47. ~ Freundschaft in Scherben

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~ Carlos ~

<< Wie geht es eigentlich Alex und Jasmin? >>, fragte ich vorsichtig, nachdem wir schweigend da gesessen und uns wieder beruhigt hatten. Lucas Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig, als ich das fragte. Sofort wusste ich, dass etwas nicht stimmen konnte, denn er starrte mich eine ganze Weile lang ausdruckslos an und antwortete nicht.

Auffordernd hob ich eine Augenbraue und versuchte, in seinen Augen zu lesen, was los war, aber ich kam nicht darauf. << Was ist? >>, fragte ich schliesslich ungeduldig nach, nachdem ich mir noch einen Schluck Whiskey gegönnt hatte. Langsam aber sicher begann sich alles um mich herum zu drehen und ich konnte mich auf nichts mehr richtig konzentrieren, aber so war das nun mal mit dem Alkohol. Ich wusste ja langsam aber sicher, auf was ich mich einliess, wenn ich mich betrank und was das für Auswirkungen haben konnte. Aber darüber machte ich mir im Moment keine Sorgen, viel mehr Sorgen bereitete mir Lucas Gesichtsausdruck.

<< Alex geht es ganz gut, glaube ich >>, antwortete er endlich, nachdem ich schon längst gedacht hatte, er würde gar nicht mehr antworten. << Ich hab zwar keinen Kontakt mehr zu ihr, aber sie macht seit Weihnachten ein Auslandsemester in Kanada. >> Wow, das hatte ich ja gar nicht gewusst. Woher auch? Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, mich für eine Weile ins Ausland abzusetzen hätte ich keine Sekunde gezögert, das zu tun. Aber leider ging das nun mal nicht. Meine Eltern hätten mir das nie im Leben bezahlt, und jetzt, wo ich auf der Flucht war, kam ich auch nicht mehr so einfach über die Grenze. Sowas konnte ich mir direkt abschminken.

<< Und was ist mit Jasmin? >>, hackte ich nach, als er nicht von sich aus weitererzählte. Er zögerte ziemlich lange, bevor er fortfuhr. << Naja, sie ist etwas abgestürzt >>, begann er schliesslich zögerlich. << Sie ist von zu Hause rausgeschmissen worden, hat ein Drogenproblem und sie geht anschaffen, um sich das finanzieren zu können. >> Wie bitte? Jasmin sass also noch tiefer in der Scheisse als ich und es war durchaus möglich, dass sie durch die Drogen, die mein Vater hier vertickt hatte, da reingerutscht war.

<< Weisst du, ich habe versucht, ihr zu helfen, aber sie wollte nicht. Jedes Mal, wenn ich mit ihr reden wollte, hat sie mich nur angeschnauzt und irgendwann konnte ich das einfach nicht mehr ertragen. >> Seine Stimme klang schuldbewusst und tränenerstickt, als er das sagte. Beruhigend legte ich meinen Arm um seine Schulter und zog ihn an mich. << Das ist nicht deine Schuld, Amigo. >> Ein unfassbarer Hass auf meinen Vater machte sich in mir breit. Wenn er hier nicht sein Drogennetzwerk aufgeschlagen hätte, wäre sie vielleicht niemals da reingerutscht. Sie war mal eine meiner besten Freundinnen gewesen und sowas hatte sie echt nicht verdient.

<< Weisst du, wo sie arbeitet? >>, fragte ich Luca und sprang entschlossen auf. Aber das war ein grosser Fehler gewesen, so schnell aufzustehen. Alles um mich herum drehte sich und ich musste mich an Luca festhalten, um nicht auf die Schnauze zu fliegen. << Eh ja, in der Grove Street, aber was hast du vor? >>, fragte er nervös, nachdem ich so plötzlich aufgesprungen war. << Wir müssen dahin >>, keuchte ich und versuchte dabei, gerade und ohne zu schwanken zu stehen, was gar nicht mal so einfach war nach einer halben Flasche Whiskey.

<< Spinnst du? Du kannst dich doch dort nicht blicken lassen, nach alldem, was du mir erzählt hast. Dort hockt wahrscheinlich ein Grossteil dieser Idioten, wegen denen ihr hier wegmusstet >>, rief er entsetzt aus, während er die leere Whiskeyflasche ins Gebüsch schleuderte. << Das ist mir sowas von scheissegal, ich muss dahin >>, rief ich entschlossen und zerrte an ihm herum, damit er endlich aufstand. << Na gut, wenn du meinst, aber wir müssen verdammt aufpassen >>, gab er schliesslich auf und folgte mir aus dem Park hinaus.

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