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„Samira und Daria, ich möchte, dass ihr jetzt eure schönsten Kleider anzieht und euch frisch macht, wir bekommen bald Besuch." Meine Mum freut sich anscheinend über den Besuch, gleichzeitig wirkt sie aber auch sehr nervös. Ich nehme Daria an die Hand und gehe mit ihr in unser Zimmer. Da wir uns kein großes Haus leisten können, wohnen wir in einer kleinen engen Wohnung und deswegen haben Daria und ich auch ein gemeinsames Zimmer. Da sie erst fünf Jahre alt ist, stört es mich kaum, dass wir zusammen in einem Raum schlafen und uns sogar ein Bett teilen. Im Moment haben wir wirklich kaum Geld und sind froh wenn wir ein bisschen was zu Essen besorgen können, doch mein Papa hat uns versprochen, dass sich das ganze bald ändern würde. Ich würde es uns sehr wünschen.

Daria helfe ich in eines ihrer Kleidchen zu schlüpfen. Es ist blau und endet bei ihren Knien. Nach langem Suchen in unserem Kleiderschrank, habe auch ich etwas gefunden, was ich anziehen könnte. Ein schwarzes Kleid. Es ist relativ kurz aber ich habe kein schöneres Kleid und ein Shirt und eine schwabbelige Hose möchte ich auch nicht tragen. Auf Darias Kopf setze ich noch einen Haarreifen, der farblich halbwegs zu ihrem Kleid passt. Meine schwarzen und glatten Haare lasse ich offen. Make-up besitze ich nicht, weil ich kein Geld für soetwas habe.

Zusammen gehen Daria und ich wieder Hand in Hand zu unseren Eltern in das Wohnzimmer. Plötzlich klopft es und mein Vater öffnet voller Vorfreude die Tür. Ich bin gespannt wer uns besuchen kommt. Vielleicht unsere Tante oder auch unser Cousin, ich habe die zwei schon ewig nicht mehr gesehen.

Doch ein junger Mann mit einem Dreitagebart betritt unsere kleine Wohnung. Hinter ihm folgt ein dicklicher Mann der bestimmt schon Mitte 40 ist. Überrascht und verwirrt lasse ich die zwei Herren auf mich zukommen. Was wollen die denn hier? Und wer sind diese Leute?

Instinktiv ziehe ich Daria näher an mich heran und lasse ihre Hand nicht los. Der jüngere Mann kommt auf mich zu und reicht mir seine Hand. „Ich heiße Milan, und mein Begleiter ist mein Onkel." stellt er sich vor. Zögernd nehme ich seine Hand an, die er sofort ergreift und zart meinen Handrücken küsst. Ich versuche mein Gesicht nicht zu verziehen und freundlich zu bleiben. Auch Daria gibt dem Fremden brav ihre Hand und lasst sich nichts anmerken, obwohl ich weiß, dass sie sich nicht sicher fühlt. Der ältere Mann, der anscheinend sein Onkel ist, hält sich eher im Hintergrund und sagt kein einziges Wort. Zusammen mit Daria setze ich mich auf die Couch. Natürlich muss meine kleine Schwester auf meinen Schoß, da sonst nicht genug Platz auf dem kleinen Sofa ist.

„Ich möchte nicht lange um den heißen Brei herum reden. Ich würde gerne eure kleine Tochter adoptieren. Ich werde sie auf die beste Schule des Landes schicken und ihr alles bezahlen was sie braucht. Auch euch werde ich monatlich Geld zukommen lassen." Milan redet einfach darauf los und ich kann meinen Ohren nicht trauen. Bitte was hat er gesagt? Tochter adoptieren? Geschockt und entsetzt schaue ich meine Eltern an. Sind die Wahnsinnig geworden? „Die kleine Daria wäre bei mir in gute Händen, das kann ich euch versichern." versuchte er weiterhin meine Eltern weich zu kriegen.

„Nein! Sie bekommen Daria nicht, nur über meine Leiche. Sie ist erst fünf Jahre alt, ich werde sie niemals einem Fremden übergeben, für kein Geld dieser Welt." Mein Ton ist schroff aber wie soll ich mich sonst ausdrücken, dass meine Eltern realisieren was hier gerade abläuft. Sie wollen ihre Tochter und meine Schwester für Geld eintauschen. Da hört es sich mit der Liebe auf. Daria nehme ich hoch auf meinen Arm und verschwinde mit ihr in meinem Zimmer. Für sowas sollten wir uns hübsch machen? Für einen Mann der selbst noch viel zu jung ist um alleine ein Kind zu erziehen. Für jemanden der mir mein kleines Baby wegnehmen will. Ich glaube meine Eltern haben nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Daria und ich ziehen uns wieder unsere alltägliche Kleidung an und kuscheln uns zusammen auf die Matratze. Ich werde es niemals zulassen, dass ihr etwas passiert.
Kurz bevor ich einschlafe,  klopft es an der Tür. Genervt bleibe ich einfach liegen und gebe kein Laut von mir. Ich schau kurz zu Daria hinüber, die schon eingeschlafen ist. Sie sieht so sorglos und entspannt aus. Wie kleine Kinder eben aussehen sollten.

Die Tür wird langsam geöffnet, was ich durch das leise quietschen der Türangeln feststellen kann. Stur lasse ich meinen Kopf immer noch in Darias Richtung liegen. „Wir haben einen Kompromiss geschlossen. Du kannst nichts mehr dagegen machen, dein Vater hat Milan die Hand darauf gegeben." Die Worte meiner Mutter hallen immer wieder in meinem Kopf wieder. Ein Kompromiss? Neugierig schaue ich zu meiner Mama. Vorsichtig stehe ich von der Matratze auf, ohne meine kleine Schwester zu wecken und gehe mit meiner Mum wieder in unser Wohnzimmer. Mit verschränkten Armen mustere ich Milan und meinen Vater skeptisch. Was die wohl wieder ausgemacht haben?

Schweigend schauen wir uns alle gegenseitig an, bevor mein Vater einen Satz laut ausspricht, von dem ich nicht einmal gewagt hätte zu träumen.

„Du wirst Milan heiraten."

Zwangsheirat mit einem Mafia Boss ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt