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Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen kam Seokjin wieder zu sich. Sein gesamter Rücken fühlte sich an, als hätte ihn jemand zerschnitten und danach mit Säure übergossen. Er fühlte sich gedemütigt und einfach nur erbärmlich. Hoseok war weg, er für immer gemarkt von diesem Tag und die anderen Menschen kümmerten sich nicht um ihn. Er lag einfach am Straßenrand des Vorhofes, wo ihm keiner Beachtung schenkte. Wahrscheinlich dachte man, dass er schon tot war. Aber er war es leider nicht.

Mit Mühe, unter tausend Höllenqualen, stand er zitternd auf, nur um direkt unter seinem eigenen Gewicht wieder zusammenzubrechen. Und dabei überkam ihm ein Schwall der Übelkeit, den er fest versuchte, zu unterdrücken. Aber es brachte nichts, da ihm seine gestern zuletzt aufgenommene Nahrung sabbernd verlor. Und danach blieb er röchelnd und schwer atmend auf dem Boden zurück. Es war die größte Strafe, die er jemals erhalten hatte. Er würde nie wieder etwas gegen jemanden sagen. Vor allem nicht gegen eine über ihn stehende Macht. Egal, wie schlimm es war, schlimmer als diese Strafe konnte es nicht sein.

Irgendwie versuchte Seokjin sich von der gefährlichen Straße hinfort zu bewegen. Aber es gestaltete sich als äußerst schwierig, da er sich aufgrund der Schmerzen kaum richtig bewegen konnte. Ärztliche Versorgung konnte er sich nicht leisten, also musste er bangen. Vielleicht überlebte er diesen Angriff ja jalbwegs lebendig, obwohl sein Geist am Rande der Verzweiflung stand. Er hoffte einfach inständig, dass es Hoseok den Umständen entsprechend ging. Nicht, dass man ihn genauso schlimm behandelte. Denn das hatte er definitiv nicht verdient.

Mühselig schob sich Seokjin an den Rand des Hauses, in dem er momentan lebte. Es war niemand hier, denn es war Geschäftszeit. Die Menschen waren auf der Straße und bewarben sich für die unterschiedlichsten Tätigkeiten, um bloß aus diesem Drecksloch zu entkommen. Und da Seokjin heute keine Arbeit nach Hause brachte, wurde er wahrscheinlich rausgeschmissen. Er musste in das Gebäude und seine persönlichen Gegenstände besorgen, sonst würde man sie aus Angst vor Dieben verbrennen.

Erneut versuchte er, sich aufzurichten. Und direkt musste er wieder würgen. Sobald jedoch die Übelkeit abgeklungen war, lief er langsam und mit zitternden Schritten in die Richtung des Eingangs, vor dem einige höher gestellte Arbeiter standen, um das Gebäude zu schützen. Und als sie Seokjin sahen, machten sie ihm Platz. Hilfe boten sie ihm keine an, das könnte sie nämlich ebenfalls zu einer Strafe führen.

Ziemlich durcheinander aufgrund des Verlustes an Blut und der unerträglichen Schmerzen in seinem Rücken schleppte sich Seokjin durch die Flure zu dem Raum, wo sie ihre Dokumente aufbewahrten. Jeder hatte seinen Schlüssel für sein Fach mit den Dokumenten um seinen Hals, aber Seokjin würde ihn gleich entfernen. Denn er würde fortgehen. Vielleicht fand er auf seinem Weg noch Arbeit, sonst würde er in eine reichere Gegend zum Arbeiten gehen. Denn hier würde sicher der Tod auf ihn warten.

Mit seinen persönlichen Wertgegenständen, darunter seinen Pass und sein altes Armband, verließ er das Gebäude. Er hatte niemanden, zu dem er gehen konnte, also bog er als erstes rechts ab, um zu den Stadtmauern zu gelangen. An der Mauer müsste er dann weitersehen, wie er an den Wachen in den höheren Distrikt kommen könnte, aber bis dahin wartete ein langer Fußmarsch auf ihn. Und vielleicht fand er auch etwas zu Essen wie ein altes Stück Brot oder etwas anderes aus dem Müll. Käfer würden es auch tun, das wusste er, aber er mochte sie nicht wirklich, da sie widerlich waren. Es war ja nicht das erste Mal, dass er auf der Straße lebte. Nur war es dieses Mal freiwillig, da er nichts mehr hatte, was ihn hielt.

Sein Tagesmarsch bis zum Tor an Kaste Sieben dauerte bis zur Dämmerung. Er war mittlerweile am Ende seiner Kräfte angelangt, seine Beine schmerzten und seine Füße waren von Blasen und Wunden geziert. Aber nach wie vor war sein Rücken am schlimmsten. Er hatte ein wenig Wasser stehlen können und tatsächlich einen halben Apfel in einem der Mülleimer finden können, weshalb er auch halbwegs gestärkt war. Nur die Mauer jetzt vor ihm zerrte an seiner mentalen Kraft. Sie war unüberwindbar und wurde streng bewacht- zu jeder Tageszeit. Und wie jetzt war niemand außer den Wachen an den großen und pompösen Toren in einem schimmernden Gold, die großen und spitzen Metallstäbe reichten gen Himmel.

Entkräftet fiel Seokjin zu Boden, seinen Blick auf den Bauten liegend. Er hatte es zumindest zum Tor geschafft, leider nicht weiter. Er bräuchte dringend etwas zu Trinken und zu Essen- am wichtigsten ärztliche Versorgung. Aber er hatte kein Geld.

"Hier!", sprach auf einmal eine fremde und sehr dunkle Stimme zu ihm. Verwirrt drehte Seokjin seinen Kopf in die Richtung, nur um einen bewaffneten Soldaten zu sehen. Sofort rutschte er ängstlich ein Stück zurück. "Du siehst erschöpft aus", sprach die Stimme einfach weiter, eine Hand ausstreckend. "Komm mit, ich kann dir Wasser geben." Verwirrt und verunsichert schaute Seokjin den Mann vor sich an. Er hatte keine blonden Haare, also verstand er die Geste des Mannes nicht. Wieso war ein Soldat zu einem Skunk wie ihn so verdammt freundlich?

"Du wirst hier die Nacht nicht überleben, wenn du nicht mitkommst", meinte der Mann, während er einen Schritt weiter zu Seokjin trat. Ohne auf eine Reaktion zu warten packte er ihn an den Armen und zog ihn auf die Beine, weshalb Seokjin in seine Arme taumelte. Er war sowas von erschöpft, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

"Wie heißt du denn?" "S-Seokjin", keuchte der Blonde, während er neben dem Mann herhumpelte. Dieser brachte ihn direkt zu dem großen Tor, weshalb Seokjin erneut Angst bekam. Denn jetzt durften die Wachen schießen, wenn sie ihn für eine Bedrohung hielten. "Ganz ruhig", sprach der Soldat sanft auf Seokjin ein. "Die werden dir nichts tun. Ganz im Gegenteil, sie wollen dir helfen." "Wi-Wieso?"

Seokjin verstand die Welt nicht mehr.

"Du bist verwundet. Dein Armband sagt, dass du eine Acht bist. Wir können Arbeiter wie dich gut gebrauchen. Und du siehst stark aus." "Ich habe Schmerzen", keuchte Seokjin, ehe er zu Boden stürzte. Sofort beugte sich die Wache zu ihm, ehe tatsächlich auch noch zwei weitere Wachen auf ihn zustürmten. Er hatte den Glauben in die Menschheit schon verloren gehabt, aber das hier glich einem Wunder. "Da-Danke", hauchte Seokjin erschöpft, als er von den Männern zu einem Überwachungstor gebracht wurde. Davor lag eine kleine Hütte, in der die Soldaten ihre Pausen abhalten sowie Essen konnten. Und genau da wurde er hingebracht.

Als er in den Raum eintrat empfang ihn direkt Kühle. Draußen war es unheimlich heiß und stickig, dieser größere Raum glich dem Paradies. So kalt war es sonst nur, wenn das Wetter es zuließ. Denn richtige Türen oder Fenster besaßen Arbeitslager nie. Das wäre zu teuer für Menschen wie ihn. Denn die Reichen wollten nicht für Menschen wie sie bezahlen.

"Es wird gleich ein Soldat zu dir kommen und sich um deine Wunden kümmern", sprach der Soldat, welcher Seokjin von der Straße gezogen hatte. "Wer hat dir das angetan?" "Sol-Soldat. Jeon", murmelte der erschöpfte Mann, während er sich auf eine Liege legte. Und sie wirkte im Vergleich zum Boden so unglaublich weich, dass er fast sofort einschlief. Obwohl er ungemütlich auf dem Bauch lag. "Jeon?! Wie hast du das überlebt?!" Die drei Männer schienen überrascht und geschockt.

"General Min", hauchte Seokjin schläfrig. "Er hat mir das Leben geschenkt." Und das brachte die Männer zum Tuscheln, ehe die Tür zu dem Raum erneut geöffnet wurde. "Ist das der Gesuch- äh, der Verletzte Mann?" "Das ist er", antwortete eine Wache schnell. Seokjin bekam das Gespräch nicht wirklich mit, da sein Kopf unheimlich laut am Rauschen war, aber er verstand so langsam, dass sie ihm nicht aus Freundlichkeit halfen. Er wurde gesucht, nicht wahr? War Jeon doch hinter ihm her und wollte ihn töten?

"Das sieht übel aus, aber das wird wieder", seufzte der augenscheinliche Arzt, während er Seokjins Shirt von seinem abgemagerten Körper schnitt, um besser an die Verletzungen zu kommen. Denn diese mussten genäht werden. "Das wird schmerzhaft", kam es von dem Arzt, während er Seokjin ein Tuch in den Mund stopfte. Und als er eine brennende Flüssigkeit in seinen Wunden spürte, schrie er laut. Lediglich wurde dies durch das Tuch gedämpft. Und als er sich wehren wollte, hielt man seine Arme und Beine fest. Die Müdigkeit war plötzlich aus allem Gliedmaßen gefegt, einzig und allein durch den Schmerz konnte Seokjin noch Handeln. Und das einzige, was man im Umkreis der Mauern hören konnte, war das gedämpfte Schreien des armen Mannes.

Royalty [{NamJin}]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt