like a bad dream (part 2)

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Letztendlich schaffte sie es nicht.
Auch in den kommenden Tagen nahm sie nur einen geringen Anteil der Nahrung an, die sie zu sich nehmen sollte.
Es zerriss Erin und Jay fast das Herz vom Nebenraum anzusehen, wie Dr. Choi Kathryn die Magensonde legte, gegen die sie sich anfangs heftig wehrte, aber ihnen blieb keine andere Möglichkeit.
Nachdem sie auch nach drei Tagen nur die Hälfte des angestrebten Gewichts zugenommen hatte, war die Lage völlig alternativlos.

Das Mädchen war keine leichte Patientin, denn genau wie als Kleinkind wenn sie etwas nicht wollte, wehrte sie sich mit Händen und Füßen gegen den Zugang, der sie durch die Sonde mit Nahrung versorgte. Mehrmals riss sie sich den Schlauch wieder heraus und es brauchte drei Pfleger, um ihre Hände festzuhalten, um letztendlich die Magensonde legen zu können.

Kya schrie und weinte. Schlussendlich ließ Daniel Charles ihr etwas zur Beruhigung spritzen und sie an den Händen fixieren. Szenen, die insbesondere für Jay nicht leicht zu ertragen waren. Blieb er doch derjenige, der seine Unterschrift dafür geleistet hatte.

Nichts desto trotz war er auf eine gewisse Art erleichtert, als die künstliche Nahrung durch die Nase in ihren Körper gelangte.
Erin, die neben Halstead stand und das Geschehen vom Nebenzimmer aus betrachtet hatte, registrierte, wie ihrem Partner die Tränen in den Augen standen. Sie klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken, nahm dann seine Hand.

„Es ist der richtige Weg. Sie muss realisieren, wie gefährlich das werden kann. Außerdem hat sie in den letzten 3 Tagen immer noch nicht richtig zugenommen."

„Aber so? Sollen wir sie dann für die nächsten 5 Monate zwangsernähren lassen?", flüsterte er mit zitternder Stimme. Erin seufzte.

Aufgrund des Beruhigungsmittels war Kathryn schnell eingeschlafen. Daniel Charles machte Jay das Angebot bei ihr zu sitzen, damit jemand da war, wenn sie aufwachte und sie spürte, dass man trotzdem gemeinsam kämpfte.

Stundenlang saß er an ihrem Bett, betrachtete sie nachdenklich bis sie schließlich aufwachte und die Augen aufschlug.
Ihr erster Griff war zu ihrer Nase. Jay passte ihre Hand ab, legte seine auf ihre.

„Kathryn, das muss dran bleiben. Komm schon, du weißt, dass es wichtig ist."
Sie zog ihre Hand weg, sah Halstead verletzt an.

„Ich hasse dich", formulierten ihre Lippen, während sie stumm weinte. Jay schüttelte mit dem Kopf.

„Ich will nicht, dass du stirbst. Verstehst du das? Ich will dich nicht auch noch verlieren. Nicht wie Mom", flüsterte er ihr leise zu, weshalb ihr Blick zur Decke glitt.

Sie sagte nichts. Ihre Lippen zitterten, während sie stumm weinte.

„Das ist jetzt kein Spaß mehr. Onkel Will und Tante Natalie sagen das nicht, um dich zu ärgern. Du stirbst, wenn du so weiter machst wie jetzt."

„Ich hab das unter Kontrolle", hauchte sie ihm leise entgegen, während er verneinend mit dem Kopf schüttelte.

„Indem du zusammenbrichst? Sah nicht so aus."

„Kannst du jetzt bitte gehen? Ich würde gerne alleine sein."

Jay seufzte. Er schüttelte nur stumm mit dem Kopf, dann setzte er sich nach oben auf, trat ohne ein weiteres Wort nach draußen zu Erin.

„Sie hasst mich. Sie will mich nicht mehr sehen", sagte er nach einer Weile.

„Lass mich mit ihr reden. Ich hab mehr Abstand als du und war beim letzten Gespräch nicht dabei. Vielleicht kann ich ein kleines Umdenken erreichen", versuchte ihn Erin leise zu trösten, weshalb er traurig mit dem Kopf nickte.

„Tue was du nicht lassen kannst", murmelte er sichtlich ergriffen. Erin sah ihn noch einmal betroffen an, drückte seine Hand, ehe sie sich in den Nebenraum begab.

Unaufgefordert trat sie ein, setzte sich zu Kya ans Bett.

„Hey."

„Hey", sagte die 13 Jährige leise. Lindsay sah sie traurig an.

„Kannst du mich nicht wenigstens hier raus holen?"
Aber Erin verneinte entschlossen.

„Drei Tage und wenn du danach weiter zunimmst, wirst du entlassen."
Sie rollte mit den Augen.

Dann begann Lindsay leise zu erzählen.

„Hör mal, als ich so alt war wie du, da ging es mir ähnlich. Ich hatte das Gefühl, dass ich nirgendwo rein passe. Dass keiner mit mir zurecht kommt. Und dann habe ich das versucht, was du jetzt auch machst, ich habe zwanghaft probiert genauso zu sein, wie die, die mich eigentlich hassen."

„Das sagst du jetzt nur um mich aufzubauen", sagte sie mit nasaler Stimme, aber Erin schüttelte mit dem Kopf.

„Das sage ich deshalb, weil ich weiß, wie du dich fühlst und weil es die Wahrheit ist. Du kannst dich vielleicht noch daran erinnern, dass ich dir schon einmal gesagt habe, dass ich früher ein Straßenkind war. Hank Voight hat mich bei sich aufgenommen. Unter der Bedingung, dass ich nirgendwo anecke. Sonst fliege ich raus. Und dann kam ich in diese Klasse in der High School, in dem der totale Zickenkrieg war. Es gab drei Kategorien von Mädchen. Die Obercoolen, mit den Prada Jeans und den Gucci Taschen, bei denen jeder Lidstrich saß, die Mädels mit Übergewicht und für die das Deospray aus dem Supermarkt ein Fremdwort war und die Nerds und Einzelgänger, die ihr Ding für sich gemacht haben. Und jetzt rate mal, zu wem Erin Lindsay gehören wollte?"
Intuitiv sah sie auf, schaute Erin skeptisch an.

„Zu den Obercoolen."

Sie nickte.

„Ganz genau. Und weißt du, was ich denen erzählt habe, warum ich in ihrer Klasse gelandet bin? Dass ich Voights Patentochter bin und meine Eltern sich auf Weltreise befinden. Und dann habe ich alles versucht, so wie die zu sein. Mich zu kleiden wie sie, mich zu schminken wie sie, zu lachen wie sie. Es ging nur nicht auf, weil ich letztendlich eben doch nicht war wie sie. Und dann bin ich irgendwann aufgeflogen. Jemand fand heraus, wer ich wirklich war und mein ganzes Lügengerüst ist zusammengebrochen. Ein Straßenkind im Freundeskreis wollte niemand von denen haben. Und plötzlich blieb mir nur noch die Schule abzubrechen und zurück auf die Straße zu gehen oder das zu schlucken und mein Ding zu machen. Und Chicagos Straßen sind schweinekalt im Dezember. Das kann ich dir sagen", sprach sie nachdenklich und faltete angespannt die Hände ineinander. Die Erlebnisse von damals schienen sie noch Jahre später emotional zu ergreifen.

„Du bist nicht zurück gegangen?", holte sie Kathryn aus den Gedanken.
Erin schüttelte traurig lächelnd mit dem Kopf.

„Nein, bin ich nicht. Es waren die schlimmsten 5 Monate meiner Schulzeit, aber irgendwann habe ich mich mit einer der Außenseiterinnen angefreundet und mein eigenes Ding gemacht. Bis zum High School Abschluss. Danach habe ich diese ganzen Zicken genau noch einmal wiedergesehen. Unter fadenscheinigen Gründen haben sie mich zum Klassentreffen eingeladen. Letztendlich waren die dort aber genauso bescheuert wie damals auch. Nur habe ich das in der High School eben noch nicht kapiert. Und als ich dann vor diesem Club stand und die ganzen aufgetakelten Mädels sah, bin ich mit deinem Dad schnurstracks umgedreht und irgendwo essen gegangen. Nur wir zwei."
Kya seufzte schwer.

„Was ich dir damit sagen will. Niemand hat das Recht dich zu verbiegen oder zu bestimmen wie du zu sein hast. Wie viel du wiegen sollst, wie du aussiehst. Es gibt dich so in dieser Form nur einmal auf dieser Welt. Nur eine Kathryn Halstead. Mit all deinen Stärken und Schwächen. Und nur du entscheidest wie du sein willst und kein anderer. Nicht die Models aus der Vogue und auch nicht die Tussen aus deiner Klasse. Nur du selbst. Auch wenn das manchmal heißt, dass man allein ist. Wichtig ist, dass man noch in den Spiegel gucken kann. Und ich bin mir gerade nicht so sicher, ob das bei dir im Moment noch möglich ist, weil das gerade ein echtes Schauspiel ist, was du dir da selbst vorspielst und eigentlich weißt du das auch."

Erin beobachtete Kya für einen langen Moment. Sie spürte, wie es in ihrem Kopf arbeitete.
Und dann mit einem Mal geschah etwas, mit dem Lindsay so nicht gerechnet hatte. Kyas Lippen begannen zu zittern. Dann fing sie hemmungslos an zu weinen.

Es schüttelte sie richtig. Es war der Moment, auf den Erin eigentlich hin gearbeitet hatte und dennoch war sie fast ein wenig erschrocken über sich selbst, dass das jetzt so zeitig geschah, dass ihre Worte so realistisch wirkten. Sie zögerte nicht lange, streckte ihre Hände aus und zog Kathryn in eine warme Umarmung.
Sie gab ihr einen Kuss auf die blonden Haare, wiegte sie behutsam an ihrer Brust.

„Shhhh.... Es ist okay", wisperte sie leise, während das Mädchen seinen Gefühlen freien Lauf ließ.
Betreten sah Lindsay durch die nebenstehende Glasscheibe, hinter der Jay geschockt stand, während sie Kathryns Gesicht an ihre Brust drückte und sie behutsam zu trösten versuchte.

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„Was zur Hölle hast du ihr da am Mittwochabend gesagt?", fragte Jay drei Tage später, als er mit Erin zu Besuch gekommen war und sie durch die Jalousien blickten, wo Kya noch etwas langsam, aber zum ersten Mal seit langer Zeit an einem Milchshake sog. Mittlerweile hatte man die Magensonde entfernt. Sie hatte gut zugenommen und schien jetzt zugänglicher, was die Therapie und die weitere Nahrungsaufnahme betraf.
Erin zuckte mysteriös mit den Schultern.

„Das ist unser Geheimnis."

„Komm schon."

Sie überlegte, dann gab sie doch nach.

„Die Wahrheit. Dass man nicht mehr in den Spiegel schauen kann, wenn man sich selbst nicht mehr treu bleibt."

„Ich werde aus euch Frauen einfach nicht schlau", murmelte er und schüttelte dann heftig mit dem Kopf. Ungläubig darüber, wie Erin binnen Minuten den Vertrauenszugang geschafft hatte, der ihm tagelang nicht möglich gewesen war.
Lindsay schmunzelte.

„Lass uns vorsichtig optimistisch sein. Und hoffen, dass sie den Absprung bekommt."
Jay nickte bedrückt. Er wusste, dass zwischen ihm und seiner Tochter noch ein Gespräch anstand.
Er seufzte schwer, als er daran denken musste, dass er gleich mit ihr reden würde. Skeptisch sah er auf Lindsay.

„Komm, gib dir einen Ruck. Sie wird dir das verzeihen. Auch wenn sie das nicht so rüberbringt, weiß sie, dass du sie lieb hast."
Aber Halstead sah nur unsicher in Richtung des Zimmers, in dem Kathryn lag.

„Jay, du hast sie groß gezogen. Du warst bei ihr, wenn sie Fieber hatte, hast sie gefüttert, wenn sie vor Hunger geweint hat, ihr ein Pflaster aufs Knie geklebt, wenn sie hingefallen ist. Eure Bindung ist so stark, dass sie das aushalten wird."

„Hoffentlich weiß Kya das auch."

„Ganz sicher."
Erin zwinkerte ihm zu.

Leise betrat er den Raum. Sie sah kurz auf, als er näher trat.
Etwas skeptisch sah sie ihn an.

„Was ist? Lässt du mich jetzt wieder zwangsernähren? Falls es das ist, ich hab meinen Shake fast leer getrunken. Und ich hab auch nicht alles raus gekotzt, falls das jetzt deine nächste Befürchtung war."
Aber Jay schüttelte nur ernst mit dem Kopf.

„Darum geht's nicht. Deshalb bin ich nicht hier."

„Warum dann?"
Er seufzte laut.

„Kya, ich weiß, dass das ein ziemlich rabiates Vorgehen war und es tut mir unendlich leid, aber ich will dich nicht verlieren. Ich hab Angst um dich."
Sie sagte nichts, wich nur seinen Blicken aus. Offenbar konnte sie noch nicht damit umgehen.

„Bitte, hör auf damit. Und wenn du es nur für mich oder Erin machst. Wir können dich auf eine andere Schule geben, du bekommst den besten Therapeuten in ganz Illinois, aber bitte....hör auf mit diesem Diätwahn. Ich hab dich lieb", flüsterte er heiser.

„Ich will dich nicht verlieren."
Unglücklich sah die 13 Jährige ihren Vater an, der nicht weniger besorgt auf sie herab sah.

„Findest du mich wirklich nicht zu dick?"
Jay schüttelte aufrichtig mit dem Kopf.

„Vielleicht hat Erin recht. Vielleicht habe ich mich total verrannt. Ich dachte, dass ich wenigstens das kontrollieren kann. Wenn die anderen mich schon nicht akzeptieren wie ich bin. Dass ich dann endlich dazu gehöre."

„Mäuseprinzessin, das ist kein Weg zur Kontrolle. Das was du da machst ist körperliche Folter. Nahrungsmittelentzug haben die Taliban in Afghanistan mit unseren Soldaten gemacht, um sie zu züchtigen. Du bist noch dazu im Wachstum. Du musst essen."
Sie nickte zögerlich mit dem Kopf.

„Ich versuche es zu ändern, okay?"

„Versprich es mir."
Jay hielt ihr die Hand entgegen, die sie schließlich zögerlich ergriff.

Sobald sie ihre Hand in seine gelegt hatte, zog er sie unerwartet in eine plötzliche Umarmung, drückte sie erleichtert an sich.

Kya war das unangenehm, aber als sie spürte, wie sehr ihr Vater zitterte lehnte sie ihren schwachen Kopf müde an seine Schulter. Genau wie früher, als sie noch klein gewesen war...

„Du bekommst die Hilfe, die du brauchst", wisperte Jay leise, bevor er sie abermals fest an sich drückte.

eternity (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt