2. ~ Was soll die Scheisse?

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~ Carlos ~

Es konnte doch nicht sein, dass meine ganze Familie verhaftet wurde, nur weil ich ein Paar Schuhe geklaut hatte, oder?

Na gut, ich hatte auch schon Schlimmeres getan, aber das war doch schon lange her. Die Bullen wären doch bestimmt sofort hier aufgekreuzt, wenn sie mich letzten Samstag beim Sprayen erkannt hätten. Und dann würden sie sich ja auf mich stürzen und nicht auf meine Mutter.

Was war hier los? Warum schleiften die meine Mutter wie eine Schwerverbrecherin die Treppe runter? Konnte es sein, dass sie... Nein! Das konnte ich mir nicht vorstellen. Nicht meine Mutter, die sich um Ruben und Luiza kümmerte und uns jeden Tag etwas zu Essen auf den Tisch stellte. Sie hatte noch nie einer Fliege etwas zuleide getan.

Aber bei meinem Dad sah das schon etwas anders aus. In letzter Zeit schien er Unmengen von Geld zu haben. Er hatte uns einen Urlaub in Italien versprochen und ausserdem wollte er uns in einen Nobelschuppen zum Essen einladen.

Ich fragte mich schon ein bisschen, wie er an das ganze Geld kam. Er arbeitete in einem stinknormalen Lebensmittelladen und verdiente dort nicht gerade eine goldene Nase. Irgendwie würde ich ihm schon zutrauen, dass er was ausgefressen hat. Aber was?

Ich glaube nicht, dass er sich in dem Lebensmittelladen, in dem er arbeitet, an der Kasse bediente. Davon sprang nicht so viel raus, dass man in Italien Ferien machen konnte. Und ich glaube auch nicht, dass Dad so dumm war und ein solches Risiko einging.

Was hatte er nur getan, dass die Bullen hier aufkreuzten und meine ganze Familie festnahmen? Und wo war er überhaupt?

Normalerweise kam er Freitags immer etwas früher nach Hause. Er müsste eigentlich längst da sein. War er absichtlich nicht nach Hause gekommen, weil er wusste, dass die Bullen hier waren?

Mein Gott, was redete ich mir eigentlich ein? Wahrscheinlich musste er einfach nur länger arbeiten. Mein Dad war doch kein Krimineller!

Der ganze Zirkus hier war bestimmt nur ein riesen Missverständnis. Wahrscheinlich hatten die Bullen uns einfach mit den Hippies aus dem ersten Stocke verwechselt und wenn sie es dann checkten, würden sie sich tausendmal bei uns entschuldigen und sich in Grund und Boden schämen. Ja, genau! So musste es sein!

Mom hatte inzwischen aufgehört, zu schreien. Sie schluchzte nur noch herzzerreissend.

Ich warf einen Blick auf Cathy. Sie weinte immer noch und versuchte, Ruben zu beruhigen, der sich die Seele aus dem Leib schrie.

Luiza stürmte auf mich zu und warf sich in meine Arme. Der Bulle, der sich in meinen Arm festgekrallt hatte, knurrte, dass ich sie los lassen solle, aber ich ignorierte ihn einfach und drückte mein kleines Schwesterherz ganz fest an mich.

Sie zitterte und wurde von starken Schluchzern geschüttelt. Beruhigend redete ich auf sie ein und strich ich ihr über den Rücken. Es half ein bisschen und die Schluchzer wurden etwas seltener, aber sie zitterte immer noch, als wäre sie in Todesangst.

Ich konnte es nicht ertragen, meine kleine Schwester so zu sehen. Ich war ihr grosser Bruder und ich sollte sie eigentlich beschützen.

Also, Krallen ausfahren! << Was soll die Scheisse? >>, fuhr ich den Bullen neben mir an und warf ihm einen Killerblick zu, sodass er erschrocken zurückfuhr. Sofort nutzte ich die Gelegenheit und riss mich los.

Es brachte aber nicht viel. Im nächsten Moment war ein anderer Bulle bei mir und packte mich. << Lass das Theater und komm einfach mit! >>, schnauzte er mich an.

Jetzt kam auch noch der andere, der mich vorhin festgehalten hatte, und versuchte, mir Luiza zu entreissen. Natürlich liess ich das nicht zu und drückte sie beschützend an mich. << Gib mir das Kind, verdammt nochmal! >>, fuhr er mich an und riss an meinem Arm herum, damit ich sie losliess.

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