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Zitternd hockte Seokjin unter seiner Bettdecke auf der durchgelegenen Matratze. Er verstand nicht, wieso man ihn wie Abschaum behandelte. Lag es daran, dass er eine Acht war? Oder lag es an seinen blonden Haaren? Seinem serpischen Akzent? Er wusste es nicht. Er fühlte sich einfach nur benutzt. Krank und benutzt. Aber General Min hatte ihm geholfen, sonst wäre er wahrscheinlich gerade vergewaltigt worden. Das war nicht unüblich, aber er hätte nicht damit gerechnet, dass es am hellichten Tag sowie vor vielen Menschen passieren würde. Sogar der Prinz hatte zu Beginn zugesehen. Und das widerte ihn enormst an.

"Hallo."

Müde reckte Seokjin seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gerade gekommen war. Es stand ein etwas kleinerer Mann in der Tür, welcher nobel gekleidet war. Definitiv eine höhere Klasse. Und als er die römische Zwei auf seiner Armbinde sah, dazu das königliche Siegel, wusste er, dass es sich um einen Adeligen handelte. Vor allem das gepflegte Aussehen steuerte viel dazu bei.

"Du bist Seokjin, richtig?" Seokjin rührte nicht einen Muskel, weshalb der Adelige mit eleganten Schritten den dreckigen Raum betrat. Und es wirkte unheimlich geschmeidig.

"Mein Name ist Jimin. Ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnern kannst. Ich war bei deiner Anreise anwesend", meinte der Mann, während er den dreckigen Arbeiter ansteuerte, um sich in einem gewissen Abstand zu ihm auf die Matratze hocken. "Uff, die ist ja hart", murmelte er, während er seinen edlen Hanbok in dunkelblau glattstrich. "Ich bin Zofe und dein Aufseher", sprach er einfach weiter, da der Albino einfach weiter nach vorne auf den Boden starrte. Denn er hatte fürchterliche Angst. Hauptsächlich vor weiteren Strafen.

"Ich wollte mit dir einmal über den, naja... über den Vorfall reden. Hast du deinen Arbeitsplan nicht erneuert bekommen?" Seokjin zuckte nur kurz mit seinen Schultern, bevor er seine Knie enger an seinen Oberkörper zog. Plötzlich fror er wieder unheimlich, weshalb er ebenfalls seine Decke ein wenig enger um seinen Oberkörper zog. Auch, wenn es nicht viel half. "Hast du dich vielleicht verschaut? Heute ist Freitag, wenn dir das hilft." "Freitags kommen die Farmer", murmelte Seokjin zur Antwort. Ihm wurde schon ganz schwummerig in dieser stickigen Hitze.

"Okay, das ist gut", lächelte der kleinere Mann, während er sich zu dem blonden Mann drehte. Er fand ihn irgendwie merkwürdig aussehend, weshalb er ihn erst einmal anschauen wollen würde. "Dann war das heute bloß ein blöder Zufall. Freitags darf niemand in die Nähe des Thronsaals, weißt du? Sonst wird man als Spion eingestuft, wenn man ohne königliche oder präsendiale Einladung zuschaut oder zuhört. Reine Sicherheitsmaßnahmen." "Mhm", murmelte Seokjin nur. Er fühlte sich unheimlich müde und auch seine Gliedmaßen fühlten sich mittlerweile ziemlich schwer an.

"Brauchst du Hilfe bei deinem Plan? Soll ich dir dabei ein wenig helfen?", fragte der in einem Hanbok gekleidete Mann, weshalb Seokjin erneut mit seinen Schultern zuckte. "Der Plan ist nicht so lesbar für mich", meinte Seokjin. Er konnte die Sprache von Aeros nicht lesen, lediglich sprechen und verstehen konnte er sie. In dem Arbeitslager hatte er hauptsächlich Serpita geredet, da Hoseok aus Serpia stammte und es die Mutterprache der beiden Männer war. Und da sie zu Beginn kein Aereom sprechen konnte, hatten sie sich einfach Serpita beigebracht. In den verschiedenen Lagern, in denen er überall war, hatte er Aereom schon oft gehört, er war passend mit den verschiedenen Sprachen aufgewachsen.

"Möchtest du deinen Arbeitsplan in einer anderen Sprache haben? Würde dir das helfen?" "Nein", hauchte Seokjin zur Antwort. "I-Ich kann- mir ist schlecht!" Schnell schlug er sich die Hand vor den Mund, um mögliche Sauereien zu vermeiden. Und als er schnell aufstand, um aus dem Raum zu kommen, fiel er wie ein Baum nach vorne um. Deshalb sprang der Adelige schnell auf, um nach dem bewusstlosen Mann zu schaune.

"Ist er tot?"

Erschrocken sprang Jimin auf. "Yoongi! Erschreck mich nicht so!" Keuchend fasste er sich an die Brust, was den Mann im Flur nicht ein bisschen seine ausdruckslose Miene verziehen ließ. "Atmet er noch? Schaust du nach oder soll ich mich kümmern?", fragte der Soldat in seiner schweren Ausrüstung, weshalb die Zofe verneinend den Kopf schüttelte. "Er atmet noch, aber er ist wahrscheinlich krank. Dazu kommt der Schock, den er durch den Soldaten Jeon bekommen hat. Er kann nicht lesen, deshalb der blöde Vorfall." "Aber er spricht fließend Serpita. Das ist eine der schwersten Sprachen hier." "Wir haben auch nur zwei und eine davon reden wir hier, Yoongi", lächelte Jimin, während er zu dem Soldaten lief, der sich automatisch ein wenig anspannte. "Bitte nicht anfassen." "Ich fasse dich nie an, wenn du es nicht möchtest. Ich weiß doch davon", meinte Jimin, während er dem Soldaten seine Hand hinhielt. "Der Prinz vergisst es immer", hauchte der General, während er vorsichtig mit seinem kleinen Finger den kleinen Finger seines Gegenübers festhielt. "Er mag dein Verhalten einfach nicht, aber ich liebe es, Yoongi." "Mhm."

Lächelnd wandte Jimin sich ab, um nach dem Arbeiter am Boden zu sehen. Nach wie vor lag Seokjin langgestreckt auf dem Boden und schien zu schlafen, weshalb Jimin sich besorgt über ihn beugte, ehe er seine Hand auf seiner Stirn platzierte. "Er glüht förmlich", hauchte er erschrocken. "Er hat Fieber! Er muss sofort auf eine Krankenstation, damit er sich ausruhen kann. Kannst du ihn nehmen?" "Okay, ich nehme ihn", wiederholte der General die Bitte, weshalb er sich vor den bewusstlosen Mann hockte, ehe er ihn vorsichtig in seine Arme nahm. "Ach wirdi duför sergin, duss do waidir gisond warst, blendir Brodir", hauchte er dem Mann zu, bevor er ihn enger an seinen Körper drückte. "Du läufst voran, ich trage ihm hinter dir her", meinte der General dann, weshalb der schwarzhaarige Mann schnell aus dem Lager der Arbeiter lief, gefolgt von dem Leibwächter des Kronprinzen.

"Jimin, ich bleibe bei meinem Bruder", sprach Yoongi plötzlich aus, weshalb Jimin abrupt stehenblieb. "Bruder? Seid ihr verwandt?" "Nein, aber seine Vorfahren stammen aus meinem Dorf. Er ist mein blonder Bruder", meinte Yoongi, während er sich an Jimin vorbeischob. "Und ihm muss sofort geholfen werden." "Ja, das verstehe ich, aber trotzdem bleibst du jetzt hinter mir und schweigst", ordnete Jimin an, weshalb Yoongi stehen blieb und wütend auf den Boden trat. "Ich lasse mir nichts von dir sagen!", fauchte er danach, nur um sich wütend an Jimim vorbeizuschieben. Und dieser seufzte ergeben. Yoongi konnte nämlich schnell impulsiv werden.

Den restlichen Weg zur Krankenstation schwiegen sie, da Jimin wollte, dass sich sein bester Freund abreagierte. Er konnte nichts für sein Temperament oder seine Ausbrüche, aber Jimin versuchte, sie zu reduzieren und zu vermeiden. Denn das half keinem in keiner Situation. Seine Vergangenheit hatte Spuren hinterlassen, so wie auch die Ereignisse des großen Krieges, in dem er an der Front mitgekämpft hatte. Dementsprechend hatte er andere Handlungsweisen erlernt.

"Chonhee, eine Liege!", rief Yoongi, während er mit lauten Schritten durch den Flur lief. Vereinzelt lagen andere Arbeiter mit unterschiedlichsten Verletzungen in den Krankenbetten, wo sie bestens von dem Ärzteteam umsorgt wurden. "Was kann ich für Sie tun?", fragte ein junger Mann, während er aus einem Lagerraum getreten kam. Er hatte ebenfalls blonde Haare, die er kurzgeschoren hatte. Vor seinem Mund hing eine medizinische Maske in einem hellen Grünton, welcher passend zu dem weißen Outfit gewählt war, welches ihn wie einen Krankenpfleger aussehen ließ. "Was hat der junge Mann, General Min?" Still legte der angesprochene Mann den Bewusstlosen hin, bevor er ihm eine nassgeschwitzte Strähne aus der Stirn strich.

"Er hat Fieber, Chonhee", antwortete Jimin ihm. "Der Soldat Jeon hätte ihn beinahe vergewaltigt, er steht sehr wahrscheinlich unter einem Schock." "Okay, danke Sir Park. Ich werde mich sofort um den Mann hier kümmern. Kommt er aus dem Dorf?", fragte er, während er dem Mann mit einer Nadel in die Ellenbeuge stach. "Nein, er kommt aus dem untersten Distrikt. Wahrscheinlich kommen seine Vorfahren aus dem Dorf", antwortete Jimin, während er kurz zu Yoongi schaute, der mit ausdrucksloser Miene zu dem Arbeiter schaute. "Ich werde gehen müssen. Mein Dienst bei der königlichen Majestät steht an", sagte er mit fester Stimme, bevor er sich verbeugte und danach im Gleichschritt von der Station ging.

"Ich finde den General sehr eigen. Wie kommen Sie so gut mit ihm klar?", fragte Chonhee, während er ein paar schnelle und eingeübte Handgriffe anwandte, um dem Bewusstlosen zu helfen. "Er hat ein anderes Weltbild, als wir es haben. Wenn man es versteht, versteht man auch den General", erklärte Jimin. "Er wollte auch, dass ich nach Seokjin hier schaue. Und er hat ihn Bruder genannt." "Ah, blendir Brodir? Das ist eine alte Tradition", murmelte Chonhee. "Er ist sehr traditionell. Wahrscheinlich enttäuscht, dass Seokjin hier nicht aus dem Dorf kommt, oder?" "Ja, da haben Sie recht", grinste Jimin. "Ich werde auch gleich gehen müssen. Ich werde mich um seine Majestät kümmern müssen. Informieren Sie mich über alles, was Seokjin passiert, in Ordnung?" "Mache ich, Sir Park. Ich werde Ihnen alles auf ihr Phablet zukommen lassen. Ich kümmer mich um den Arbeiter." "Dankeschön. Ich werde es Ihnen gutschreiben." Schnell stand Jimin auf, ehe er aus der Krankenstation herauslief.

"Ich kümmer mich gut um dich, blendir Brodir", murmelte Chonhee. Vorsichtig tupfte er ihm den Schweiß von der Stirn, weshalb Seokjin leise Geräusche von sich gab. "Ganz ruhig, lassen Sie ihre Augen ruhig geschlossen." Seokjin atmete einmal tief durch. "M-Mein Kopf. Er tut weh", keuchte Seokjin. "Du hast Fieber. Du musst hier bleiben und Medikamente nehmen. Ich kümmer mich um dich", erklärte der Pfleger. "Ist gut." Schwach öffnete Seokjin seine Augen. "Albino?" "Ja, ich komme aus dem Dorf", lächelte Chonhee. "Du solltest sich jetzt aber wirklich ausruhen." "Danke für die Hilfe." "Es war der General, der Sie hier hergebracht hat. Er sorgt sich um digh. Aber du musst jetzt wirklich schlafen. Für deine Gesundheit." "Mhm, ist gut", wiederholte Seokjin seine Worte wie gerade, bis er sich vollkommen fallen ließ und einschlief.

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