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"Hast du Seokjin gesehen?" Namjoon schien besorgt, weshalb er bei dessen besten Freund nachgefragt hatte. Hoseok stand jedoch nur fürchterlich verschlafen in seinem Nachthemd vor ihm, während er den Kopf schüttelte. "Vielleicht ist er auf die Toilette gegangen? Hast du auf eurem Balkon nachgesehen?" "Er hat das Gemach verlassen. Ich habe ihn nicht finden können", antwortete Namjoon, während er sich im Nacken kratzte. Dass sein Mann schon vor Stunden gegangen war, ließ er außer acht. "Ich weiß es nicht, hier war er nicht", murmelte die Zofe, während der General ebenfalls aufstand. "Wenn ich Seokjin gewesen wäre, wäre ich nachts nicht einfach verschwunden. Ihr müsst euch gestritten haben, oder zumindest eine Meinungsverschiedenheit gehabt haben. Also Pranz, was ist davon passiert?" Ertappt schaute der Kronprinz zu Boden. "Taehyung war mit seiner Tochter da und wir haben sie Seokjin gegeben. Er wollte sie aber irgendwie nicht halten und hat deshalb einen abfälligen Kommentar abgelassen", erklärte er die Situation kurz und knapp.

"Babys sind dazu da, um Menschen zu ersetzen", murmelte Hoseok. "Bitte?" Namjoon schien nicht ganz folgen zu können, weshalb Yoongi sich vor ihn stellte. "Wenn ein Baby geboren wird, ist das bei Kasten unter Vier kein Segen, sondern ein Fluch. Babys ersetzen kranke und ältere Arbeiter. Sie ersetzen Position und Funktion, auch die emotionale Verbindung zu einer bestimmten Person. Deshalb haben Arbeiter entweder nur ein Kind, was sie im Arbeitsleben vertritt, oder sie haben ganz viele, damit sie andere Menschen ersetzen. Seokjin fühlt sich ersetzt." "Wieso sollte er sich von einem Baby ersetzt fühlen?! Das ist doch lächerlich", schnaufte der Kronprinz auf, weshalb sein Leibwächter den Kopf schüttelte. "Nein, ist es nicht, wenn man über 27 Jahre lang mit diesem Grundsatz aufwächst. Er ist wahrscheinlich im Schwimmbad oder in der Garage", seufzte der eigentlich blonde Mann, während er sich wieder umdrehte und sein Bett ansteuerte. "Und lass uns jetzt schlafen!" Schüchtern verbeugte sich Hoseok, ehe er leise die Tür zwischen seinem Gemach und dem des zukünftigen Landesregenten schloss.

Gestresst fuhr sich Namjoon durch die Haare. Er hatte definitiv mehr Ansatzpunkte als vor einigen Minuten noch, weshalb er über seinen Transmitter direkt eine Nachricht an Jimin schickte, da dieser gerade im Schlossgarten am Suchen war. Seokjin lag in der Zeit in einer älteren Limousine. Sie war nicht wirklich ausgebaut, deshalb auch recht ungemütlich, aber es half, einfach mal abzuschalten. Schon seit Stunden starrte er die kaputte Decke an, die definitiv mal einer Reparatur unterzogen werden musste. Es war leider die einzige Limousine gewesen, die nicht abgeschlossen war. Vielleicht aus diesem Grund.

Tief atmete der blonde Mann durch, ehe er sich erneute Tränen von den Wangen wischte. Er war emotional am Ende, seine Gedanken kreisten alle um das Baby und er hasste einfach alles im Moment. Vor allem Namjoons Reaktion. Leise wurde die Tür zur Limousine geöffnet. "Seokjin, was machst du hier?", fragte Namjoon, während er in den dunklen Innenraum schaute. Er konnte lediglich Seokjins Silhouette ausmachen, die verkrampft auf einer der kleinen Sitzflächen lag. "Abstand halten", antwortete Seokjin mit einem Hauchen, weshalb Namjoon seufzte. "Das ist nur ein Baby, das muss dich nicht so aus der Bahn werfen. Niemand ersetzt dich, jetzt lass' das sein und komm zurück ins deutlich gemütlichere Gemach. Es ist schon wirklich spät und wir müssen morgen früh raus." "Ich will aber hier bleiben."

Tief durchatmend verschränkte der Schwarzhaarige seine Arme vor der Brust. "Babys ersetzen hier keinen. Vor allem nicht dich, Jin. Komm da raus." "Tut mir leid, ich kann nicht." "Wieso? Bist du angeschnallt und kriegst den Gurt nicht los?!" "Ich weiß nicht, ob du es wirklich nicht verstehst, oder ob du es nicht verstehen möchtest. Ich habe eine andere Sicht auf die Dinge und für mich ersetzen Babys andere Menschen. Tut mir leid, wenn ich keine Freudensprünge mache oder für das schreiende Ding bete oder so. Ich mag es nicht und du willst es nicht wahrhaben." "Ich habe deine Seite schon verstanden."

"Und wieso zeigst du es dann nicht? Bei jeder Sache, die für dich normal ist, ist es für mich anders", begann der Albino mit zitternder Stimme. Aufsetzen tat er sich jedoch nicht. "Ich komme mit dem ganzen Umstellen nicht klar und nur weil es für dich normal ist, heißt das nicht, dass ich alles sofort verstehe. Du verlangst von mir alles zu lernen, aber du nimmst meine Weltanschauung gar nicht mehr wahr. Ich muss mich anpassen, es fühlt sich langsam nicht mehr so an, als wäre ich hier Zuhause. Viel eher kommst du mir einfach wie ein weiterer Dienstherr vor."

Royalty [{NamJin}]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt