~ Carlos ~
Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich so gut und so lange geschlafen. Diese Schlaftabletten wirkten echt wie ein Wunder. Erst mitten am Nachmittag wachte ich auf, weil es an der Tür klingelte. Ich hörte die Stimme meiner Mutter und irgendwelche anderen Stimmen.
Aber es interessierte mich kein Stück, wer das war. Müde zerrte ich mir die Decke über den Kopf und versuchte, weiterzuschlafen. Aber natürlich wurde mir ein Strich durch die Rechnung gemacht. Keine Minute, nachdem es geklingelt hatte, stand Mom im Zimmer.
<< Carlos, jetzt steh endlich auf! Du hast Besuch >> Als ob mich das jetzt dazu bewegen würde, aufzustehen. Nichts und niemand würde mich heute dazu bringen, mein Bett zu verlassen, so viel stand auf jeden Fall fest.
Krampfhaft versuchte ich mich schlafend zu stellen, gleichmässig zu atmen und mich nicht zu bewegen. Ich war echt gut darin, aber leider wusste meine Mutter das auch. Angestrengt lauschte ich und wartete auf das, was sie als nächstes tat. Es würde mich nicht wundern, wenn sie mir eiskaltes Wasser ins Gesicht klatschen und mich mit aller Gewalt aus dem Bett zerren würde. Es wäre schliesslich nicht das erste Mal.
Und schon hörte ich ihre schlurfenden Schritte, die sich meinem Bett näherten. Verdammt! Warum konnte ich nicht auch nur ein einziges Mal in meinem Leben in Ruhe gelassen werden? Panisch krallte ich meine Finger in die Decke, damit Mom sie mir nicht so einfach wegreissen konnte. Denn das war ebenfalls einer ihrer Tricks, um mich aus dem Bett zu bekommen.
<< Ich weiss, dass du wach bist. Mir kannst du nichts vormachen >>, vernahm ich ihre Stimme direkt neben meinem Ohr. Verflucht! Obwohl sie sich in letzter Zeit nicht sonderlich für mich interessiert hatte, schien sie mich trotzdem noch ziemlich gut zu kennen. Irgendwie überraschte mich das.
Während ich mich weiterhin krampfhaft schlafend stellte, hörte ich, wie Mom auf meinem Nachttischchen herumwühlte. Was zur Hölle hatte sie denn da zu suchen? Fieberhaft überlegte ich, was ich da hatte rumliegen lassen, was sie so spannend finden könnte, um darin herumzuwühlen. Es raschelte verdächtig.
Hoffentlich hatte sie nicht meine Zigaretten entdeckt, denn dann konnte ich mir sicher gleich einen Vortrag anhören, wie ungesund es war zu rauchen, obwohl sie es selbst tat. Manchmal verstand ich die Logik meiner Mutter einfach so was von nicht. Na gut, wenn ich ehrlich war, war das so ziemlich immer der Fall. << Sag mal, seit wann bedienst du dich an meinen Schlaftabletten? >> Oh shit, die hatte ich also dort liegen lassen. Nachdem ich mir diese Dinger eingeworfen hatte, war ich einfach zu müde gewesen, um sie auch noch einigermassen sicher zu verstecken.
<< Komm, das Theater kannst du dir sparen, ich weiss, dass du nicht schläfst. >> Mit einem Ruck riss sie mir die Decke weg, sodass meine Augen von dem hässlichen, grellen Tageslicht geblendet wurden. Fluchend drehte ich mich zur Seite und versuchte, ihr die Decke wieder zu entreissen. Eine ganze Weile lang fightete ich mit ihr um meine Decke, bis wir irgendwann von einem nach Aufmerksamkeit verlangenden Räuspern unterbrochen wurden.
Erschrocken wandte ich mich in die Richtung, aus der das Räuspern gekommen war und liess dabei vor Schreck die Decke los. Was zur Hölle wollten denn die schon wieder hier? << Carlos, ich denke, du weisst warum wir hier sind, oder? >>
Am liebsten hätte ich diese beiden Bullen, die mich so selbstgefällig und arrogant wie nur möglich anglotzten, mit irgendwas beworfen. Die Wasserflasche neben meinem Bett hätte sich dafür sicher gut geeignet. Aber ich wusste, dass ich mir nicht noch mehr Scheisse erlauben durfte, ich hatte schliesslich schon genug Ärger am Hals. Aber trotzdem hätte es diesen beiden selbstgefälligen Idioten sicher gut getan, mal eins in die Fresse zu bekommen. Solche Leute konnte ich einfach absolut nicht ausstehen, die einem alleine durch ihre Anwesenheit zu verstehen gaben, dass sie einem für einen totalen Idioten hielten.
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Escape...
Fiksi RemajaDas Leben von Carlos geht gerade ziemlich den Bach runter. Er wird aus seiner Heimat und von seinen Freunden weggerissen und muss nach London, wo er keine Menschenseele kennt. Als er durch Zufall Lilly kennenlernt, der es ähnlich erging, verliebt er...