Escape...

4. ~ Vielen Dank, Vater!

~ Carlos ~

Heilige Scheisse! Ich hätte explodieren können! Was erlaubten die sich eigentlich, meinem Vater sowas zu unterstellen? Ich wusste zwar, dass Dad irgendwas drehte, sonst hätte er kaum die Kohle, um uns Ferien in Italien zu versprechen, aber er war ganz bestimmt kein Drogenhändler. Das konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Nicht mein Vater!

Die Bilder, die uns die Rothaarige unter die Nase gehalten hatte, waren zwar ziemlich eindeutig gewesen, aber ich glaubte es trotzdem nicht. Wahrscheinlich waren sie irgendwie mit Photoshop bearbeitet worden. Damit konnte man ja Bilder komplett fälschen, ohne dass man erkennen konnte, dass sie gefälscht waren.

Aber wo war dabei der Sinn? Warum zeigten die uns gefälschte Fotos? Ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte, aber ich wurde einfach nicht schlau aus der ganzen Sache.

Inzwischen sassen wir mit Luiza und Ruben auf einem scheusslichen Ledersofa im Pausenraum und warteten auf meine Mutter. Normalerweise fand ich Ledersofas geil, aber das Muster auf diesem hier sah aus, wie Adolf Hitler nach seinem Selbstmord.

Warum in Gottes Namen, stellte man sowas in den Pausenraum einer Polizeiwache? Derjenige, der das entworfen hatte, war wahrscheinlich aus der Psychiatrie entflohen und versuchte nun von Sofadesigns zu leben. Naja, wie auch immer! Meine Fantasie ging mal wieder mit mir durch und ich schwenkte vom eigentlichen Thema ab.

Also, wir sassen zu viert auf diesem grässlichen Sofa und starrten Löcher in die nicht mehr ganz weisse Wand. Hinter uns hockten zwei jüngere Bullen an einem Tisch und taten so, als würden sie ihre Pause mit Zeitunglesen verbringen. Welcher normale Mensch liest heutzutage noch Zeitungen?

Wahrscheinlich waren sie beauftragt worden, auf uns aufzupassen, damit wir keine Scheisse bauten. Im Moment hätte ich nämlich die grösste Lust irgendwas anzuzünden oder vollzusprayen. Aber auf einem Polizeirevier, das bestimmt Videoüberwacht war, liess ich das lieber bleiben.

Ich hatte bestimmt schon genug Ärger am Hals, wenn die die Chats auf meinem Handy lasen. Ich hatte mich über Whatsapp ausführlich mit Luca über unsere nächtlichen Sprayer-Aktionen und unsere Ladendiebstähle unterhalten. Ausserdem befanden sich auch noch Fotos von uns mit Joints in den Händen darauf.

Scheisse man! Ich hätte das Zeugs löschen sollen. Auf dem Weg hierher hätte ich mehr als genug Zeit dazu gehabt. Aber ich Vollidiot hatte nur dämlich im Wagen herumgeglotzt und wäre beinahe eingepennt.

Ich konnte nur hoffen, dass die Bullen ihren Anschiss, ihre Anzeigen und was weiss ich noch alles, nur auf mich bezogen und Luca nicht auch noch hineingezogen wurde. Er würde mich umbringen, wenn er eine Anzeige kassierte, nur weil ich zu dumm war, um Fotos und Chats zu löschen.

Frustriert fuhr ich mir durch die Haare, wobei ich wahrscheinlich meine ganze Frisur zerstörte. Shit man, ich war echt am Arsch!

Wie lange dauerte das eigentlich noch mit meiner Mutter? Wir hockten bestimmt schon eine halbe Stunde hier und langweilten uns zu Tode. Zumindest Luiza und ich. Cathy schien total in Gedanken versunken, während sie Ruben, der auf ihrem Schoss eingeschlafen war, über die Haare strich. Luiza fuhr mit ihren zarten Fingern das Muster des Sofas nach und ich, ja ich dachte über mein Handy nach und betete, dass es abstürzte und dass man keine Daten, die darauf waren, wiederherstellen konnte.

Irgendwann fing mein Magen an, zu knurren. Ich hatte heute noch nichts gegessen und ausser einem Kaffee auch nichts getrunken. Das Mittagessen musste ich ausfallen lassen, weil ich das Geld, das Mom mir für die Mensa gab, für die Party heute Abend brauchte.

Aber die konnte ich wohl echt langsam knicken, wenn ich noch lange hier fest sass. Shit, ich musste Luca noch irgendwie Bescheid sagen, dass er ohne mich fahren soll. Aber wie soll ich das anstellen, ohne Handy? Ich konnte ja schlecht fragen, ob ich mein Handy kurz bekam, um jemanden anzurufen. Die würden es bestimmt nicht rausrücken. Und einfach irgendjemanden nach nem Telefon fragen, nützte mir auch nichts. Ich wusste ja Lucas Nummer nicht auswendig.