Bausa / Julian #2

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Hecktisch schnappe ich mir mein Handy und ziehe mir ein Shirt über. Doch das ist nicht meins.

"Was machst du?"

Ich schrecke vor der tiefen Stimme zurück. Mein Hirn scheint heute nicht zu funktionieren. "Ich suche meine Sachen zusammen."
"Wieso?"
"Weil ich mich an nichts erinnern kann."

Julian stützt sich auf seinen Ellenbogen ab und sieht mich an. "An gar nichts?"
"Nein."
"Ok beruhige dich jetzt erstmal. Hätte ich dich umbringen wollen, hätte ich es schon längst gemacht." Er zieht ein Kabel aus der Steckdose und reicht es mir. "Lad jetzt erstmal dein Handy auf und ruf deine Eltern an."
"Oh scheiße."

Ich nehme ihm das Kabel ab und stecke es bei mir in die Steckdose.

"Ich bestelle in der Zeit etwas zu essen. Hast du Hunger?"
"Nein danke."

Er verdreht seine Augen. "Irgendwas was du nicht isst?"
"Nein."

Nachdem Julian weg ist, rufe ich sofort meine Mama an, welche mich wie erwartet, sofort anschreit. Ich kann nicht anders als mich tausendmal zu entschuldigen. Und trotzdem ist da diese kleine rebellische Stimme in mir, die flüstert, dass ich erwachsen bin.

"Soll ich dich nachher zur Arena fahren?" fragt Julian und beißt in sein Brötchen.
"Emily ist nach Hause gefahren." sage ich und Julian sieht mich an. Ich stochere in meinem Ei rum. "Sie hat mir heute Nacht eine Nachricht geschrieben, dass ich ihr das Hotel nicht schicken muss, weil sie direkt nach Hause fährt."

Wir schweigen beide und er streicht über mein Bein. "Tut mir leid."
"Ich bin selbst Schuld. Ich bin doch mit dir weg gegangen."
"Weil sie es in der Halle mit Volkan getrieben hat."
Angewidert verziehe ich das Gesicht. "Danke für die Erinnerung."

Julian lacht und ich streiche mit meinem Zeigefinger über seinen Handrücken. "Darf ich mit dir ehrlich sein?"
"Natürlich Luisa."
"Ich finde es schade, dass ich mich nicht erinnern kann."

Überrascht zieht er seine Augenbrauen hoch. "Ach?"
"Ja. Wenn ich schon meine Moral über Bord werfe, dann sollte ich mich doch weni-"

Julian lässt mich gar nicht ausreden. Er packt meinen Kopf mit seiner Hand und küsst mich innig. Fuck. Sofort gebe ich mich ihm hin und wir schieben die Teller mit dem Essen auf den Boden, welches sich sofort überall verteilt.

Als ich neben Julian im Auto sitze, schreibe ich meinen Eltern, dass ich jetzt auf dem Weg nach Hause bin. Seine Hand liegt auf meinem Bein und ich streiche mit meinem Finger sein Baui Tattoo nach. Direkt sind Gedanken in meinem Kopf. War es das jetzt? Ein paar Stunden zusammen und dann ende? Nein das will ich nicht. Trotzdem muss ich logisch denken. Ich kenne ihn kaum. Er wohnt weit weg. Und doch fühle ich einiges wenn ich ihn ansehe. Wie er leise die Lieder aus dem Radio mitsingt. Seine Hand auf meinem Bein liegt und er von links rüber greift um den Gang zu wechseln, nur damit er sie nicht von meinem Bein nehmen muss.

Wie er extra bei einem Drive-In vorbei fährt, weil ich morgens nichts gegessen habe. Wie wir zusammen lachen und wie ehrlich ich bei ihm sein kann. Wie er sich rüber beugt als wir an einer roten Ampel stehen um mich zu küssen.

"Kommst du mit zu mir?" fragt Julian plötzlich und ich sehe ihn an.
"Wohin?"
"Mit zu mir. Ich habe jetzt erstmal 1 Woche Pause. Und die würde ich gerne mit dir verbringen."
"Die ganze Woche?"
"Wenn du möchtest. Ein kleines Abenteuer."
"In 100m haben Sie ihr Ziel erreicht." sagt die Frau im Navi und ich sehe Julian an.

Ich merke, dass ich tatsächlich darüber nachdenke. Ich habe noch nie etwas riskiert und ich muss sagen, dass ich seine Gesellschaft sehr genieße. Der Wagen hält vor unserem Zaun und wir sehen uns immer noch an.

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt