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"Aufstehen!"

Grob wurden die Arbeiter von ihren dreckigen Schlafplätzen gescheucht. Wie wild gewordene Hühner sprangen sie umher und eilten durch die Flure, um noch ein wenig Wasser zum Waschen zu erlangen. Hoseok schlug müde die Augen auf, ehe er als erstes zu Seokjin blickte, der kreidebleich und mit starrem Blick neben ihm lag. Es wirkte, als wäre er tot. "Jin? Jin! Bitte!", rief der Sonnenschein selber panisch auf, während er an der kalten und knochigen Schulter seines besten Freundes rüttelte. "Lebe!"

"Bin... wach", krächzte der ältere Mann heiser, während er sich schmerzerfüllt aufsetzte. "Ich sterbe nicht so schnell", ergänzte er heiser, weshalb sein Gegenüber sanft lächelte. "Ich weiß. Aber seitdem Serpentia auch hier herrscht, habe ich Angst." "Ich auch", antwortete Seokjin leise, sodass die anderen Arbeiter ihn nicht hören konnten. "Ich auch." "Wir müssen gleich in den Innenhof, ich werde abgeholt", hauchte Hoseok dann leise. Er war wirklich betroffen, dass er seinen besten Freund verlassen musste. Er war seine eigene Familie, nach seinen Eltern. Aber er war sich sicher, dass diese in dem anderen Arbeitslager schon lange umgekommen waren. Denn als Serpentia zum ersten Mal ausgebrochen war, wurde er fortgeschickt, um zu überleben. Und das hatte er geschafft, aber er wusste nicht, ob es seine Eltern auch geschafft hatten. Aber sehr wahrscheinlich lagen sie jetzt auf einem der Massengräber, die in den Kasten verteilt waren.

Müde rappelte sich Seokjin auf, ehe er seine Knochen knacken ließ. Der Boden war definitiv kein Platz zum Schlafen, aber es reichte zumindest, um ein wenig Kraft für den nächsten Tag zu bekommen. Denn er müsste jetzt auf die Straßen gehen und um Arbeit betteln, bis ihn jemand aufnahm. Dann würde er, wie auch Hoseok, versetzt werden. Vielleicht kam er sogar dort in eine Wohnunterkunft, dann müsste er nicht mehr in eines der widerlichen Arbeitslager gehen. Aber das würde wahrscheinlich nicht eintreffen, bei seinem Aussehen. Er wirkte zu krank und zu entkräftet. Aber er konnte Hoseok endlich in Sicherheit wissen.

Während die beiden leise durch die sandigen Gänge liefen, schaute Hoseok zu ihren nackten Füßen, die mittlerweile schon fast die Farbe des Sandes angenommen hatten. Würde er wohl Schuhe bekommen? Oder noch besser- saubere Kleidung? Mehr als nur ein Shirt und eine ausgetragene Hose? Wahrscheinlich schon, das Leben im Palast wurde gepriesen wie kein anderes. Aber er würde jede Nacht Angst um Seokjin haben müssen. Denn dieser hatte bisher noch keine gute Arbeit gefunden.

Im Innenhof standen schon viele der anderen Arbeiter. Es hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass wenige Arbeiter in die Wohnregion der ersten Kaste fahren würden, weshalb alle neugierig waren. Vielleicht konnten sie auch erneut um Arbeit anwerben, aber das war eher unwahrscheinlich. Meistens kamen einfache Soldaten, die die ausgewählten Menschen ergriffen und harsch fortrissen- ohne Abschied zu gewähren. Und das fand Seokjin am schlimmsten. Denn nicht nur die Bedingungen hier unten waren menschenverachtend, sondern auch die Handlungen der Menschen, bei denen sie doch danach leben sollten.

Sanft fasste Hoseok nach der Hand seines besten Freundes. Er hatte fürchterliche Angst bekommen, und nun auf diesem vollen Platz inmitten der anderen flehenden Arbeiter zu stehen ließ ihn nicht besser fühlen. Im Gegenteil, er bekam schon fast Panik. Er wollte nicht von Seokjin entfernt leben müssen. Er durfte es nicht. Seokjin konnte sich doch nicht einmal um sich selber kümmern, wie sollte er getrennt von Hoseok leben können?!

"Hobi", seufzte Seokjin, nachdem der Platz sich immer weiter gefüllt hat. "Du musst gehen. Ich werde auf dich warten, wenn du zurückkommen solltest. Ich werde leben", hauchte er in das Ohr des Kleineren, welcher danach kurz lächelte. "Ich werde dich trotzdem vermissen. Übersehen kann ich dich nicht, wenn wir uns wiedersehen sollten", antwortete er, ehe er Seokjins Hand leicht drückte.

Denn durch einen Gendefekt hatte Seokjin strahlend blonde Haare. Alle aus seiner Region hatten diesen Defekt, weshalb sie auch damals als goldenes Dorf bezeichnet wurden. Nur gab es dieses Dorf nicht mehr. Die Bewohner konnte man zwar leicht erkennen, da ihre Haare so auffallend waren, aber leider sah man diese nicht so oft. Denn die meisten waren verstorben. Seokjin hatte damals unheimliches Glück gehabt. Und nun wollte er einfach nur eine Arbeit finden, damit er überleben konnte.

Royalty [{NamJin}]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt