Sein Blick zeigte Überraschung. Dann wandelte er sich. Als hätte er etwas endlich verstanden und als würde alles auf einmal Sinn ergeben und zueinander passen.
"Erinnerst du dich an den jungen Mann, der ein paar Monate bei uns war als du sieben Jahre alt warst?" "An Johannes? Ja natürlich, wieso?"
"Er war kurz vorher von seinen Eltern raus geschmissen worden.
Bevor er zu uns ins Kloster kam. Er war am Boden zerstört und hielt sich für etwas Abscheuliches. Er war zu uns gekommen um zu beichten und wollte sich dann das Leben nehmen, wie ich später erfuhr.
Er glaubte mit seiner Existenz die Erde zu 'verschmutzen'. So nannte er es.
Er blieb wie du ja weist ein paar Monate bei uns und wir halfen ihm zu Gott zu finden und zu verstehen, dass er nichts schlechtes war. Gott hatte ihn gemacht so wie jeden anderen Menschen auf der Welt und liebte ihn, denn er war kein Sünder.
Die Bibel, Gottes Wort an dem wir uns orientieren und nach dem wir uns richten, erwähnt mit keinem Wort, dass seine Liebe falsch war. Es sagt zwar, dass Adam und Eva zusammengehören verbietet aber kein Adam und Adam.
Du musst wissen, dass die Interpretation der Bibel häufig zu Missverständnissen führt. Ich persönlich glaube, dass Gott alle Menschen liebt, die er erschafft und da die sexuelle Orientierung eines Menschen von Geburt an gegeben ist, liebt er auch diese die anders sind. Wir ziehen nur Gottes Wut auf uns, in dem wir südigen. Es sind unsere Entscheidungen die uns verändern und nicht durch unser Wesen.
Bruder John du bist ein guter Mensch, weil wir dich zu einem solchen erzogen haben."
Er sah mich aus seinen warmen väterlichen Augen an und ich war so unglaublich gerührt von seinen Worten. Eine schwere Last schien von meinen Schultern zu fallen. Ich spürte wie mir die Tränen unaufhaltsam die Wangen herunter liefen und streckte meine Arme nach ihm aus. Er schloss mich in eine feste Umarmung und küsste mich auf die Stirn. "Danke" murmelte ich in seine Schulter.
"Mein Kleiner. Ich liebe dich trotzdem." "Ich liebe dich auch." schluchzte ich. Wir blieben noch einen Moment so sitzen bis ich mich wieder etwas beruhigt hatte und mich von ihm löste.
"Aber wie geht es jetzt weiter?" fragte ich etwas ratlos. Schließlich war meine komplette Zukunftsplanung jetzt über den Haufen. Ich hatte vorgehabt mein Zölibat abzulegen und nach meinem Abi Theologie zu studieren, ich wollte schon seit ich klein war Mönch werden und auf einmal war meine Zukunft ungewiss.
"Dir steht die ganze Welt offen mein Kleiner." antwortete er. "Wir werden schon etwas schönes für dich finden. Und bis du dein Abitur abgeschlossen hast bleibst du selbstverständlich im Kloster wohnen. Schließlich sind ich und Bruder Benedikt immernoch deine Erziehungsberechtigten. Es hat sich nichts geändert. Außer vielleicht, dass wir uns jetzt noch besser vertrauen können." lächelte er und ich fühlte mich aufeinmal irgendwie ganz leicht und frei.
"Da bliebe nur nach eine Sache zu klären."
"Was denn?"
"Möchtest du auf deiner Klassenfahrt bleiben, oder möchtest du mit uns nach Hause fahren?"
"Ich würde gerne noch etwas bleiben." sagte ich schüchtern.
Pater Peter lachte und wuschelte mir durch die Haare. "Dann bringen wir dich und die anderen beiden noch ins Schloss bevor wir nach Hause fahren. Eure Lehrerin ist gefahren nachdem sie uns verständigt hatte." " Frau Wagner war da?" fragte ich etwas überrascht. "Ja natürlich sie hat die Aufsichtspflicht über dich wenn du in der Schule bist.
Natürlich. Ich klatschte mir mit einer Hand an den Kopf. Wie konnte ich das nur vergessen. Hatte ich gedachte George und Luke würden allein mit mir ins Krankenhaus fahren?Pater Peter und Bruder Benedikt fuhren uns jetzt wieder zum Schloss. Ich hatte Dr. Rosenbaum hoch und heilig versprechen müssen mich nicht mehr selbst zu verletzen und er hatte sich die Unterstützung von Bruder Benedikt und Pater Peter dazu geholt. Dann hatte ich einen ordentlichen Verband bekommen und mich im Bad wieder umgezogen. Meine Wunde hatte dabei geschmerzt, aber noch lange nicht so doll wie vor der Behandlung.
Als wir ins Auto gestiegen waren hatte sich George einfach in die Mitte gesetzt, sodass ich jetzt rechts hinten hinter Pater Peter saß und Luke auf der Beifahrer Seite. Ich hatte trotzdem immer noch dieses Kribbeln, diese seltsame Unruhe die mich überkam wenn er in der Nähe war. Um mich abzulenken schaute ich aus dem Fenster und spiele unruhig mit meinen Händen.
"Was hast du?" fragte mich plötzlich George, ich zuckte zusammen und wandte mich um.
"Nichts." sagte ich unsicher und starrte zu ihm hinüber. George folgte meinem Blick und lachte kurz auf. "Nichts." wiederholte er amüsiert.
Aber ich war immer noch irgendwie sauer auf ihn. Wie kam er eigentlich dazu so etwas einfach zu sagen? Vor allem wenn noch fremde Leute mit im Raum waren. Das war eine unglaublich private Sache, jedenfalls für mich.
Woher hatte er das überhaupt gewusst. Ich hatte es mir ja selbst kaum eingestehen wollen. Er hatte mein ganzes Leben durcheinander gebracht und tat so als wäre nichts gewesen.Als wir mit dem Auto angekommen waren, war Luke sofort raus gesprungen. Er hatte sich bei Pater Peter und Bruder Benedikt bedankt und war ins Schloss gelaufen. Ich und George hatten noch am Auto gestanden, wobei George sich mit einer Umarmung verabschiedete und ich mit dem Fuß auf dem Boden rumkratzte.
Danach hatte ich Bruder Benedikt lang und fest umarmt und Pater Peter hatte mir, so wie immer, einen Kuss auf die Stirn gedrückt.
Frau Wagner kam aus dem Schloss gerannt und hatte sich noch kurz mit den Beiden unterhalten, während wir bereits wieder ins Schloss verschwunden waren. George hatte mich auf dem Weg hierher gestützt.
Kaum war unsere Zimmertür verschlossen, platze das aus mir raus was mir die ganze Zeit unter den Nägeln gebrannt hatte.
"Wie konnest du nur?"
"Was meinst du?" stellte er sich dumm.
"Du weist genau was ich meine."
"Nein. Hilf mir mal auf die Sprünge."
"Was soll das?"
"Ich will, dass du es selber sagst."
"Ich bin..." ich konnte es nicht,
wieder nicht.
Während er mich grinsend ansah, wurde ich immer wütender.
"Du kannst es nicht sagen." lachte er.
Ich ging auf ihn zu und wollte mit meinen Fäusten gegen seine Brust trommeln, doch er hielt meine Hände fest um sich zu schützen.
Durch meinen Schwung fielen wir zusammen aufs Bett und ich lag auf ihm drauf.
Er lachte währen ich ihn immer noch wütend anstarrte.
"Hast du dich dann abreagiert, Kleiner?" ich knurrte ihn nur an ließ dann von ihm ab und mich auf mein Bett fallen.
"Ich hasse dich." sagte ich noch etwas böse. "Ich bin verletzt." sagte er theatralisch und fasste sich dabei ans Herz. "Solltest du auch. - Wie hast du es raus bekommen?"
"Es war offensichtlich."
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Religious
RandomJohn ist überzeugter Christ. Sein ganzes Leben führt er nach den Lehren Gottes und zweifelt nie an ihrer Richtigkeit. Doch dann taucht plötzlich ein neuer Schüler auf und wirft ihn in einen Konflikt zwischen seinem Glauben und seinen Gefühlen. "Wa...