Auf dem Eiffelturm

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Ich genoss, wie die Energie durch meinen Körper floss. Ich hatte das Gefühl, all die positiven Spannungen aufzunehmen. Der Wind, der hier oben viel Stärker wehte, stich über meine Haut und zerrte an meinen Haaren. Ich fühlte mich so wohl und komplett und befand, dass dies genau der Richtige Moment war um ein Gebet zu sprechen. Ich hatte dies in der letzten Zeit zusammen mit Luke kaum getan und fühlte mich deshalb etwas schuldig. Natürlich vorm Essen und Abends vor dem Schlafen gehen, ließ ich es wirklich nie ausfallen. Aber die anderen Gebete über den Tag verteilt hatte ich hier und da mal vergessen, oder in einem Schwung alle zu einer Tageszeit gepriesen. Das leise Piepen meiner Armbanduhr ließ sich leider viel zu leicht überhören und durch den Flug gestern Nacht war eh alles irgendwie durcheinander gekommen. 

Ich legte also meine Hände übereinander auf das Geländer und wandte meinen Blick gen Himmel. Zu Gott. Ich schloss die Augen, um ihm noch näher zu sein. "Exaltabo te, Deus meus rex, et benedicam nomini tuo in saeculum" begann ich. "Et in saeculum saeculi. Per singulos dies benedicam tibi, et laudabo nomen tuum in saeculum, et in saeculum saeculi. Magnus Dominus, et laudabilis nimis, et magnitudinis ejus non est finis..."* 

Ich murmelte den Text leise vor mich hin. Lukes Anwesenheit störte mich dabei überhaupt nicht. Er legte seine Hände links und rechts von mir auf das Geländer und beschützte mich so. Er schaute über meine Schulter in die Ferne und ich konnte seinen Atem an meiner Wange spüren, er war ganz leise und respektierte meine Gebet. Ich wusste, dass er mich dabei niemals unterbrechen würde und unangenehm war mir vor ihm irgendwie auch nichts. Ich fühlte mich bei ihm einfach sicher und geborgen. Der lateinische Text kam auswendig über meine Lippen. Ich hatte ihn schon abertausende mal gesagt und damit meine Ergebenheit gegenüber Gott zum Ausdruck gebracht. Ich kam zum Schluss und endete mit einem leisen "...Amen." bevor ich die Augen öffnete und der Sonne entgegen blinzelte. "Das war schön." flüsterte mein Honig in meine Ohr und sein Atmen, den ich trotz des starken Windes spürte, versuchte bei mir eine Gänsehaut. "Deine Stimme klingt so hingebungsvoll wenn du betest. Ich mag das." lächelte er und küsste sanft meine Ohrmuschel. Es kitzelte etwas, weshalb ich kichern musste und mein Ohr gegen meine Schulter rieb. Mein Haar schlug in mein Gesicht, doch das störte mich nicht.  Ein leises Lachen neben mir verursachte in meinem Bauch wieder dieses wohlige Kribbeln und ich grinste wie ein Honigkuchenpferd. "Und dein Latein...ich weiß nicht, das ist irgendwie heiß." raunte er wieder in meine Ohr. Das Kribbeln in meinem Bauch wurde stärker und ich merkte wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Ich biss mir auf die Lippe, um das Grinsen zu verstecken, welches sich auf meinem Gesicht ausbreitete. "Aww, wird da jemand rot?" brummte er und küsste sanft meinen Hals. "Hmhm." ich schüttelte meinen Kopf und murmelte ein verneinendes Geräusch, aber ich musste dabei so sehr Grinsen, dass es kaum glaubwürdig rüberkommen konnte. "Nein?" grinste er gegen meinen Hals. "Nei-n." sagte ich, doch es endete in einem Quicken, da er mir doch tatsächlich in den Hals gebissen hatte! "Ich liebe dich." kam es plötzlich völlig nüchtern und ergeben von Luke. Mein Grinsen verschwand und wich Erstaunen. Ich wandte ihm mein Blick zu, meine Augen weit aufgerissen und den Mund leicht geöffnet. Ich war so überrascht und vollkommen überwältigt, dass die Bedeutung dieser Worte nur ganz langsam in mein Bewusstsein drang. Hatte er gerade gesagt, dass er mich liebt? Dieser unglaubliche, perfekte Junge? Der hatte...? In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. War ihm das nur so raus gerutscht? Sollte ich es ignorieren? Hatte ich es vielleicht falsch verstanden? War es überhaupt so gemeint? Ich war mir nicht sicher, konnte meine Frage aber trotzdem nicht zurück halten.

"Wa- Was hast du gesagt?" meine Stimme zitterte. Ich wusste nicht was ich machen würde, wenn er mich auslachen würde und mir antwortet wie lächerlich die Vorstellung sei, da er mich nicht lieben könnte, da niemand mich lieben könnte. Jedenfalls nicht auf diese Weise, weil ich dafür einfach nicht geschaffen war.

"Ich habe es gesagt?" ein warmes, verunsichertes Lächeln flog über seine Züge, als er daran dachte, welches aber sofort wieder verschwand und Unsicherheit wich. Ich wusste nicht was ich jetzt machen sollte. Wollte er es gar nicht sagen?!

Trotzdem nickte ich eingeschüchtert. 

Er fuhr sich verzweifelt durch die Haare und schien irgendwie wütend auf sich selbst. Ich wusste es, er meinte es gar nicht so! Eine plötzliche Beklemmung stieg in mir hoch und schien meine Kehle ab zu schnüren. Ein unangenehmer Druck setze sich auf meine Brust und ließ mich schwerer Atmen. Ich wandte mich ab, damit er meine aufkommenden Tränen nicht sehen konnte. Da spürte ich seine Hand an meinem Arm.

 "Hör zu John..." er nannte mich John. Warum tat das plötzlich so weh? "Ich weiß es ist ziemlich früh dafür. Ich...du musst, das jetzt auch nicht erwidern ok? Es ist mir nur so raus gerutscht. Aber ich werde es jetzt nachdem ich es gesagt habe auch nicht wieder zurück nehmen, auch wenn es für dich zu früh ist. Aber du gehst mir einfach  nicht mehr aus dem Kopf. Du bist da drin 24 Stunden am Tag." Er drückte seinen rechten Zeigefinger gegen seiner Schläfe. "Und wenn ich nur an dich denke, dann kann ich einfach nichts gegen dieses dümmliche Grinsen machen. Ich laufe rum wie so ein blöder grinsender Idiot. Ich weis nicht wie du das machst, aber du hast mich völlig unter Kontrolle. Ich würde einfach alles für dich machen, weil...weil es einfach stimmt, weil ich dich abgöttisch liebe."

Er machte kurz eine Pause und atmete tief ein, sodass sich seine Schultern hoben. Ich war zu überwältigt, um auf seine Worte reagieren zu können. Das war einfach so viel für mich. 

"Du musst mir keine Antwort geben, ich will jetzt sicherlich kein 'Ich liebe dich' von dir nur, weil ich es auch gesagt habe. Lass dir die Zeit die du brauchst. Sag es wenn du bereit bist, wenn du dir nicht sicher bist, sag es nie, aber ich tue es. Mit jeder Faser meines Körpers liebe ich dich und ich bin gespannt darauf alles von dir kennen zu lernen, jedes schmutzige Detail über dich zu erfahren und alles über dich heraus zu finden, wenn du mich lässt..." meine Wangen erröteten, seine Stimme wurde durch seine Aufregung erstickt und sah im Augenwinkel, dass seine Hände zitterten. Über meine Wangen rannen mittlerweile Tränen und ich hatte mich am Geländer festgehalten um nicht zusammenzubrechen. Ich war unfähig etwas zu sagen und sah ihn einfach nur an, während ich heulend vor ihm stand. In mir explodierte die Freude und ich hatte das Gefühl Regenbögen machen zu können. 

Luke schluckte nervös und das löste mich aus meiner Starre. Ich ließ das Geländer los und fiel ihm um den Hals. Meine Beine gaben nach, aber das war egal, denn Luke hielt mich in seinen starken Armen. Ich drückte mein Gesicht in seinen Hals und flüsterte einfach immer wieder diese drei Worte. Meine Stimme wurde von Schluchzern unterbrochen, aber ich meinte es jedes Mal. 

Irgendwann unterbrach er mich indem er sein Gesicht zu mir wandte und mich vorsichtig küsste, als sei ich zerbrechlich wie dünnes Glas. Er legte seine Hände an meinen Hinterkopf, auf der Höhe meines Haaransatzes und ich lehnte mich in seine Berührung. Ich zerfloss in seiner Umarmung, zwischen seinen Fingern. Aber das war egal, denn es war er. 

*(Du mein Gott und König, dich will ich rühmen; immer, ohne Ende, will ich dir danken, jeden Tag will ich dir danken; immer ohne Ende will ich dich preisen! Ich will bekennen: "Der Herr ist mächtig, man muss ihn rühmen ; seine Macht ist unermesslich groß!")

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