„Vanessa Rojas. Deine Mutter hat Vanessa angeboten bei sich zu wohnen, als die keine Wohnung hatte."
„Das hat mir Dad nie erzählt."
Voight hob und senkte die Schultern.
„Wo finde ich die?"
„Wenn du möchtest, dann kann ich ein paar Fäden ziehen und die Adresse in Erfahrung bringen. Aber versprich mir bei deiner Suche bitte eins: Keine waghalsigen Aktionen. Ich möchte nicht das gleiche wie bei deiner Mutter in ähnlicher Form noch einmal erleben", sagte er traurig.
Kya sah ihn unsicher an.
„Aber es war nicht deine Schuld. Zumindest sagt Dad das immer."
„Ich war aber ihr Chef. Ich hätte darauf achten müssen, dass sie sich an meine Regeln hält. Sie stand wenige Wochen vor der Entbindung. Sie hätte eigentlich niemals dort sein dürfen. Und das ist das was ich mit Dickkopf meine. Sie wollte unbedingt noch diesen Fall lösen. "Nur noch diesen einen" hat sie zu mir gesagt. Ich sehe sie heute noch vor mir, wie sie mich anlächelt und sich dann umdreht und aus meinem Büro verschwindet. Das war das letzte Mal, das ich sie gesehen habe", sprach er leise. Kathryn folgte seinem Blick. In all den Jahren hatte sie Hank Voight noch nie so emotional gesehen.
„Wussten die, die sie erschossen haben, dass sie schwanger war?"
„Ich weiß es nicht, Kathryn. Aber ich denke schon, dass sie es gesehen haben."
Bedächtige Stille, die lange anhielt, ehe Kya den Moment mit einer überraschenden Frage durchbrach.
„Stimmt das, dass Mom und Dad schon nicht mehr zusammen waren, als mein Vater in Bolivien war? Ich hab da sowas mitbekommen, als mein Dad mit meinem Onkel darüber geredet hat."
Hank sah skeptisch aus, zeigte sich misstrauisch.
„Ich weiß nicht, was da vor dem Tod deiner Mutter zwischen deinen Eltern war und das geht mich auch nichts an. Ich kann dir nur sagen, dass dein Vater seinen Auslandseinsatz verlängert hatte, ohne dass es abgesprochen war. Und dass er nicht wusste, dass Hailey mit dir schwanger war."
„Das hat er mir auch gesagt und das fand ich irgendwie merkwürdig."
Hank sah sie unschlüssig an.
„Das sind Dinge, die du besser mit deinem Vater besprichen solltest", machte er ihr unmissverständlich klar, weshalb sie die Aufmerksamkeit wieder auf ihre Mom lenkte.
„Wie lange hast du meine Mom eigentlich gekannt? Wie viele Jahre?"
Voight dachte kurz nach.
„8 oder 9. Auf jeden Fall eine sehr lange Zeit."
Ihre Blicke trafen sich.
„Ich habe noch Bilder, da unten im Keller."
Kya grinste breit. Sie kannte das noch von Trudy von vor wenigen Tagen. Und genau wie da, sollte es der Einstieg in eine lange Unterhaltung werden...
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„Was ist das für ein Schlüssel?", fragte Adam von ganz allein, als Kya den Gegenstand im Wagen betrachtete. Über eine Woche später hatte er den Teenager um die Mittagszeit an einem Sonntag nach Hause gefahren, nachdem sich dieser mit Makalya getroffen hatte.
Der Wagen hatte vorm Haus gehalten und jetzt starrte Ruzek verdutzt auf sein Patenkind.
Kathryn sah gedankenverloren auf, hob und senkte die Schultern.
„Das wollte ich eigentlich dich fragen, weil ich nicht wirklich weiter komme. Aber du musst mir versprechen, dass du dicht hältst."
„Großes Ehrenwort", erhob Ruzek Zeige- und Mittelfinger zum Schwur, weshalb Kya langsam näheres zum Besten gab.
„Der Schlüssel war mal Moms. Ich hab ihn in der Garage in ihrer Kiste gefunden. Er war in dieser Schatulle. "Der Weg nach Eden" stand auf der Schachtel. Ja und jetzt rätsle ich seit fast 2 Wochen an welche Tür oder welches Schloss in Chicago er passen könnte. Und ich hab schon überall gefragt. Weder Tante Trudy, noch Onkel Hank, noch diese Vanessa Rojas, mit der Mom mal befreundet war konnte mir näheres sagen. Ich war sogar bei ihrem früheren Dienststellenleiter, aber die hatten alle keine Ahnung."
Adam sah die 14 Jährige skeptisch an.
„Und wie wärs mal damit, wenn du beim Ursprung der Sache anfangen würdest? Dein Vater weiß sicher, was es damit auf sich hat."
Aber Kya zeigte sich genauso zerknirscht wie am Anfang ihrer Suche.
„Das wäre Plan B, aber das würde ich nur ungern machen."
„Warum nicht?"
Sie druckste herum.
„Weil ich Dad nicht verletzen will. Er sieht manchmal so traurig aus, wenn ich über sie rede. Außerdem geht mich das vielleicht gar nichts an. Es war ja weit vor meiner Zeit."
Sie zog einen Schmollmund, ließ die Schultern hängen.
„Du weißt auch nicht, zu welchem Schloss der passen kann, oder?"
Adam verneinte entschlossen, nahm ihr kurz den Schlüssel aus der Hand.
„Der ist unter Garantie älter. Aber frag doch mal im Archiv der Stadt oder beim Einwohnemeldeamt nach? Oder im Fundbüro? Die müssten es oft mit solchen Fällen zu tun haben."
Kathryns Gesicht erhellte sich.
„Echt? Meinst du?"
„Klar. Ich würde den Spieß einfach mal umdrehen. Normal suchen die ja immer die Besitzer der Schlüssel. Jetzt suchst du eben das Schloss."
„Danke, Onkel Adam. Du bist super."
Sie umramte Ruzek stürmisch und der grinste, als sie impulsiv aus dem Wagen stieg und ihm noch einmal zuwinkte, als sie halb hinter der Veranda vom Hauseingang verschwunden war.
Nichts ahnend, dass es nicht mehr dazu kommen würde...
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„Kathryn, kommst du mal? Ich möchte mit dir einen kleinen Ausflug machen", bat Jay seine Tochter noch am gleichen Abend.
„Ich kann nicht. Ich muss was suchen", murmelte diese unglücklich und durchforstete schon zum gefühlt 100. Mal in dieser Stunde sämtliche Taschen.
Seitdem sie im Badezimmer gewesen war, schien der Schlüssel wie vom Erdboden verschwunden zu sein. Ganz plötzlich war er weg und kaum noch auffindbar.
„Was ist denn los? Hast du was verloren?", mischte sich nun Erin ein, als die 14 Jährige unglücklich nickte.
„Ja, und es war wirklich wichtig."
Erin und Jay tauschten sich vielsagende Blicke aus, was auch Kathryn nicht engangen war. Bedächtige Stille.
„Was schaut ihr euch so an? Habt ihr das gefunden, wonach ich überall suche?"
„Das verrate ich dir, wenn du mitkommst. Es ist nicht lange. Wir sind gegen Abend wieder da. Na, los komm."
Ertappt sah Kya auf ihren Vater, ließ sich aber auf seinen Vorschlag ein. In ihr zog sich der Magen zusammen. Wusste er mehr, als sie in diesem Moment ahnte?
Und warum tat er derart geheimnisvoll? Mit mulmigem Gefühl stieg sie neben ihm ein, ehe sich der Wagen in Bewegung setzte.
Sie sprachen kein Wort, während der Dienstwagen aus Chicago heraus fuhr und den Weg zur Interstate einschlug. Sie fuhren über eine Stunde, ehe sie ein Waldstück erreichten.
Der Wagen stoppte auf einem Parkplatz. Unsicher sah Kathryn ihren Vater an, als sie ausgestiegen war.
„Wo bringst du mich hin?"
Jay antwortete nicht. Stattdessen zog er den lang ersehnten Schlüssel hervor, der sich noch am Vormittag in Kyas Besitz befunden hatte.
Das Mädchen wurde leicht blass, sah seinen Vater erschrocken an.
„Tue mir einen Gefallen. Aber wenn du mal einen Mord planst, dann weihst du mich bitte vorher ein. Ansonsten bist du schneller im Knast, als du denken kannst, wenn du weiterhin überall alles herum liegen lässt."
„Woher weißt du...? Moment, du hast das alles gewusst? Mit dem Schlüssel im Karton....? Warte, du hast ihn im Badezimmer gefunden...?", schlussfolgerte sie leise. Jay schüttelte mit dem Kopf.
„Es war nicht im Bad. Er ist dir in der Küche aus der Hosentasche gefallen."
„Dir war die ganze Zeit über klar, dass ich nach dem Schloss für diesen Schlüssel suche? Warum hast du nichts gesagt?"
Jay lächelte sie geheimnisvoll an.
„Weil es im Leben manchmal Erfahrungen gibt, die man ganz allein sammeln muss. Natürlich war mir klar, was es damit auf sich hat. An dem Tag, als ich dich gebeten habe die Auflaufform aus der Garage zu holen, hast du den Karton offen gelassen und dabei vergessen die Vase wieder einzuräumen. Ich habe von deiner Mom mittlerweile nicht mehr viele Sachen aufgehoben, aber die, die ich noch habe, die hüte ich wie meinen Augapfel. Und als dann ihre Lieblingsdose weg war, da war mir bewusst, auf was du gestoßen bist. Und spätestens als du Ewigkeiten bei Platt warst, wurde mir einiges klar. Ich wusste trotzdem, dass ich dich gehen lassen muss. Auch wenn ich oft Angst hatte, dass du bei deiner Suche vom Weg abkommst oder falsche Schritte machst oder bei den falschen Leuten nachfragst und die Hälfte aller CIS abklapperst, die sie mal hatte."
„Was ist der Weg nach Eden? Was hat Mom damit gemeint?"
Aber Jay lächelte nur geheimnisvoll, machte dann eine einladende Kopfbewegung.
„Der Weg nach Eden ist unter dir. Du stehst drauf.."
„Was???"
Verblüfft sah sie ihn an. Dann legte er ihr den Arm um die Schulter, begann mit ihr ein paar Schritte zu laufen.
„Komm, wir gehen den Weg nach Eden gemeinsam und dann zeig ich dir, was es mit den besseren Zeiten auf sich hat."
Kathryn spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann. Sie war aufgeregt und fühlte sich gleichzeitig ein bisschen wie im falschen Film.
Unterdessen führte Jay seine Tochter durch den Wald.
Es war ein idyllischer Weg, der die zwei an einem See vorbei durch die Natur führte. Sie sahen sogar zwei Hirsche und zahlreiche andere Tiere, die man normalerweise selten zu Gesicht bekam.
Irgendwann kamen sie auf einer Lichtung zum stehen. Jay nahm Kya bei der Hand und zeigte ihr einen Weg abseits des Dickichts, bis sie nach einer gefühlten Meile wieder einen festen Weg erreichten und schließlich vor einem Ferienhaus zum stehen kamen.
„Ist jetzt nicht dein Ernst, oder?"
Halstead nickte.
„Tja, nicht nur meine Eltern hatten ein Ferienhaus. Das hier ist mal die Ferienresidenz deiner Mom gewesen. Oder besser gesagt von einer älteren Frau, die Hailey gerettet hat, als sie noch beim Morddezernat gearbeitet hat. Das war vor der Zeit bei der Intelligence. Die alte Dame war so angetan dass sie deine Mutter in ihrem Testament bedacht hat und ihr das Sommerhaus hier vermachen wollte. Sie hatte keine Nachkommen und daher war das ihr letzter Wunsch. Es war schon damals ziemlich heruntergekommen, aber als wir dann zusammen waren, haben wir gemeinsam angefangen das alles ein bisschen zu renovieren. Hier. Steck mal den Schlüssel ins Schloss", reichte ihr Jay den Türöffner, den sie betätigte. Es funktionierte.
Auch wenn sich Kathryn nie hätte träumen lassen, dass das des Rätsels Lösung war.
Verwundert sah sie sich im Flur um, lief dann durch die spartanischen Zimmer, ehe sie zurück zu ihrem Vater trat. Es war wirklich in die Jahre gekommen, aber die Grundsubstanz war nicht zu verachten.
„Wie lange warst du nicht mehr hier?"
„11 Jahre? Beim letzten Mal bist du noch ganz klein gewesen. Daran kannst du dich mit Sicherheit nicht erinnern. Nach dem Tod deiner Mutter bin ich äußerst ungern hier her gefahren. Das hier war immer unser gemeinsamer Ort. Unsere Oase im Chaos, um zusammen für ein paar Stunden der Realität zu entfliehen. Wir waren oft hier, wenn uns die Fälle und die Arbeit über den Kopf gestiegen sind. Aber ohne Hailey war das nicht mehr das Gleiche."
Die zwei sahen einander tief in die Augen.
„Aber jetzt bin ich ja da. Kann ich das Ferienhaus nicht haben?"
Jay sah sie verdutzt an.
„Wie?"
„Na, wenn du es nicht willst, dann kann ich es doch haben? Streng genommen ist es ja mein Erbe. Was hältst du davon, wenn wir hier wieder ein bisschen aufräumen? Die Außenfassade könnte einen neuen Anstrich gebrauchen."
„Ach, Kya."
„Komm schon, Dad. Mom hätte das auch gewollt. Es war ihr Weg nach Eden. Offenbar war sie ja gerne hier und hat es geliebt."
Jay schmunzelte traurig.
Dann nickte er zunehmend selbstsicherer mit dem Kopf und nahm Kathryns Hand, ehe er selbstsicher auf das Ferienhaus sah.
„Ich lasse mir was einfallen, ja?"
Kathryn lächelte ihn an, ehe er zurückgrinste und voller Überzeugung auf das Haus sah.
Auch wenn jeder von ihnen oft seinen eigenen Kopf hatte, aber in diesem Moment schienen sie beide das gleiche zu denken...
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eternity (Chicago PD fanfiction)
FanfictionJay ist im Auslandseinsatz in Bolivien als er von Haileys Tod erfährt. Nachdem Upton auf dem Weg zur Arbeit angeschossen wurde liegt sie im Koma, erleidet schließlich einen Herzstillstand. Nur durch Zufall überlebt das Baby, das sie im Bauch trägt...