"Hast du eine 'Frau' gesagte?" ich nickte. "Du hast schon mitbekommen, dass du auf Männer stehst?" fragte er belustigt und tippte mir dabei auf die Brust. Frau Wagner und Luke unterhielten sich zum Glück bekamen also nichts davon mit. "Aber das ist doch das Lebensziel was man hat oder nicht? Der Amerikanische Traum oder so?" "Nur weil es das Ziel von vielen ist, muss es nicht auch dein Ziel sein. Du sollst das erreichen was du willst und was dich im Leben glücklich macht." "Aber was soll ich denn machen?" er schien nicht zu verstehen, dass all meine Vorstellungen von der Zukunft einfach über den Haufen geworfen wurden. "Du könntest zum Beispiel Latein studieren und Lehrer werden." schlug er vor. Die Idee schien mir noch nicht mal soweit hergeholt. Schließlich konnte ich fließend Latein seit ich fünf war. Wie konnte dieser Junge sich einfach so hin stellen und eine Lösung für mein Problem aus dem Ärmel schütteln? "Komm steigen wir erstmal wieder ein."sagte er versöhnlich und schob mich sanft aber bestimmend wieder Richtung Bus. " Ist alles wieder in Ordnung?" fragte Frau Wagner besorgt. Ich nickte und wir stiegen ein und setzten uns wieder, George neben mich und Luke alleine.
Den Rest der Fahrt verbrachte ich damit aus dem Fenster zu schauen und George war mit seinem Handy beschäftigt.
An der Schule wartete schon Bruder Benedikt auf mich. Sobald ich aus dem Bus gestiegen war, stürmte der rundliche Mann auf mich zu und schloss mich in seine Arme. "Wir geht es dir? Wie geht es deinem Bein?" "Ganz gut. Ich hatte nochmal Fieber aber das ist abgeklungen, danke George und Luke." er nickte die ganze Zeit, wurde jedoch verwirrt als ich Lukes Namen erwähnte. "Luke? Wer ist das?" "Jemand der George geholfen hat mich ins Krankenhaus zu bringen." erklärte ich möglichst beiläufig. Bruder Benedikt ließ das so stehen und holte dann meinen Koffer. Während er ihn ins Auto brachte verabschiedete ich mich von George und ging ihm dann hinterher zum Auto. Nach Luke schaute ich mich nicht um. Er sollte nicht glauben, dass wir jetzt Freunde oder irgendwas wären auch wenn er mir geholfen hatte.
Schweigend fuhren wir nach Hause. Bruder Benedikt schien zu merken, dass ich nicht reden wollte. In meinen Gedanken spuckten die Bilder von gestern Abend, dann heute Morgen, Lukes verletztes Gesicht in der Kapelle, die braunhaarige Frau vor dem schönen Haus, der Abend am See, das Studium in Latein. Alles brachte mich irgendwie durcheinander und nahm meine Gedanken voll ein. Als wir zu Hause waren schleppte ich zusammen mit Bruder Benedikt meinen Koffer in mein Zimmer, schmiss die schmutzigen Sachen in die Wäsche und ließ mich aufs Bett fallen. Ich war von letzter Nacht immer noch nicht richtig ausgeschlafen weshalb ich einen Mittagsschlaf für angebracht hielt.
Der Tag verging und ich erledigte meine Aufgaben. Die anderen bemerkten zwar, dass ich etwas in Gedanken versunken war, aber sie dachten bestimmt es läge an der Sache mit dem Bußgürtel. Lag es ja irgendwie auch. Ach ich wusste auch nicht. Irgendwie hing alles miteinander zusammen. Und der gemeinsame Punkt war ein Junge mit dunkelblondem Haar und den blauesten Augen der Welt.
Der Samstag verging und nichts passierte. Am Sonntag rief George an und fragte ob ich zu ihm kommen wollte. Ich sagte zu, er holte mich ab und wir zockten drei Stunden FIFA.
Am Montag in der Schule war alles so wie immer. George und ich waren zusammen in den Pausen und sonst beachtete uns eigentlich keiner. So ging das die ganze Woche und am Freitag gingen wir noch zusammen zum Bäcker, kauften eine Streußelschnecke und fuhren dann zum See um sie dort zu essen. Wir redeten über dies und das und eigentlich nichts. George überging das ganze Thema. Das machte irgendwie, dass es wie keine große Sache mehr schien und half mir mich damit abzufinden.
Bevor es dunkel wurde, fuhr George mich nach Hause ins Kloster. Ich fiel abends nach dem Gebet zum Komplett ins Bett und dachte wiedereinmal nach. Über meinen ganzen Gedanken schlief ich an und wurde halb fünf zur Abwechslung mal von meinem Handy geweckt. Ich warf einen Blick auf das Display. "George?" meine Stimme klang noch rau vom Schlaf. "Hey. Morgen Jonnyboy." flötete er ins Telefon. "Was willst du?" "Was ist das denn für eine Laune?" "Du hast mich geweckt." mozte ich. "Ach du wärst eh gleich aufgestanden." "Ich hätte noch ne halbe Stunde schlafen können!" "Naja jetzt bist du ja wach." "Ja warum wohl?" fragte ich sarkastisch."Was wolltest du denn nun?" "Ich wollte dich fragen ob du heute Abend mit zum See kommen willst. Ein paar Kumpels treffen sich und wollten ein Lagerfeuer machen." ich murrte müde. "Dafür rufst du mich jetzt an?" "Ja was ist denn nun? Ich war grad noch wach." erklärte er. "Wann gehst du denn im Normalfall ins Bett?" "Das tut doch jetzt nichts zur Sache. Kommst du denn nun mit?" ich war noch so unglaublich müde. "Ja." sagte ich deshalb einfach. Was wollte er damit bezwecken mich um diese Uhrzeit anzurufen. "Ok. Ich hol dich dann nach der Vesper ab." sang er noch einmal ins Telefon bevor wir uns verabschiedeten und ich wieder auflegte.
Als George mich am Nachmittag abholte, war ich gerade fertig mit meiner Arbeit im Garten. Ich wusch mir noch schnell die Hände und zog mich um während er unten mit Pater Peter plauderte. Als ich die Treppe herunter kam, verabschiedete er sich gerade von ihm und wir konnten losfahren. Ich setzte mich in Georges Auto auf den Beifahrersitz und er fuhr los zum See. "Wer ist denn eigentlich alles so da?" fragte ich beiläufig. Er schaute durch die Frontscheibe auf die Straße während er mir antwortete. "Eigentlich hauptsächlich die Leute, mit denen wir auf der Klassenfahrt abgehangen haben. Alex, Leopold, Lasse, Pascal, dein Liebster.." zählte er auf. "Er ist nicht mein Liebster." zischte ich durch zusammengepresste Zähne. "Das sah aber letzte Woche noch ganz anders aus." da war es wieder. Das Thema von dem ich geglaubt hatte wir hätten es abgeschlossen. "Ich hab mit ihm geredet." sagte er jetzt etwas ernster. "Er gibt sich selbst dafür die Schuld. Aber weißt du was ich glaube?" er ließ mich überhaupt nicht antworten. "Ich glaube du hast genau so viel Schuld. Ich glaube nämlich du wolltest es auch. Wenn du ganz ehrlich zu dir bist hat es dir doch gefallen, oder?" jetzt ließ er mir natürlich genug Zeit zum antworten obwohl ich es lieber gehabt hätte wenn er weiter gesprochen hätte. "Ja es war schön." gab ich zu und verschenkte die Arme vor der Brust. "Also. Wo liegt das Problem? Es hat dir gefallen, es ist nicht verboten." "Es war ungewohnt." "Nur weil etwas neu ist heißt es ja nicht gleich, dass es etwas schlechtes sein muss." wandte er ein. "Denk mal drüber nach Bruder."
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Religious
RandomJohn ist überzeugter Christ. Sein ganzes Leben führt er nach den Lehren Gottes und zweifelt nie an ihrer Richtigkeit. Doch dann taucht plötzlich ein neuer Schüler auf und wirft ihn in einen Konflikt zwischen seinem Glauben und seinen Gefühlen. "Wa...