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Die Tür zum Schlafzimmer geht auf und ich hoffe sehr, dass es Carla ist. Milan möchte ich nicht sehen. Er hat für heute genug angerichtet. Stumm bleibe ich unter der Decke liegen und merke, wie sich jemand auf das Bett setzt. „Samira, bitte schau mich an." Es ist Milan. Toll. Ich bewege mich kein bisschen, er kann mich mal. Zuerst verbietet er mir alles und dann soll ich ihm auch noch gehorchen. Das kann er vergessen.

„Ich habe einen Kompromiss für dich, ich erzähle dir aber nur davon, wenn du mich dabei anschaust." Genervt zieh ich die Decke von meinem Gesicht und starre ihn an. „Ich bin damit einverstanden wenn ihr shoppen möchtet ABER ich und Diego kommen mit." Ich weiß nicht ob ich darüber erleichtert sein sollte oder ob ich mich beschweren sollte. Immerhin möchte ich nicht mit Milan und Diego Tampons und Binden kaufen. Bevor sich Milan aber anders entscheidet, sage ich doch zu. Besser als nichts. In meiner Position kann ich sowieso keine Anforderungen stellen.
„Okay. Ich muss mich noch anziehen." Ein leichtes Lächeln ziert meine Lippen. Immerhin kann ich jetzt wieder unter Leute gehen.
Milan verlässt das Zimmer und ich ziehe mir eine blaue kurze Jeanhose und ein weißes anliegendes Top an. Meine Haare flechte ich noch zu zwei lockeren Zöpfen und mache mich dann auf den Weg zum Wohnzimmer.

„Wir können gehen." sage ich mit einem leichten Grinsen auf den Lippen und Carla umarmt mich glücklich. Bestimmt hat sie noch einmal auf Milan eingeredet und ich bin ihr sehr dankbar dafür.

Zu viert sitzen wir nun im Auto und fahren in die Stadt. Milan sitzt am Steuer und ich muss neben ihm sitzen. Diego und Carla sitzen auf den Rücksitzen.
Nach ein paar Minuten parkt Milan das Auto und wir sind da. „Okay, wir wären euch sehr dankbar, wenn ihr euch etwas im Hintergrund aufhaltet." Spricht Carla wieder das Thema an, während sie aussteigt. Ich geselle mich zu ihr und schaue Milan und Diego prüfend an. Diego scheint damit weniger Probleme zu haben aber Milans Miene verdunkelt sich immer mehr. „Wir werden ein paar Meter hinter euch laufen." bestätig Diego. Carla nimmt meine Hand und wir laufen gemeinsam in den erst besten Drogeriemarkt. Tampons und Binden, das wichtigste zuerst.
Als ich unschlüssig vor dem Regal stehe schaue ich mir die einzelnen Packungen genauer an. Damals hatte ich den Luxus nicht aus mehreren Marken zu wählen. Meine Mutter kaufte immer nur das billigste.
„Deswegen wolltest du unbedingt einkaufen?" flüstert mir eine tiefe Stimme in mein Ohr und ich zucke vor Schreck etwas zusammen. Beschämt nicke ich. Meine Wangen sind wahrscheinlich wieder so rot wie Tomaten. Gott, ist das peinlich.
„Das muss dir nicht peinlich sein, ich hätte dir auch welche besorgen können." Milan redet wieder in einer normalen Lautstärke weiter und ich gucke als Antwort nur mit den Schultern. Ich bin ein Teenager. Es ist normal, dass mir soetwas peinlich ist, oder nicht?

Nachdem wir für Milan auch noch neue Anzüge besorgt haben, stehen wir nun vor einem Laden mit Brautkleidern. Es war mir klar das dieser Moment irgendwann kommen würde aber ich fühle mich noch nicht bereit dazu. Mit 18 Jahren sollte man seinen Abschluss machen und nicht einen fremden wohlhabenden Mann heiraten.
Mein Herz fühlt sich an als würde es zerquetscht werden. Immer wieder kommt mir der Gedanke in den Sinn einfach wegzulaufen. Ob das überhaupt was bringe würde? Milan will mich heiraten und dafür würde er alle Hebel in Bewegung setzen.
Zögernd wandert mein Blick zu den anderen. Carla schaut sich schon die Kleider im Schaufenster an, während sich Diego gerade das Schaufenster von dem Geschäft neben an anschaut. Milan steht ein paar Meter weiter weg und telefoniert schon seit mindestens zehn Minuten.
Es wäre der perfekte Moment zu flüchten. Alle sind abgelenkt. Das ist meine Chance.

Ohne noch einmal darüber nachzudenken fange ich an zu laufen. Ich renne die ganze Straße entlang so schnell ich kann. Nach ein paar Metern kann ich schon die Rufe der anderen hören und Milan ist mir bestimmt schon auf den Fersen. Weil ich im Moment nur Panik und Verzweiflung verspüre, fangen meine Augen an zu Tränen. Dadurch sehe ich meine Gegend nur noch verschwommen und wäre fast über etwas unerkennbares gestolpert.
Ich laufe nun schon seit gefühlt 20 Minuten die Straße entlang und meine Lunge fängt schon an zu schmerzen. Mein Hals fühlt sich an als würde er bluten, einfach nur ekelhaft. Kondition habe ich jedenfalls nicht.

Trotz dieser Schmerzen laufe ich weiter und weiter. Ich biege immer wieder in verschiedene Seitengassen ein. Mittlerweile weiß ich selbst nicht mehr wo ich bin oder von welcher Richtung ich gekommen bin. Trotzdem lasse ich mich nicht beirren und laufe weiter, zumindest so lange bis ich an einem Strand ankomme. Wenigsten muss ich nicht mehr mitten in der Stadt herum irren. Eigentlich hätte ich mir das Laufen auch ersparen können. Ich hätte laut um Hilfe rufen können aber wer weiß ob mir da jemand geholfen hätte.
Erschöpft laufe ich auf das Meer zu und lasse mich in den warmen Sand fallen. Was mache ich jetzt? Mein zu Hause ist Kilometer weit weg und ich habe keine Ahnung wo ich überhaupt gerade bin. Genervt seufze ich und lege mein Gesicht in meine Hände. Das ist alles ein fürchterlicher -aber realer- Albtraum.
Komplett in meinen Gedanken versunken, merke ich nicht, dass sich jemand neben mich stellt. „Hey. Du bist ganz alleine hier? Alles okay?" fragt mich eine Junge der vielleicht ein oder zwei Jahre älter ist als ich. Er schaut süß aus.
„Ja, alles bestens." Mein Blick gleitet wieder zum Meer, welches so ruhig und befreiend wirkt. „Ich heiße Mateo und du?" Der brünette Junge setzt sich zu mir und hält mir seine Hand hin. „Samira." Mit einem kleinen Lächeln nehme ich seine Hand an.
Als er meinen Namen hört versteift er sich und umschließt meine Hand noch fester. Verwirrt entziehe ich ihm meine Hand und schaue verunsichert weg. Mateo neben mir kramt in seinen Rucksack und sagt danach wieder meinen Namen, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Verwirrt schaue ich ihn an. Plötzlich packt er ein weißes Stofftuch auf mein Gesicht und hält mir meine Nase damit zu. Ich versuche mich noch aus seinem starken Griff zu befreien, doch ich merke wie müde ich werde. Bis ich letztendlich das Bewusstsein verliere und alles um mich herum schwarz wird.

Zwangsheirat mit einem Mafia Boss ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt