~ Carlos ~
Trotzdem plagte mich noch immer die Angst, als ich aus dem Wagen stieg. Beeindruckt liess ich meinen Blick umherschweifen. Die Gegend hier schien zwar auch nicht gerade von Millionären besiedelt zu sein, aber es wirkte doch alles deutlich einladender und ruhiger als da, wo ich bisher gewohnt hatte.
Nichts war von untalentierten Graffitikünstlern versaut worden, es hingen weder Obdachlose, noch Prostituierte auf der Strasse rum und auch sonst schien alles irgendwie sauberer zu sein. Auch die Häuser und Wohnblöcke standen hier nicht ganz so dicht zusammen, wodurch alles irgendwie freier und heller wirkte. Auf Anhieb fühlte ich mich wohl hier, obwohl ich die Wohnung noch gar nicht zu Gesicht bekommen und niemanden kennengelernt hatte.
Immer noch fasziniert davon, dass es in dieser Stadt anscheinend doch schöne Wohngegenden gab, folgte ich Julio und Miguel, die mein Gepäck schleppten in einigem Abstand. Sie steuerten direkt auf einen schlichten, weissen Wohnblock zu. Neugierig inspizierte ich das Gebäude von aussen. Es war vierstöckig und wirkte zumindest von aussen ziemlich modern.
Vor der Haustüre drückte mir Julio direkt einen Schlüssel in die Hand und forderte mich stumm auf, aufzuschliessen. Etwas überrascht steckte ich den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn. Es war für mich echt überraschend, dass ich nicht in einem abgefuckten Treppenhaus landete, das stank und dessen Wände dreckiger waren als das Wasser der Themse. Sowas Sauberes, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, war ich mir echt nicht mehr gewohnt.
Aber am meisten überrascht und begeistert war ich davon, dass es hier sogar einen Lift gab. Dadurch konnte ich mir also das tägliche Treppensteigen, das mich jedes Mal aufs Neue angekotzt hatte, sparen. Begeistert warf ich Miguel einen Blick zu, der mir jedoch nur schwer atmend die Zunge entgegenstreckte. Offensichtlich war es ein bisschen anstrengend, meinen Kram zu tragen.
Die WG lag im zweiten Stock und dank dem Lift waren wir in Sekundenschnelle da. Julio ging voraus, rief irgendwas in die Wohnung hinein, woraufhin direkt diese Tücherfrau Selena, die ich ja schon halbwegs aus der Schule kannte, erschien. In der Schule hatte ich sie ja nie sonderlich gemocht, da sie mir immer nur auf den Sack gegangen war, aber jetzt kam sie mir ein ganzes Stück freundlicher vor.
Einladend lächelte sie mich an und streckte mir die Hand hin. Zögernd drückte ich schliesslich nach ein paar Sekunden ihre Hand und versuchte mich dabei nicht allzu sehr von den seltsamen Klamotten, die sie trug, irritieren zu lassen. Der Kleiderstil dieser Frau war echt speziell, um es mal nett auszudrücken, aber ansonsten schien sie ganz in Ordnung zu sein.
<< Hei, wir kennen uns ja schon. Wir freuen uns sehr, dass du zu uns kommst, fühl dich einfach wie zu Hause >>, sagte sie lächelnd und zog mich dabei in die Wohnung. Miguel wich mir kein Stück von der Seite, während Julio meine restlichen Taschen aus dem Auto holte und Selena mir die Wohnung zeigte.
Es war echt um einiges schöner und gemütlicher, als ich mir so eine betreute Wohngruppe vorgestellt hatte. Die Wände waren alle in hellen Farbtönen gestrichen und es gab grosse Fenster, die die ganze Wohnung mit Sonnenlicht durchfluteten. Das Wohnzimmer war in etwas doppelt so gross, wie das in unserer alten Wohnung und es gab neben drei bequem aussehenden Sofas einen riesigen Flachbildschirmfernseher und einen grossen Wohnzimmertisch.
Beeindruckt liess ich meinen Blick umherschweifen. So gross und geräumig war es ja nicht mal bei Nick zu Hause, obwohl seine Wohnung schon ziemlich grossflächig war. Die Küche war zwar um einiges kleiner, aber dafür schien sie komplett neu und top modern eingerichtet zu sein. Es gab sogar eine Kaffeemaschine, an der man sich vom Cappuccino über Latte Macchiato bis hin zum Chai Tee alles rauslassen konnte und einen Smoothie maker. Sachen, von denen ich zu Hause nicht mal zu träumen gewagt hätte.
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Escape...
Novela JuvenilDas Leben von Carlos geht gerade ziemlich den Bach runter. Er wird aus seiner Heimat und von seinen Freunden weggerissen und muss nach London, wo er keine Menschenseele kennt. Als er durch Zufall Lilly kennenlernt, der es ähnlich erging, verliebt er...