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Müde knotete Seokjin gerade einen Eimer an seinen Kutter, bevor er sich über die nassgeschwitzte Stirn strich. Obwohl es heute deutlich kühler war als noch die Tage, schwitzte er wie immer enormst bei seiner Arbeit. Er hatte heute schon einen guten Fang geleistet, weshalb er eigentlich die nächsten Tage nicht rausfahren musste, aber Zuhause plagte ihn nur die Langeweile, weshalb er die Zeit besser anders verstreichen ließ. Trotzdem fuhr er langsam wieder zurück an die Küste, da für morgen starker Regen gemeldet war und er noch seinen Fang in die Kühltruhen bringen musste, bevor sein Arbeitgeber diese verkaufen konnte. Denn sonst würde er keinen Lohn sehen. Aber es gefiel ihm trotz Nachteile.

Elegant sprang der Fischer über den Rand seines Kutters, bevor er seinen Schiffbefestiger am Steg befestigte. Er liebte das einfache Leben hier, aber er hatte Angst, dass es sich ändern könnte. Vielleicht hatte er auch nur Angst, dass erneut ein Tsunami alles zerstören konnte, wie schon vor 17 Jahren. Denn sein Trauma von diesen Ereignissen hing ihm immer noch schwer nach. Ganz würde er es nie verstehen können, dafür war zu viel Zeit vergangen und einzelne Erinnerungen zu verwischt.

"Ist hier noch Platz für einen Fischer?"

Die Augenbrauen zusammengezogen drehte sich Seokjin um, ehe seine Miene direkt fiel. "Hoseok!", rief er glücklich aus, ehe er seinen besten Freund fest in seine Arme riss. Laut lachend erwiderte der Mann die Umarmung. "Seokjin! Du siehst viel gesünder aus als sonst!" Bewundernd schaute der kleinere Mann zu seinem Freund, der eine deutlich dunklere Hautfarbe bekommen hatte, wodurch seine hellen Haare förmlich strahlten. Es stand ihm gut, keine Frage, aber Hoseok hatte sich in diesen zwei Wochen, in dem sie getrennt waren, immer Sorgen gemacht. Vor allem, weil er Yoongi auf seinen besten Freund angesetzt hatte. Er sollte auf ihn aufpassen, aber durch einen Vorfall im Schloss musste er früher zurück. Hoseok wusste nicht genau weshalb, aber er konnte sich denken, dass es sich dabei um den Kronprinzen gehandelt haben musste. Das wäre das einzig logische.

"Wieso bist du so abgemagert, Seokjin? Isst du nicht genug?" Seokjin schaute direkt eingehend seinen besten Freund an, der sich schmunzelnd ein Shirt überzog. Ihm war selber bewusst, dass er abgenommen hatte, aber er schob es auf den Sport und die Arbeit, dazu die Umstellung seiner Ernährung. Dass er seit Tagen Bauchschmerzen hatte, musste Hoseok ja nicht wissen. Er hatte bestimmt andere Sorgen als das. Immerhin standen laut den Medien die Vorbereitungen für die große Geburtstagsfeier des Kronprinzen an, da dieser nun 26 Jahre alt wurde. In spätestens vier Jahren stand dann einen Tag später die Krönung an, auf die das ganze Land gespannt war. Denn vielleicht trat dann endlich die Veränderung ein, auf die die Bevölkerung hoffte. Es wurde nach über zwanzig Jahren auch endlich Zeit dafür.

"Ich bin ja so aufgeregt! Das Meer ist so wunderschön!" Schnell hatte Hoseok ein anderes Gesprächsthema eingeschlagen, während er aufgeregt zu dem dunklen Blau schaute. "Ist das dein Boot?" "Ich verwende es zum Fischen, ja. Es gehört meinem Arbeitgeber. Er ist sehr freundlich und bezahlt mich gut. Ich bekomme Holz zum Heizen und Nahrung und Klamotten und so von ihm. Und das im Tausch mit Fisch!", erklärte Seokjin lächelnd, während er seinen Freund an die Hand nahm. "Ich will dir so viel zeigen! Wie lange bist du hier?" "Eine Woche!", antwortete Hoseok, weshalb Seokjins Lächeln nur noch größer wurde. "Dann wirst du mich auf das Meer begleiten können. Das wird so lustig!"

"Ja, Yoongi ist übrigens für ein paar Tage hier, bevor alles im Schloss vorbereitet werden muss. Er ist in deiner Hütte und wollte schon einmal kochen", meinte Hoseok, während er Seokjin an seiner Hand über den Steg zog. "Mein Fang! Er muss erst verräumt werden-" Überrascht drehte sich Seokjin zu seinem Boot, als er sah, dass uniformierte Soldaten auf dieses kletterten und seinen Tagesfang von Bord holten. "Wieso-" "Komm mit!" Hoseok ließ den Mann nicht ausreden, sondern riss ihn einfach weiter zu der kleinen Hütte, vor der merkwürdiger Weise ebenfalls Soldaten der Königsfamilie standen. Und Seokjin verstand rein gar nichts mehr, bis er in seine Hütte hineinlief und an seiner kleinen Herdplatte den Kronprinzen stehen sah.

"Namjoon."

Der ausgesprochene Name glich einem Hauchen, weshalb der Mann sich verwundert umdrehte, ehe er den Fischer und die Zofe erblickte. "Oh, Honeyhead." Sprachlos starrte der blonde Mann zu dem Kronprinzen, welcher ihn schwach anlächelte. Sein linker Arm war in einer Schlaufe vor der Brust, seine Haare waren tatsächlich offen und fielen ihm deshalb locker über die Schultern. Er sah erschöpft aus, strahlte aber gleichzeitig so eine Ruhe aus, dass Seokjin sich direkt geborgen fühlte. Tief durchatmend lief dieser einfach zu der Herdplatte und schaute in den Topf, der über dieser hing, bevor er mit neutraler Miene zu dem Mann schaute. "Was ist das?" "Keine Ahnung, hat Yoongi gemacht. Der ist gerade im Meer am Tauchen", antwortete Namjoon ihm. Nickend begutachtete Seokjin die dunkle Flüssigkeit, ehe er sich eine Schale nahm, die neben der Herdplatte auf dem Boden neben seiner Matratze stand. Groß war die Hütte nicht, da er sie mit vielen anderen Arbeitern teilte, aber er hatte seinen eigenen Lebensraum bekommen. Das war das, was zählte. "Möchtet ihr auch etwas essen?", fragte Seokjin dann, während er zwei weitere Schalen in seine Hände nahm. "Gerne", antwortete Hoseok, während er lächelnd zu dem Topf lief. "Ich habe großen Hunger." "Joon, möchtest du auch etwas essen?" Lächelnd nickte der Kronprinz, weshalb auch Seokjin sofort angesteckt lächeln musste. Dieser Mann verzauberte ihn auf eine besondere Art und Weise, die kaum beschreibbar war.

Kopfschüttelnd befüllte Seokjin schnell die Schüsseln, bevor er diese auf den kleinen Tisch auf dem Boden stellte. Hoseok setzte sich direkt vor diesen auf den Boden, weshalb Seokjin Namjoon fragend anschaute. "Brauchst du ein Kissen oder so? Ich kann dir meine Decke geben, dann kannst du die einfach zusammenknüllen", schlug Seokjin vor, da er sich vorstellen konnte, dass die schwarze Stoffhose nicht dreckig werden durfte. "Nein, alles gut", antwortete der Kronprinz, während er sich auf die Holzdielen setzte. Still nahm er seine Suppenschüssel, weshalb Seokjin sich neben ihn setzte und seine Schüssel gierig an seine Lippen setzte. Er hatte unheimlichen Appetit und könnte den ganzen Topf alleine leer essen, jedoch brauchte ja der General auch etwas davon. Er würde sehr bestimmt hungrig nach dem Tauchen sein.

Während die drei am Tisch saßen und dabei ihre Suppen schlürften, entstand eine entspannte Stille. "Seokjin", unterbrach Namjoon diese dann, während er seine Schüssel abstellte. "Komm zurück ins Schloss und mit mir zusammen." "Nein." Vehement schüttelte der Fischer seinen Kopf, ehe er unbeeindruckt weiteraß. "Wieso nicht?", hakte Namjoon nach, während er seine Schüssel zur Seite stellte und den blonden Mann eingehend beobachtete. "Wieso sollte ich denn? Das Leben da ist nichts für mich, ich bin Fischer." "Und wenn du es lernst?" "Nein Namjoon, ich bleibe hier." Damit stand Seokjin auf, ehe er die Schüssel in einen Holzeimer warf. "Ich gehe gleich schlafen. Ich weiß nicht, wo ihr schlafen wollte, aber ich habe auf meiner Matratze für zwei Leute Platz. Der Rest kann auf das Boot oder so", murmelte der Mann erschöpft, während er sich auf seine Matratze legte, die aus einer dünnen Strohmatte mit einem Tuch drüber bestand. Ein dickeres Tuch mit Stroh gefüllt diente als Decke, so ähnlich war auch sein Kissen aufgebaut. "Ich schlafe wohl mit Hoseok auf dem Boot."

Überrascht drehten sich die drei Personen zu Yoongi, der nun im Eingang der Hütte stand. "Sonst wärmt der Ofen nicht mehr so gut, wenn wir uns zu viert hier hinlegen. Wir finden schon etwas." "Euch eine erholsame Nacht", lächelte Hoseok, während er aufstand und mit dem Soldaten das Zimmer verließ. Zurück blieben der Fischer und der Kronprinz, wobei eine erdrückende Stille entstand. Still legte sich Seokjin deshalb einfach auf seine Matratze, bevor er seine Decke griff. "Licht kannst du über dem Tisch ausmachen, wenn du auch schon schlafen möchtest", murmelte er noch, ehe auch schon das Licht ausging.

Eine Zeit lang war es still, bis Seokjin ein lautes und trauriges Seufzen vernahm. "Darf ich mich zu dir legen?", fragte der Kronprinz, weshalb Seokjin leise zustimmte. Mühsam legte sich der Mann hinter den Fischer, ehe er mit einem gewissen Abstand auf dem Rücken liegenblieb. Er fand die Art Matratze fürchterlich hart und alles, was er kannte, war anders. Es war ein förmlicher Kulturschock, den er hier durchlebte, aber er wollte Seokjins Welt kennenlernen, um diesen selbst besser kennenzulernen. Denn in zwei Wochen stand schon sein Geburtstag an und bis dahin wollte er den Mann überredet haben, mit ihm in einer Beziehung zu sein. Seokjin müsste nicht einmal zurück ins Schloss, er wollte einfach nur die Anwesenheit des Mannes in vollen Zügen genießen können. Aber bis dahin würde es noch lange dauern. Und Namjoon würde ihm alle Zeit der Welt geben, obwohl er ein sehr ungeduldiger Mensch war.

Royalty [{NamJin}]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt