~ Carlos ~Die ganze nächste Woche konzentrierten Miguel, Erik, Claudia, Manu und ich uns auf unseren Plan. Abwechselnd beschatteten wir Clifford Tag und Nacht. Wir hatten rausbekommen, dass er alleine in einer grossen Wohnung in einem schönen, gepflegten Stadtteil wohnte. Es wunderte mich nicht, dass er keine Familie hatte. Welche Frau wollte denn bitteschön den heiraten?
Ausserdem hatten wir rausgefunden, dass er jeden Abend stundenlang vor seinem PC hockte und wahrscheinlich Zeugs für die Schule vorbereitete. Er musste also alle Schulunterlagen und Prüfungen auf diesem PC haben.
Nachdem wir ihn genug ausspioniert hatten, beschlossen wir, am Freitagabend zuzuschlagen. Da musste er ausser Haus sein, denn welcher normale Mensch hockte schon am Freitagabend zu Hause rum? Das traute ich nicht mal einem Lehrer zu.
Nach der Schule machte ich mich sofort für den Einbruch bereit. Ich zog mir eine schwarze Jeans, ein schwarzes Kapuzenshirt und meine schwarze Bomberjacke an.
<< Gehst du auf eine Beerdigung? >>, fragte Cathy belustigt, als sie mich in meinen rabenschwarzen Klamotten sah. Ich hatte ihr natürlich nicht erzählt, was ich wirklich vorhatte, denn sie würde nur versuchen, mich davon abzubringen und darauf konnte ich verzichten. Ich werde das durchziehen, denn ich brauchte die Prüfungen unbedingt! << Ja, fast >>, gab ich zurück und steckte mir das Butterflymesser, mein Handy, Zigaretten und meinen Ausweis in die Jacken- und Hosentaschen.
Dad war zum Glück gerade auf dem Klo und Mom war natürlich wieder mal mit ihrer Wodkaflasche beschäftigt, sodass sie nicht bemerkte, wie ich mir die Autoschlüssel von Dad's Porsche vom Küchentisch schnappte. << Ich geh raus! >>, rief ich ihr zu, als ich wieder im Flur war, aber ich bezweifelte es, dass sie verstanden hatte, was ich gesagt hatte. Sie war mal wieder stockbesoffen, obwohl es gerade mal acht Uhr abends war.
Seufzend schlüpfte ich in meine neuen schwarz-weissen Nikes, die Miguel und ich vor ein paar Tagen aus dem Nike-Store entwendet hatten. Ich hatte Miguel ziemlich fest auf den Klautrip gebracht. Seit wir das erste Mal zusammen Klamotten geklaut hatten, ging er ständig auf Klautouren und steckte alles ein, was nicht tausendfach gesichert war. Von Schuhen über Klamotten und Zeugs aus dem Elektronikshop war alles dabei.
Obwohl ich ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich ihn auf diese Idee gebracht hatte, bezweifelte ich, dass er jemals dabei erwischt wurde. Er stellte sich nämlich dabei so geschickt und unauffällig an, dass niemand vermuten würde, was er wirklich gerade tat. Ich war verdammt froh, dass ich ihn als Freund hatte, denn neben Luca war er mein zweiter Seelenverwandter.
Schnell zog ich die Wohnungstür hinter mir zu und stürmte die Treppe runter, bevor noch irgendwer merkte, dass ich den Autoschlüssel geklaut hatte. Dad würde mich umbringen, wenn er erfahren würde, dass ich einfach seinen Wagen genommen und damit einen Einbruch veranstaltet hatte. Ich wollte mir lieber nicht vorstellen, wie der mir den Kopf abreisen würde...
Glänzend stand der Porsche im immer dunkler werdenden Abendlicht vor mir. Er war wirklich wunderschön, auch wenn er mit Drogengeld finanziert war. Ich war mittlerweile schon ziemlich oft damit gefahren, aber es war trotzdem jedes Mal etwas Besonderes.
Der Wagen zog alle Blicke auf sich, da die wenigsten Menschen dieser Stadt sich sowas leisten konnten, vor allem in dem Viertel, indem wir wohnten. Obwohl ich nicht sonderlich stolz auf meinen Vater war, war ich trotzdem stolz darauf, dass ich mit fünfzehn einen Porsche fahren konnte. Das konnte schliesslich nicht jeder und es war manchmal auch ziemlich nützlich, so wie jetzt.
Claudia, Erik, Miguel und Manu staunten nicht schlecht, als ich sie mit diesem Schlitten abholte. Ich sagte ihnen, dass ich den Wagen nur geliehen hatte, aber ich wusste, dass mir Miguel das nicht abkaufte. Früher oder später würde er mich darauf ansprechen, das wusste ich, aber glücklicherweise hielte er jetzt seine Klappe, da die anderen dabei waren.
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Escape...
Novela JuvenilDas Leben von Carlos geht gerade ziemlich den Bach runter. Er wird aus seiner Heimat und von seinen Freunden weggerissen und muss nach London, wo er keine Menschenseele kennt. Als er durch Zufall Lilly kennenlernt, der es ähnlich erging, verliebt er...