35. ~ Verwarnung

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~ Carlos ~

Nervös spielte ich an einem Kugelschreiber herum. Es war mittlerweile Freitag und heute nach der Schule mussten meine Eltern hier antraben und sich von Clifford anhören, was ich doch für ein Stück Scheisse war.

Vielleicht kassierte ich ja sogar einen Schulverweis. Auf jeden Fall durfte ich mir stundenlange Psychogespräche von denen  anhören und mein Vater würde wahrscheinlich auch wieder ausrasten, wenn er nochmals im Detail erfuhr, wie scheisse ich mich hier aufführte.

Seufzend liess ich meinen Blick zur Uhr schweifen. In einer Viertelstunde war die Schule vorbei und dann würde hier die Hölle los sein. Unauffällig riss ich meinen Blick von der Uhr los und liess ihn zu meinem Handy, das auf meinem Schoss lag, wandern. Ich hatte Mom extra nochmals eine SMS geschrieben, damit sie in ihrem Alkoholrausch nicht vergass, hier aufzukreuzen, aber sie hatte nicht geantwortet.

Wahrscheinlich war sie gerade dabei, ihren Rausch von letzter Nacht auszuschlafen. Falls das der Fall war und sie nicht hier aufkreuzte, dann war ich bald richtig am Arsch, denn dann würde Clifford wahrscheinlich denken, ich hätte meine Eltern nicht mal informiert, dass sie hierherkommen mussten und dann würde ich wahrscheinlich noch mehr Stress kassieren, als ich sowieso schon an der Backe hatte.

Ich wurde immer nervöser, desto weiter der Minutenzeiger der Uhr wanderte. Zufällig kreuzte mein Blick den von Cathy. Sie sah mich bitterböse an und versuchte eine Augenbraue hochzuziehen, obwohl sie das eigentlich überhaupt nicht konnte. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Sie war stocksauer auf mich, denn sie hatte in meiner Tasche rumgeschnüffelt und die Koffeintabletten entdeckt.

Sie hatte mir alle möglichen Beleidigungen an den Kopf geworfen und mich als den grössten Idioten des Universums bezeichnet, weil ich das Zeugs nahm. Anschliessend hatte sie die ganze Woche lang fast kein Wort mit mir geredet und mich ignoriert. Ich wusste zwar, dass sie es nicht böse meinte und sich nur Sorgen um mich machte, aber im Moment konnte ich ihr idiotisches Getue einfach nicht ertragen. Es war doch schliesslich meine Sache, was für Zeugs ich mir einwarf.

Als es endlich klingelte, verschwand sie blitzschnell aus dem Klassenzimmer, ohne mir auch nur kurz zum Abschied zu winken. Genervt kramte ich meine Zigaretten aus der Tasche und machte mich mit Miguel auf den Weg nach draussen, um kurz eine zu rauchen. Ohne Nikotin im Blut würde ich das, was jetzt gleich kam, nicht überstehen.

Schwerfällig liess ich mich auf dem Schulhof auf eine Bank fallen und zündete mir eine Kippe an. Es fühlte sich wundervoll beruhigend an, als der Rauch in meine Lunge eindrang. Genüsslich schloss ich die Augen und wollte für einen kurzen Moment in meinen Träumen versinken, aber Miguel holte mich schnell wieder zurück in die Wirklichkeit.

<< Alter, der wird uns so ficken! >> Wütend kickte er gegen einen Stein, so dass dieser einige Meter weit flog. Ich nickte nur und zog gierig den Rauch in meine Lunge hinein. Von  meiner Mom war immer noch weit und breit keine Spur zu sehen. Sie hatte es 100 pro vergessen oder war am Pennen. Ich war ihr anscheinend so egal, dass sie sich nicht mal für eine Stunde von ihrem Scheissalkohol trennen und sich Zeit für mich nehmen konnte.

<< Shit, da kommen meine Alten >>, fluchte Miguel und liess blitzschnell seine Kippe verschwinden. Ich liess meine ebenfalls verschwinden, aber ich war mir ziemlich sicher, dass seine Eltern sowieso checken würden, dass wir geraucht hatten. Obwohl sie strikt dagegen waren, dass Miguel rauchte, waren sie im Vergleich zu meinen Eltern wenigstens nett und liessen nicht ihren ganzen Frust an Miguel aus, so wie mein Vater das immer zu tun pflegte.

Ich war in letzter Zeit öfters bei ihnen gewesen und ich hatte das Gefühl, dass sie mich echt gerne mochten. Seine Mutter kochte uns immer was Leckeres und sein Vater hatte uns mal mitten in der Nacht vom Feiern abgeholt. Meine Eltern hatten mich noch nie irgendwo abgeholt, da sie der Meinung waren, dass ich selbst schauen sollte, wie ich nach Hause kam, wenn ich irgendwo unterwegs war. Und seit Mom mich das letzte Mal bekocht hatte, waren auch schon Monate vergangen.

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