Müde wachte Seokjin aus seinem merkwürdigen Schlaf auf. Er hatte weder geträumt, noch fühlte er sich in irgendeiner Art und Weise ausgeruht. Er fühlte sich schlapp und kraftlos. Und das so richtig.
Als erstes schaute er sich um. Dabei fiel ihm auf, dass es sehr kalt und leer in dem Zelt war. Joon war nicht anwesend, aber er konnte leise Gespräche von weiter entfernt hören. Deshalb schälte er sich aus seinem Schlafsack, ehe er das Zelt verließ. Draußen war es schon fast dunkel, die Sonne stand unheimlich tief über der kleinen Lichtung zwischen den vielen Bäumen, auf der sie ihr Lager aufgestellt hatten. Es brannte ein Lagerfeuer, an welchem einige Personen auf alten Baumstämmen hockten und sich in einer angenehmen Stimme miteinander unterhielten. Und Seokjin steuerte genau diese Personen an.
"Ah, Honeyhead!"
Joon hatte seinen Freund direkt entdeckt, weshalb er von einem der Baumstämme aufgesprungen war und nun zu diesem eilte. "Wir haben noch nichts gegessen, mach dir keinen Kopf." "Alles gut", murmelte Seokjin müde. "Du siehst immer noch müde aus", lächelte Joon, während er mach Seokjins Hand griff und ihn zum Lagerfeuer führte. "Du kannst dich gerne mit uns unterhalten." Nickend setzte sich Seokjin auf einen der Baumstämme neben einen ihm fremden Mann, ehe Joon sich auf die andere Seite setzte und ihn direkt an seine Brust zog, wo er dann auch verblieb.
"Also, wir haben gerade ein wenig über das Palastleben geredet", begann Joon. "Irgendjemand, der dort arbeitet, hat das Schloss angegriffen", kam es sofort von einem anderen Mann. "Die waren gut! Das müssen die Rebellen gewesen sein!", rief ein anderer, wodurch eine riesige Diskussion entstand. "Locker war es jemand aus den unteren Kasten. Ich meine, die Neun und die Acht beschweren sich immer!" "Oder es waren Zehn! Die sind so was von hinterlistig! Mit denen ist nicht zu spaßen!"
Seokjin wurde im Hintergrund immer kleiner. Zu den gerade Angeschuldigten gehörte auch er- immerhin war er 'nur' eine billige Acht, die früher täglich um die Existenz gekämpft hatte. Was war denn, wenn es wahr wäre? Er würde direkt weggesperrt werden, genauso wie Hoseok. Und dieser schien seit Ewigkeiten wieder ein wenig zu lächeln. Es war nicht fair, ohne Anhaltspunkte jemanden zu beschuldigen. Es hätte wirklich jeder gewesen sein können!
"Ich gehe", hauchte Seokjin deshalb nach einer Weile, in der er den lauten Anschuldigungen gelauscht hatte. Er konnte nicht ertragen, wie sie über ihn und gleichgestellte sprachen. Niemand konnte etwas dafür. Niemand konnte sich aussuchen, in welche Kaste man geboren wurde. Aber trotzdem wurde jeder dafür kritisiert. "Ich will mir diesen Mist nicht anhören!" Damit löste er sich von Joon, der ihm verwirrt nachschaute.
"Honeyhead, bleib stehen", verlangte er, weshalb Seokjin dieses tatsächlich tat. "Warum?" "Wieso gehst du schon? Wir unterhalten uns doch alle gemeinsam, du kannst gerne mit uns reden", meinte Joon sanft, weshalb Seokjin tatsächlich wütend herumfuhr. "Damit ich weiter diesen dämlichen Anschuldigungen lauschen kann? Ich meine, wie sinnvoll ist es, diejenigen zu beschuldigen, die am dümmsten sind, so etwas zu planen? Womit sollten Menschen wie ich kommunizieren? Wir können ja nicht einmal lesen! Aber Hauptsache die werden beschuldigt, die eh keinen Status haben! Diejenigen, die täglich geschlagen, bespuckt, vergewaltigt und umgebracht werden, weil man immer Sündenböcke braucht! Und das sehe ich nicht ein! Schon einmal daran gedacht, dass es jemand aus dem Schlossinneren gewesen ist? Wie könnte jemand so gezielt angreifen, wenn er gar nicht den Aufbau des Palastes kennt?" Wütend schnaufte Seokjin einmal, bevor er in die Runde schaute.
Alle, wirklich alle anderen Männer schauten ihn sprachlos an. "Er hat recht", begann dann der erste, weshalb eine erneute Diskussion entstand. Dieses mal aber über die mangelnde Sicherheit, dicht gefolgt von Kommentaren zu der unfähigen Regierung. Seokjin hielt sich da besser raus. Er vertraute den Personen nicht wirklich und er wollte nicht das Risiko eingehen, Königslästerung zu betreiben und deshalb mit dem Tod bestraft zu werden.
"Tut mir leid."
Überrascht drehte sich Seokjin zu Joon, der ihn entschuldigend anschaute. "Ich wusste nicht, wie das Thema dich betrifft. Sonst hätten wir über etwas anderes-" Joon schien plötzlich mitten im Satz nicht mehr reden zu können. Starr schaute er nach vorne, bevor er seinen Kopf in den Nacken riss und deshalb stumpf nach vorne umfiel. Und durch das Geräusch des dumpfen Aufpralls fuhren auch die anderen Arbeiter überrascht herum.
"Nicht schon wieder!" Ein etwas älterer Mann mit schulterlangen Haaren in schwarz stand als erster auf, ehe er zu Joon ging, der regungslos am Boden lag. "Der trinkt gefühlt nichts!" Ein anderer Mann hockte sich auf die andere Seite. "Wie lange sind wir schon hier und wie viel Wasser hat er getrunken?" "Definitiv zu wenig", sprach der erste Mann. "Wir bringen ihn gleich einfach in sein Zelt, wenn er wach ist. Und vorher wird der Mann hier trinken!" Schmunzelnd schauten auch die anderen Arbeiter zu dem bewusstlosen Mann, welcher langsam wieder zu Bewusstsein kommen schien. Definitiv war er für heute Abend fertig.
"Honeyhead, richtig?", fragte der äntere Mann, weshalb Seokjin nickte. "Kannst du das Zelt und den Schlafsack von Joon öffnen? Dann bringen wir ihn da hin. Er kann sich jetzt die ganze Nacht ausruhen." Still kam Seokjin der Aufforderung nach, weshalb der muskulöse Mann nur wenige Minuten später auf der dünnen Matratze lag. "Ich bleibe noch ein wenig bei ihm", beschloss Seokjin, weshalb die anderen nickten. "Wenn etwas ist, dann kannst du dich gerne melden."
Während Seokjin auf seiner Matratze neben Joon saß, fiel ihm etwas auf. Er war definitiv nicht der einzige, der um sein Leben kämpfte. Wenn Joon alleine nicht auf die Idee kam, etwas zu Trinken zu sich zu nehmen, dann musste er wohl im normalen Alltag bewusst darauf verzichten. Auch, wenn er immer einen positiven und lebensfrohen Eindruck erweckte, war er wohl tief im Inneren ein armer Farmer, der das Leben immer aus einem glücklicheren Blickwinkel als alle anderen sah. Und das bewunderte Seokjin zutiefst, weshalb er einfach still durch seine Haare fuhr. Er mochte Joon sehr gerne. Am liebsten würde er ihn jeden Tag um sich haben, sich um ihn kümmern oder einfach mit ihm reden. Denn er begann sich in den Mann zu verlieben.
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Royalty [{NamJin}]
أدب الهواةKastensysteme. Das Land Aeros ist geteilt. Und mittendrin? Der 27-jährige Fensterputzer Seokjin, Kaste Acht. Eigentlich ist für Seokjin alles so wie immer, bis er eines Tages den Farmer Joon, Kaste Sechs, zufällig in der Nähe des Palastes von Aeros...