Welche Gedanken?

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Als ich wieder aufwachte fühlte ich mich schwach und schläfrig. Ich konnte meine Augen nicht öffenen, aber ich konnte sagen, dass ich in einem hellen Raum war.
Ich hörte George der sich mit jemadem unterhielt.
"Er wird ein Zölibat ablegen und sich damit dann Gott versprechen." an seiner Stimme konnte ich erkennen, dass er es jemandem erklärte. Es war kurz ruhig, bis wieder diese Honigstimme sprach. "Das heißt er ist noch gar kein richtiger Mönch?" "Nein." "Und wenn er dieses Dingsda-" "-Zölibat-" " ja wenn er das ablegt, dann..." "Dann wird er bis ans Ende seines Lebens enthalsam leben." "Wow." So wie er das erklärte klang es so hart und entgültig. "Ich könnte das nicht." "Ja er ist sich seiner Sache da ziemlich sicher."... " Ja... das hat man ja gemerkt." Was meinte er damit? Ich wollte mich bewegen. Nachfragen. Doch ich fühlte mich immer noch benommen. Mein Schmerz war zwar noch da jedoch irgendwie gelindert. Ich versuchte noch einmal die Augen zu offenen und diesmal klappte es auch.
Ich sah an eine weiße Decke. Als ich den Kopf drehte erkannte ich, dass ich in einem Krankenhauszimmer sein musste. Die beiden Jungs waren aufgesprungen und an mein Bett geeilt als sie das Rascheln meines Kissens hörten. George stand nun rechts an meinem Bett und Luke links etwas weiter entfernt.
Luke. Ausgerechnet Luke wegen dem ich das alles machte. Der mich nur ansehen brauchte und meine ganze Welt durcheinanderbrachte. Ausgerechnet der musste jetzt hier mit im Krankenhaus sein? "Wie gehts dir?" fragte George bekümmert. "Besser?" antwortete ich aber es klang eher wie eine Frage. "Was ist passiert?" "Du hast eine Blutvergiftung." "Eine Blutvergiftung? Warum?" "Wegen diesem Ding dort." er wieß auf einen Tisch am Fenster wo mein Bußgürtel nochimmer blutverschmiert lag. Mein Blick schnellte zu meinem Bein, welches unter der Decke versteckt lag. Ich schlug die Decke zur Seite. An der stelle wo der Gürtel saß hatte ich nun einen weißen Verband? Ungläubig starrte ich auf die Stelle. "IHR HABT IHN MIR ABGENOMMEN???" Schrie ich George an. Luke zuckte zusammen, doch ich beachtete ihn gar nicht. "Warum?" "Das war der Arzt und er war froh nicht operieren zu müssen. Er sagt das rostige Metall hätte die Blutvergiftig hervorgerufen." erklärte George mir ruhig. "DAS IST MIR EGAL!" brüllte ich "DER KANN MIR DOCH NICHT EINFACH..." "John du hast dich damit verletzt." versuchte George mir zu erklären. "Ja!" blaffte ich. "Das ist eine Form von Selbstkasteiung! Damit habe ich für meine Sünden gebüßt! Endlich waren diese Gedanken weg!" versuchte ich aufgebracht zu erklären.
"Welche Gedanken?" kam es aus der linken Ecke und mein Blick schnellte zu Luke. "Halt du dich daraus!" zischte ich und er schreckte zurück.
"John du hättest dabei sterben können." "Bin ich aber nicht!" "Ok, lass mich das anders erklären. Du wärst - mit Sicherheit - in den nächsten 12 Stunden gestorben wenn wir dich nicht ins Krankenhaus gebracht hätten. Junge du hattest 42 Grad Fieber!" ich blieb stumm. Ich wäre gestorben? Hatte ich das verdient? Ich wusste ich hatte den Schmerz verdient. Aber den Tod? Schließlich hatte ich nie wirklich irgendetwas gemacht. Ich hatte zwar diese Gedanken,aber ich hatte nie der Lust nachgegeben. Ich hatte noch niemals jemanden geküsst und ich hatte mich nochnichtmal selbst angefasst.
"Warum habe ich das verdient?" fragte ich fassungslos? "Wie verdient?" fragte Luke. George sah zu ihm rüber und bedeutete ihm ruhig zu sein.
"Du hast es nicht verdient." "Doch. Der Herr ist unfehlbar."
"Vielleicht hat er dich geprüft und du hast die Prüfung bestanden." so hatte ich noch gar nicht darüber nachgedacht.
"Wart ihr dabei als er ihn abgenommen hat?" fragte ich.
Beide nickten wobei ich es weiterhin vermied Luke direkt anzusehen und ihn nur aus dem Augenwinkel sah.
"Wie. Also ich hätte gerne gewusst wie es sich anfühlt." etwas entgeistert starrte mich mein bester Freund an, bevor er den Kopf schüttelte und zu reden begann. "Das willst du nicht. Das Metall hat sich soweit in deine Haut gedrückt, dass es sie mitgezogen hat als er ihn abgemacht hat. Deine Wunde war unglaublich entzündet und vereitert. Und du willst nicht wissen was da alles raus gekommen ist als er sie gereinigt hat. Er meinte er war verwundert, dass du überhaupt solange durchgehalten hast."
Plötzlich rannte Luke ins Bad und George hinterher. Ich konnte hören wie er sich übergab und stöhnte als es vorbei war.
Der Wasserhahn ging an und er spülte sich den Mund aus. Danach kamen beide wieder ins Zimmer.
"Tut mir leid." sprach er dann peinlich berührt. "Es war die Erinnerung daran..."
"Warum bist du eigentlich hier?" wandte ich mich an ihn. Ich bemühte mich möglichst neutral zu klingen. "Erinnerst du dich nicht? Er war mit draußen und hat mir geholfen dich rein zu bringen." antwortete George für ihn. Ich dachte an gestern zurück. Natürlich konnte ich mich daran erinnern. Es schien einfach alles unglaublich wichtig wenn es um ihn ging und ich hatte meist Mühe mich in seiner Nähe normal zu verhalten.
Oh Gott wenn ich nur daran dachte wie ich ihn gestern angefasst und angestarrt hatte wurde mir ganz anders. Ich merkte wie mir die Hitze in die Wangen schoss und wandte meinen Blick ab. Trotzdem wollte ich wissen warum er nicht einfach wieder ins Bett gegangen, sondern mit ins Krankenhaus gefahren war. "Du hättest dich auch einfach wieder hinlegen können." sagte ich deshalb an ihn gerichtet ohne meinen Blick zu heben.
"Ich wollte sichergehen, dass es dir gut geht." sagte er leicht hin und löste wieder ein Chaos in mir aus. Warum wollte er da sichergehen? Hatte er kein vertrauen in die Ärzte? War ich ihm vielleicht sogar irgendwie wichtig? Oder fühlte er sich nur für mich verantwortlich, weil er mich draußen gefunden hatte? "Warum warst du eigentlich draußen?" er zögerte bevor er antwortete. "Ich...ich bin aufgewacht als ich dich die Treppe hab runter gehen hören." "Ich...ich hab....dich geweckt?" "Ja ist nicht schlimm!" sagte er schnell und legte seine Hand auf mein gesundes Knie. Eine angenehme Wärme ging von seiner Hand aus und ich musste ihm einfach ansehen. Dieses Blau...wie konnte man nur so wunder-wunderschöne Augen haben? Und seine Gesichtszüge? Diese Stupsnase, die Kieferknochen und die hohen Wangenknochen und seine Lippen...hör auf John! Ich hatte wieder einen Grund mich zu bestrafen und zählte an meinen Händen ab wie viele Hiebe ich für diese Gedanken verdient hatte. Dieser Junge hatte eindeutig einen schlechten Einfluss auf mich. Doch ich fühlte mich in seiner Nähe so gut. So sicher und geborgen. Die Angst die ich gestern noch gespürt hatte war wie weggefegt und ein kribbeliges Gefühl, als sei ich elektrisch geladen lag auf meiner Haut und das alles nur wegen seiner Nähe. "Chrem chrem." räusperte sich George. Oh nein! Ich hatte gestarrt. Schnell wandte ich meinen Blick wieder ab.
In dem Moment kam ein Arzt rein und lächelte mich freundlich an. Luke verkündete er bräuchte frische Luft und verschwand aus dem Zimmer. Komisch.
"Ich bin Dr. Rosenbaum." stellte der Mann sich freundlich vor. "Bruder John." antwortet ich und fiel dann gleich mit der Tür durchs Haus. "Warum haben sie mir meinen Bußgürtel abgenommen und wann kann ich ihn wieder anlegen?" der Mann guckte etwas verdutzt und rieb sich dann im Nacken. "Bevor ich das beantworte, würde ich dir gerne ein paar Fragen stellen." ich nickte und bedeutete ihm damit fortzufahren.
"Warum hast du den Gürtel getragen?" fragte er. Das war wohl die Frage aller Fragen, auch George schien sie unter den Nägeln gebrannt zu haben, denn er schaute mich erwartungsvoll an.
"Ich wollte damit Buße tun." Ich fragte mich, ob das nicht eindeutig war? Schließlich hieß dieses Ding Bußgürtel. "Ja aber, warum hast du Buße tun wollen?" kam die nächste Frage. "Versteht mich bitte nicht falsch. Ich möchte das nur wissen, weil das auch eine Art von Selbstverletzung ist." Was wollte er denn damit sagen? "Ich will dir damit nicht zu nahe treten, aber wie ich gehört habe ist das nicht das erste mal, dass du dich selbst verletzt. Seit wann machst du das schon?" Ich war verwirrt warum interessierte er sich dafür? Das hatte schließlich nichts mit meiner Gesundheit zu tun.
"Ich will dir nicht zu nahe treten, aber vielleicht können wir dagegen arbeiten, gegen das was dich bedrückt." Was wollte er denn damit schon wieder sagen?
"Ich versteh sie nicht." dieser Mann verwirrte mich. "Das habe ich doch schon getan. - Damit."
"Wir wollen aber einen anderen Weg der Problembewältigung finden."
"Welchen Weg würden sie denn für diese Problembewältigung vorschlagen?" fragte ich.
"Sie gehen da völlig falsch ran." mischte sich plötzlich George ein, der die ganze Zeit über aufmerksam zugehört hatte.
"Er sieht seine Buße nicht als Problem an und hat demnach auch nicht das Bedürfnis sie zu beenden." wie redete er denn von mir "Hallo ich bin auch mit im Raum." "Sorry Bro." entschuldigte er sich bei mir bevor sich wieder Dr. Rosenbaum zu Wort meldete. "Aber du versteht, dass du dir damit schaden zufügst? Dass du dich verletzt?" "Ja." natürlich das war doch der Sinn der Sache. Dieser Mann war unlogisch.
"Nein." funkte nun wieder George dazwischen. "Er sieht die Verletzungen als Buße nicht als Problem. Sondern als etwas gutes. Als Strafe für das was er als Sünde sieht."
"Hey!" beschwerte ich mich.
"Ach so!" kam es vom Arzt.
"Aber was ist denn deine Sünde?"
Oh Nein. Vor dieser Frage hatte ich mich gefürchtet.
"Ich...i-i-ich..." stotterte ich rum. "Ich muss ihnen überhaupt nichts sagen." So! Ich durfte jawohl meine Gedanken für mich behalten.
"Er ist verliebt. In den Jungen der gerade raus an die frische Luft gegangen ist." sagte George plötzlich und sah mich dabei fest an.

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