Wisconsin

27 2 0
                                    


„Alles in Ordnung?"

Erin, die gerade die Küche des Aufenthaltsbereichs in der Wache betreten hatte schüttelte bedrückt mit dem Kopf.

„Nicht wirklich. Es ist wegen Kathryn. Irgendwie geht's ihr seit zwei, drei Wochen wieder schlechter", schüttete sich Lindsay Milch in ihren Kaffee und griff nach einem Löffel, um das Gemisch zu verrühren.

Jay sah sie vielsagend an, nickte mit dem Kopf.

„Das ist mir auch aufgefallen", murmelte er leise.

Natürlich waren ihm die Verhaltensänderungen an seiner Tochter nicht entgangen. Nachdem die Traumatherapie aufgrund des Schusswechsels in der Wache zunächst erfolgreich schien, war Kyas Zustand in letzter Zeit wieder besorgniserregender geworden. Seitdem sie vor einigen Monaten in der Polizeiwache als Geisel genommen worden war, schien nichts mehr wie früher zu sein.

Das zeigte sich besonders dadurch, dass sie viele Stunden in ihrem Zimmer verbrachte, sichtlich nachdenklich und in sich gekehrt erschien. Nicht selten hatte sie verweinte Augen, neigte schnell zu emotionalen Gefühlsausbrüchen.

Erin, die im Gegensatz zu Halstead noch tiefgründiger dachte, überraschte ihren Partner mit einem ungewöhnlichen Gedankengang.

„Wir sollten mit ihr wegfahren."

Halstead sah irritiert auf seine Frau und Kollegin.

„Wie meinst du das?"

Lindsay hatte sogleich eine Antwort parat.

„Am 4. Juli. Zu Independence day. Diese ganzen Feuerwerke und die Knallerei. Sie muss irgendwohin, wo das alles weit weg ist. Das triggert sie sonst erst recht."

Jay zog eine ironische Grimasse. War das ihr ernst?

„Mal ehrlich, Erin. Wie hast du dir das vorgestellt? Feuerwerke gibt's am 4. an jeder Straßenecke? Wo sollen wir denn mit ihr hinfahren?"

Die Frage war nicht unberechtigt, denn der 4. Juli war für viele Amerikaner das, was für die Europäer Silvester war. Der Feiertag erinnerte an die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten und das wurde gebührend zelebriert.

„Na, dahin wo wir schon immer mit ihr hin fahren, wenn wir Urlaub machen. Nach Wisconsin?"

Jay war eher weniger begeistert. Der Trip lag mehrere Autostunden entfernt und eigentlich hatte er sich den Feiertag mehr als anders vorgestellt.

Zumal die kleine Familie eigentlich längst andere Pläne geschmiedet hatte.

„Und was wird aus den Karten?", spielte er auf die Tickets an, die Erin der ganzen Familie zu Weihnachten geschenkt hatte. Die Chicago Bears spielten gegen die Lions. Das Footballteam war Jays Lieblingsmannschaft, auch wenn er schon jetzt ahnte, dass er zu Gunsten von Kya locker auf das Baseballspiel verzichten würde. Lindsay rollte mit den Augen.

Lindsay zuckte mit den Schultern.

„Die geben wir zurück. Oder du fährst mit ihr alleine und ich frage Kim oder Adam, ob sie mitkommen."

Jay legte die Stirn in Falten. Er war sich nicht sicher, ob das die optimale Lösung war, mit der alle ihren Frieden finden würden.

„Lass uns das nochmal speziell mit Kya besprechen. Es bringt nichts, wenn wir an dem was sie wirklich will vorbei entscheiden. Zumal auch die Frage ist, rennen wir damit nicht vor der Realität weg. Ist das therapeutisch überhaupt ein guter Ansatz?"

Erin seufzte.

„Jay, das was da passiert ist, war Horror für sie."

„Ja, aber wie lange wollen wir das jetzt so machen? Sie kann für die nächsten 60 Jahre nicht vor allem weglaufen. Das ist keine Konfrontationstherapie."

eternity (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt