dieses Grundstück besitze bis auf du und Rick." In der Küche bietet er mir ein Glas Wasser an, das ich dankend annehme. ,,Wieso bist du hier?" Eigentlich wollte ich dieser Frage entgehen aber ablenken oder lügen ist nicht so mein Ding. ,,Ich habe mich von Milan getrennt, meine Sachen gepackt und bin hier her geflogen." Erstaunt sieht er mich an. Das hat er wohl nicht erwartet. ,,Er hat dich gehen lassen?" ,,Nicht ganz. Ich bin abgehauen ohne etwas zu sagen. Einer seiner Männer hat mir dabei geholfen." Nachdenklich fährt er sich durch seine blonden Haare. Erst jetzt fällt mir auf wie strahlend schön seine blauen Augen sind. Darin könnte man sich verlieren, wenn man nicht aufpasst. Generell strahlt Mason eine freundliche Wärme aus, die sich wie 'zu Hause' anfühlt. ,,Ich hoffe du weißt, dass sich dieser Mann quasi für dich geopfert hat." Verwirrt schaue ich ihn an. ,,Was meinst du?" Er seufzt und wir setzen uns zum Tisch. Er lehnt sich zurück und atmet tief ein und aus. ,,Milan wird den Mann finden, der dir geholfen hat und ihn dann so lange foltern bis er entweder gesagt hat wo du bist oder bis er tot ist." Diese Worte treffen mich wie ein harter Schlag. Ich kann Tom nicht in seinen Tod stürzen. Er hat eine Familie und eine Tochter. Hätte ich gewusst, dass das passieren könnte, hätte ich ihn niemals um Hilfe gebeten. Er wird ihn umbringen.
Mein Herz rast und meine Augen vergrößern sich. Panik macht sich in mir breit. ,,Er wird meinetwegen sterben.", flüstere ich und Tränen bilden sich in meinen Augen. Weil ich nichts alleine auf die Kette kriege, muss ein anderer dafür sterben, das ist nicht fair. Ich bin ein schlechter Mensch.

Für alle, die denken, dass es bald vorbei sein wird: Es geht noch länger weiter.
Das Ende ist sozusagen noch nicht in Sicht.

Zwangsheirat mit einem Mafia Boss ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt