Die nächsten Wochen vergehen und so langsam lebe ich mich ein. Sebastian und ich essen zusammen und das war's. Die meiste Zeit verbringen wir getrennt. Ich übernehme die Aufgaben des Hauses und fange mit sticken an, nur um meine Langeweile zu besiegen. An einem Tag, kommt dann der erste Brief von meinen Eltern. Sebastian hatte mich dafür extra in sein Schreibzimmer holen lassen.
"Hier ist ein Brief für dich."
"Was steht dort drinnen?"
"Ich weiß es nicht. Es ist dein Brief."Ich nehme ihn entgegen. Tatsächlich. Das Wachssiegel war noch zu. "Danke. Wieso hast du ihn nicht gelesen?" Jetzt sieht er mich ernstlich verwirrt an.
"Weil es doch deiner ist."
"Du bist doch mein Mann."
"Ich weiß. Und trotzdem ist er an dich adressiert. Ich habe kein Interesse daran, deine Briefe zu lesen. Hättest du eine Affäre mit jemandem, wäre das dein Problem und nicht meins."Er schreibt wieder weiter und ich setze mich in den Sessel vor ihm, um meinen Brief zu öffnen. "Es sind meine Eltern. Sie wollen wissen ob ich schon trage. Als wäre ich Vieh."
Wütend werfe ich den Brief auf den Schreibtisch und er sieht mich amüsiert an. "Entschuldigung."
"Nein ist schon in Ordnung."
"Ich habe meine Schwester verloren und du deine Frau und es interessiert alle nichts anderes, als das ich bald werfe."Empört springe ich auf. Doch Sebastian sieht mich ernst an. "Da hast du allerdings Recht, doch für viele ist ein Erbe ein unumgängliches Ziel."
"Für dich auch?" frage ich leise und lasse mich wieder auf den Sessel sinken. Das erste Mal seit Wochen fühle ich mich egoistisch für mein Verhalten. "Noch nicht. Bald vielleicht. Doch ich hätte auch nichts gegen Mädchen." sagt er leicht lächelnd und sieht kurz zum Bild bevor er wieder mich ansieht. "Du bist ihr sehr ähnlich."
"Ach ja?"
"Ja. Sie hat sich auch immer fürchterlich aufgeregt. Über alles was sie ungerecht fand. Sie hatte dieselben blauen Augen und dieselben braunen Locken wie du. Dieselbe Ausstrahlung. Sie war ein regelrechter Wirbelwind." Er seufzt. "Tut mir leid. Es gehört sich nicht vor seiner neuen Frau über die Alte zu reden."Ich greife über den Schreibtisch und nehme seine Hand in meine. Der erste Körperkontakt. "Es ist in Ordnung. Erzähle mir von ihr."
Und das tut er und ich verstehe wieso sie sich ineinander verliebt haben. Sie klingt wie ein Engel. "Doch natürlich war auch sie nicht perfekt. Das ist niemand. Wir haben uns viel gestritten. Deswegen gibt es das zweite Schlafzimmer. Dort hat sie geschlafen, wenn sie wieder böse auf mich war."
Er lächelt leicht und sieht mich dann an. "Erzähle mir von deiner Schwester. Von Alice."
"Oh sie war perfekt. Sie musste immer in allem besser sein und das gelang ihr auch. Wir teilten uns ein Zimmer und wir standen uns sehr nahe. Sie fehlt mir so unglaublich."
"Möchtest du deinen Eltern antworten?"
"Das kann ich leider nicht. Wir durften nie schreiben lernen, denn Vater war der Meinung, dass wir es nicht können müssen."
"Aber du kannst lesen?"
"Ja."
"Dann komm her. Ich bringe es dir bei."
"Wirklich?"
"Ja. Komm her."Ich gehe um den Schreibtisch rum und setze mich auf seinen Oberschenkel. Er taucht die Feder in die Tinte und so bringt er mir erst die einzelnen Buchstaben bei. Obwohl ich lesen kann, ist es schwierig für mich, alle Buchstaben richtig hinzukriegen, doch er hilft mir immer wieder. Und als wir Abends mit Kerzen in der Dunkelheit sitzen, schaffe ich das erste Mal das Alphabet ohne seine Hilfe.
"Ich gehe zu Bett." sagt er und wir stehen beide auf.
"Oh ich bin gerade so gut."
"Dann schreib weiter. Ich gucke mir dann morgen früh deine Verbesserungen an."
"Du lässt mich alleine in deinem Schreibzimmer?"
"Ja du wirst wohl kaum etwas kaputt machen." sagt er belustigt. "Bis morgen, Matilda."Und so lässt er mich alleine. Ich sehe mich um und muss lächeln. Das Vertrauen was er mir entgegenbrachte ließ alles in mir warm werden. Nach einer Weile langweile ich mich jedoch und meine Hand schmerzt. Dann kommt mir eine Idee. Ich schnappe mir eine Kerze und laufe in schnellen Schritten durch den Flur. Alice liebte es zu malen und somit wurde ihr hier ein Atelier eingerichtet. Ich finde die Ölfarben schnell und eine Leinwand. Ich schleppe alles ins Büro und schiebe dann den Sessel in Position. Ich male die ganze Nacht und bin endlich fertig als am Morgen die Sonne aufgeht. Ich betrachte mein Bild und nicke zufrieden. Dann bringe ich die ganzen Farben zurück und lasse die Leinwand im Zimmer stehen.

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One Shots
Fanfiction*Abgeschlossen* One Shots und Kurzgeschichten welche für ein eigenes Buch zu kurz sind, aber für One shots zu lang • Marvel • Schauspieler • Fiktive Charaktere • Fußballer • Rapper • Musiker • Anime