12. ~ Böse Überraschung

142 12 2
                                    

~ Carlos ~

Kaum hatte ich die Wohnungstür aufgeschlossen, kam mir auch schon Cathy entgegen. << Du kannst gleich mitkommen. Einkaufen! >>, rief sie mir entgegen und schwenkte eine Einkaufsliste und Mom's Portemonnaie.

Na toll! Ich hatte mich schon darauf gefreut, in eine Jogginghose zu schlüpfen und mich aufs Bett zu schmeissen, aber damit musste ich jetzt wohl oder übel noch warten, denn ich konnte Cathy nicht einfach alleine einkaufen gehen lassen. Es fing schon an, dunkel zu werden, und immer mehr komische Gestalten liefen auf der Strasse rum, da war es natürlich zu gefährlich, wenn sich eine junge Frau alleine auf der Strasse rumtrieb.

Und ausserdem hatte Cathy bestimmt auch keine Lust, die ganzen Einkäufe alleine nach Hause zu schleppen.

Seufzend hackte ich mich bei ihr ein und wir machten uns auf den Weg zum Supermarkt. Der Supermarkt war zum Glück nicht allzu weit von unserer Wohnung entfernt, sodass wir nur durch wenige Strassen laufen mussten. Aber diese wenigen Strassen waren schon mehr als genug Action für meine Nerven, denn alle möglichen Leute liefen uns über den Weg.

Prostituierte, die uns verächtlich musterten, Penner, die uns nach Kleingeld fragten und Cliquen von Jugendlichen, die mir nicht ganz geheuer waren. Mehr als einmal wechselten wir die Strassenseite, wenn uns jemand Seltsames entgegenkam.

Ich liess meinen Blick immer wieder suchend herumschweifen, aber denn Penner von gestern entdeckte ich zum Glück nirgends.

Ich war froh, als wir endlich im Supermarkt ankamen. Cathy stürzte sich sofort auf alle möglichen Lebensmittel, sodass ich, als wir mit einem knallvollen Einkaufskorb an der Kasse standen, bezweifelte, dass wir überhaupt genug Geld hatten. Aber Cathy musste es ganz genau berechnet haben, denn es reichte auf einen Pfund genau.

Wieder zu Hause, räumten Cathy und ich erstmal die Einkäufe aus, und machten uns dann daran, Spaghetti Bolognese zu kochen. Luiza strich uns währenddessen die ganze Zeit um die Beine und jammerte, dass sie einen riesen Hunger hatte.

Maaan, hatte Mom ihr denn nichts zu Mittag gekocht? Cathy bat sie schliesslich darum, denn Tisch zu decken, damit wir mal in Ruhe kochen konnten. << Meinst du, Mom hat ihr was zu Mittag gekocht? >>, sprach Cathy meine Gedanken aus.

<< Ich weiss nicht, es scheint irgendwie nicht so... >>, antwortete ich leise, damit weder Luiza, die am Tisch sass, noch Mom, die vor dem Fernseher hockte, es mitbekamen.

Ich warf einen kritischen Blick auf Mom. Sie sah todmüde und total fertig aus. Wahrscheinlich hatte sie denn ganzen Tag damit verbracht, über Dad nachzudenken. Ich konnte es ihr ja nicht verübeln, aber trotzdem... Sie arbeitete ja nicht und hätte genug Zeit gehabt, um den Kleinen etwas zu Essen zu machen.

Genervt stellte ich die dampfenden Spaghetti auf den Tisch und schaufelte Luiza eine grosse Portion auf den Teller. Sie beschwerte sich ausnahmsweise mal nicht, dass ich ihr zu viel gegeben hatte, sondern machte sich gierig über ihren Teller her.

Während dem Essen beobachtete ich Mom. Sie sagte kein einziges Wort und stocherte nur in ihrem Essen rum. Ich achtete dabei genau auf ihre Gesichtszüge. Ihre Lippen waren leicht blau verfärbt, ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen schienen irgendwie ausdruckslos.

Hatte sie etwa getrunken? Nein, Alter! Das konnte doch nicht wahr sein! Sie trank eigentlich nie! Ausser manchmal am Abend ein Glas Wein oder so, aber es schien mir jetzt ziemlich offensichtlich, dass sie sich, während wir in der Schule waren, hier besoffen und dabei vergessen hatte, für Luiza und Ruben zu kochen.

Alter, was war sie nur für eine Rabenmutter? Liess ihre eigenen Kinder hungern. Wie konnte sie nur? Ich war so sauer, dass ich sie am liebsten angeschnauzt hätte, aber Cathy sah mich mit einem ,,Halt-die-Klappe-Blick'' an. Okay, sie hatte ja Recht! Es brachte ja nichts, jetzt wenn Luiza und Ruben dabei waren, einen handfesten Streit mit ihr anzufangen. Die Kleinen mussten ja nicht mitkriegen, was mit ihrer Mama los war, und warum es heute kein Mittagessen gegeben hatte.

Escape...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt