Er schob mich sanft von sich weg und griff in seine Tasche. "Probier noch die anderen Hosen an. Ich geh schnell telefonieren." sagte er und deutete auf sein Handy. Schon war er hinterm Vorhang verschwunden und ließ mich allein. Ein paar Sekunden schaute ich noch schwermütig auf den schweren Stoff, hinter dem er gerade verschwunden war, dann griff ich seufzend nach der oben liegenden Hose auf dem Stapel.
Den Rest der Hosen hatte ich bloß noch an und aus gezogen. Keine gefiel mir so wirklich. Aus der Umkleidekabine war ich gar nicht erst heraus gekommen und Luke hatte auch nicht mehr nach mir gefragt. Ich hatte ihn etwa fünf Minuten telefonieren hören. Er hatte französisch geredet, sodass ich ihn nicht verstanden hatte, doch er schien sich mit einem Freund zu unterhalten.
Als ich endlich fertig war, machte ich mich auf den Weg alle Hosen wieder in die Richtigen Regale zu verteilen. Das war so eine Angewohnheit von mir, mit der ich den Angestellten etwas Arbeit abnehmen wollte. Luke stand teilnahmslos daneben und war mit seinem Handy beschäftigt. Ich wollte gerade mit der letzten Hose zur Kasse laufen, als ich erstmal schaute wie viel sie überhaupt kostete. Seufzend legte ich auch diese wieder hin. "Was machst du da? Ich dachte die wollen wir mitnehmen? Und hast du gar keine andere gefunden?" "Ich will die nicht mehr." winkte ich ab und steuerte auf die Treppen zu. Ich kam aber nicht weit, da mich eine Hand auf meiner Schulter aufhielt. "Die hat dir doch aber so gut gepasst und gefallen hat sie dir auch." "Bezahlen kann ich sie aber nicht." entgegnete ich, schaute ihn aber nicht an, da es mir etwas peinlich war. "Ich kauf die dir!" schoss es sogleich aus Luke, der mich eifrig musterte als ich ihn entgeistert ansah. Soweit kam es noch, dass er mir Sachen kaufte. "Das kommt überhaupt nicht in Frage!" Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen wegen der ganzen Reise und das Geld, was er für's Essen und den Eintritt im Eiffelturm ausgegeben hatte würde ich ihm definitiv zurück zahlen! Das stand fest, doch diese Hose konnte ich mir schlichtweg nicht leisten und das war zwar schade aber auch okay so. So war es nunmal und ich kam damit zurecht." "Aber ich will sie dir doch kaufen." bestand er. "Aber ich will nicht, dass du sie mir kaufst." "Dann Kauf ich sie mir eben selbst." entschied er und marschierte zurück zu den Hosen. Er griff nach der die oben drauf lag (eben die, die ich als letztes dort hin gelegt hatte) und kam wieder zu mir. Ich hatte das ganze Spektakel beobachtet und musterte ihn nun skeptisch, wie er da so mit der Hose in der Hand stand. "Die passt dir doch gar nicht." gab ich zu bedenken, denn er trug eigentlich eine Größe größer als ich. Das hatte ich gemerkt als ich damals zum Fotos machen seine Hosen angehabt hatte. Es machte zwar nicht viel aus, aber da diese Hose noch so eng anliegend war, musste sie ihm definitiv zu klein sein. "Ich will aber genau diese haben." erklärte er und schlängelte sich an mir vorbei zur Kasse. Ich konnte nichts weiter tun, als ihm mit offenem Mund dabei zu zusehen, wie er zu der blonden Kassiererin ging, die Hose mit seiner Karte bezahlte und sich dann mit einem charmanten Lächeln verabschiedete. Er kam zu mir zurück, ergriff meine Hand und zog mich Richtung Rolltreppen. Ich konnte nichts tun, als verblüfft meinen Kopf schütteln und meinen Mund wieder zu zuklappen. Er hatte tatsächlich diese Hose gekauft. Einfach so für das Geld. "Du hättest dir ruhig noch ein zwei Hosen aussuchen können. Ich wollte mir eh mal wieder neue kaufen." bemerkte er. "Ich du... Ich hab doch gesagt du sollst die nicht kaufen." kam es ziemlich sinnfrei aus mir heraus. "Ja, aber ich hab's trotzdem gemacht. Man darf auch mal Fehler machen, nicht?" "Du gibst die jetzt sofort zurück." ich war selbst erstaunt über meine plötzliche Entschlossenheit. "Nein." "Was nein?" fragte ich ungläubig. "Nein, nein heißt einfach nein. Es bedeutet, dass es nicht passiert. Und jetzt komm wir haben noch was vor." und mit diesen Worten drehte er sich einfach um und ging Richtung Ausgang und mir blieb nichts übrig als ihm zu folgen.Etwa eine halbe Stunde latschten wir nun schon zu irgendeinem Café. Ich war etwas bockig, weil er einfach ohne mein Einverständnis diese teure Hose in meiner Größe für sich gekauft hatte. Einfach so!
Und weil ich sauer war, hatte auch Luke schlechte Laune bekommen. So liefen wir also, beide mit schlechter Laune, ich ein Stück hinter ihm her, weil es auf dem Bürgersteig immer so eng war und waren sauer aufeinander. "Es macht dir doch nichts aus, meine Freunde zu treffen, oder?" es war keine Frage sondern eine Feststellung, die mich ziemlich überraschte, ich hatte nicht gewusst, dass er hier Freunde hatte. 'Natürlich hat er hier welche, er hat ein halbes Jahr hier gelebt. Luke ist doch kein Asozialer.' Beantwortete ich mir meine Gedanken selbst und ärgerte mich über meine Dummheit, wodurch meine Laune noch schlechter wurde. Warum mussten wir auch ausgerechnet jetzt irgendwelche Freunde von ihm treffen? Wollte ich das überhaupt?
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, betraten wir das Café zu dem wir so eilig unterwegs gewesen waren. Es war ganz nett. Nichts besonderes, aber auch nicht hässlich. Luke steuerte direkt auf einen Typen in einer Ecke zu, der hinter einer großen Tasse Milchkaffee saß. Mit seinen fast schulterlangen mittelbraunen Korkenzieherlocken, erinnerte er mich ein bisschen an George. Doch im Gegensatz zu ihm hatte er strahlend blaue Augen, wobei Lukes natürlich immer noch am schönsten waren. Kein Wunder, schließlich waren seine perfekt.
Er setzte sich zu dem Typen an den Tisch, ohne mich vorzustellen und begann mit ihm zu reden. Man merkte, dass er sauer auf mich war.
Das Vorstellen Übernahme der Typ zum Glück von selbst. "Isch bien François." erklärte er freundlich lächelnd und reichte mir seine Hand. "John." antwortete ich und schüttelte sie. François schien wirklich nett zu sein. "Es freut misch serr. Lüke 'at schon vill von dir'esählt." sprach er und begann ein nettes Gespräch. Aber ich wollte nicht hier sein. Nicht hier und nicht jetzt.
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Religious
RandomJohn ist überzeugter Christ. Sein ganzes Leben führt er nach den Lehren Gottes und zweifelt nie an ihrer Richtigkeit. Doch dann taucht plötzlich ein neuer Schüler auf und wirft ihn in einen Konflikt zwischen seinem Glauben und seinen Gefühlen. "Wa...